Kriminologe: kein Einzelfall - aber auch kein Muster
Die Frankfurter Polizei wird vor einem Skandal erschüttert: Es soll dort ein rechtsextremes Netzwerk geben. Der Kriminologe Rafael Behr warnt davor, den Vorgang zu verharmlosen - sieht darin aber keinen Hinweis auf eine strukturelle Rechtslastigkeit der Polizei.
Die Ermittlungen gegen das mutmaßliche rechtsradikale Netzwerk bei der Frankfurter Polizei hat nun das hessische Landeskriminalamt an sich gezogen.
Vor einigen Tagen war bekanntgeworden, dass gegen vier Polizisten und eine Polizistin des 1. Frankfurter Polizeireviers wegen Volksverhetzung und der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole ermittelt wird. Die Beamten sollen sich gegenseitig fremdenfeindliche und rechtsextreme Bilder, Videos und Texte zugeschickt haben. Sie sind vom Dienst suspendiert worden.
Ein weiteres Detail, das deutlich schwerer wiegt, wird momentan noch nicht offiziell bestätigt. Nach einem Bericht der FAZ soll das Netzwerk auch der Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz einen Drohbrief geschickt haben. Die Anwältin hatte im NSU-Prozeß eine Opfer-Familie vertreten.
Der Kriminologe Rafael Behr warnte im Deutschlandfunk Kultur davor, die Vorgänge in Frankfurt als Einzelfall abzutun. Solche heimlichen Bünde gebe es in der Polizei immer wieder. Zugleich sei dies aber kein Hinweis auf eine strukturelle Rechtslastigkeit der Polizei, betonte er.
Ordnungsvorstellungen eher rechts als links
Die Polizei ziehe als Arbeitgeber Menschen an, die bestimmte Ordnungsvorstellungen hätten, sagte Behr. Diese Ordnungsvorstellungen gehen Behr zufolge "in rechten Mustern eher auf als in linken". Deswegen gebe es wenig linke Polizisten und tatsächlich vermehrt wertkonservative, die auf den starken Staat setzten und tendenziell dann auch anfällig für rechtes Gedankengut seien.
Es sei nicht das erste Mal, dass der Polizei der Vorwurf gemacht werde, dass es bei ihr vermehrt rechtes Gedankengut gebe, sagte Behr. In den 1990er Jahren habe die Polizei nach dem Aufkommen der "Republikaner" versucht, in den eigenen Reihen mit Pädagogik etwas gegen Fremdenfeinlichkeit zu tun - mit Transparenz, Seminaren und politischer Bildung. Das sei heute in den meisten Bundesländern aber wieder rückläufig.
Pädagogik "kein scharfes Schwert"
Solche Pädagogik sei "kein scharfes Schwert", sagte Behr, der Professor für Polizeiwissenschaften mit den Schwerpunkten Kriminologie und Soziologie am Fachhochschulbereich der Akademie der Polizei Hamburg ist. Aber sie sei "die einzige Form, wie der Großteil der Polizisten davor bewahrt werden kann, verführt zu werden". Denn letztlich gehe es um "Verführungs-Situationen", so Behr. Polizisten würden bei ihrer Arbeit an den "Schattenseiten der Gesellschaft" beständig mit Situationen konfrontiert, "die sie dann rigide, autoritär und frustriert werden lassen".
(ahe)