"Seite an Seite mit waschechten Faschisten"
Die Bewegung "Pro Chemnitz" rief in der aufgeheizten Stimmung in der Stadt zuletzt mehrfach zu Demonstrationen auf. Man könne sie durchaus rechtsextrem nennen, sagt der Chemnitzer Politikwissenschaftler Eric Linhart. Und sie habe Einfluss auf die bürgerliche Mitte.
Nachdem am vergangenen Wochenende in Chemnitz ein 35-Jähriger getötet worden war, ist die Bewegung "Pro Chemnitz" weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt geworden. In den vergangenen Tagen rief sie mehrfach zu Demonstrationen auf. Außerdem war unter anderem auf ihren Internetseiten ein Dokument zu sehen, das den Haftbefehl im Fall des Tötungsdeliktes zeigen soll.
Was genau steckt eigentlich hinter dieser Bewegung? Bereits bei der Einordnung gibt es unterschiedliche Ansätze: Manche sprechen von rechtsextremer Gruppe, andere von rechter Gruppe, sie selbst nennen sich "Bürgerbewegung".
Pro Chemnitz gehöre zu den "Pro-Gruppen", die sich Mitte der 90er-Jahre gründeten, sagt Eric Linhart, Professor für Politikwissenschaften an der TU Chemnitz, im Deutschlandfunk Kultur. Es gebe sie nicht nur in Sachsen, sie seien auch besonders in Nordrhein-Westfalen vertreten, vor allem in Köln. Es handele sich nicht um eine Partei mit deutschlandweit übergeordneter Führung, sondern eher einzelne lokale Gruppen mit jeweils eigener Ideologie.
"Manche sind deutlich extremer als andere. Insgesamt kann man diese Gruppen schon als rechtsextrem bezeichnen."
Verrohung auch außerhalb sozialer Medien
Bei Wahlen in Chemnitz seien diese Gruppen zwar mäßig erfolgreich mit etwas über fünf Prozent und drei Sitzen im Stadtrat, so Linhart. Aber in der Stadt habe die bürgerliche Mitte auch "relativ wenige Berührungsängste zu Rechtsextremisten und Faschisten". Etwa auf Pegida-Demonstrationen sei zu beobachten, dass "Bürger, die beleidigt wären, wenn Sie diese als rechtsextrem bezeichnen würden, kein Problem damit haben, Seite an Seite mit waschechten Faschisten zu marschieren".
Dass es in Chemnitz nach dem Tod des 35-Jährigen zu großen rechten Aufmärschen sowie Ausschreitungen und Jagdszenen auf Migranten gekommen war, habe mit dem Klima in der Stadt zu tun, so Linhart. In anderen Städten wie beispielsweise Mainz oder Stuttgart hätte es vermutlich keine so starke Reaktion auf ein solches Tötungsdelikt gegeben.
Insgesamt gebe es "eine Verrohung des politischen Diskurses in sozialen Medien". An manchen Orten in Deutschland, etwa in Chemnitz, "hat sich diese Verrohung des politischen Diskurses auch schon außerhalb der sozialen Medien spürbar gemacht."
(abr)