Konzert-Absage "ist ein fatales Signal"
An die Absage eines Konstantin-Wecker-Konzerts im Jahr 2006 erinnern die Ereignisse in Dessau den Rechtsextremismus-Experten David Begrich. Er hofft, dass es nun wie 2006 am Ende doch ein Konzert gibt: Nur so könne man die Situation jetzt retten.
Die Absage des Konzerts der Band Feine Sahne Fischfilet, das in der Reihe zdf@bauhaus stattfinden sollte, schlägt hohe Wellen, und weckt den Wunsch nach einer Einordnung. David Begrich ist Rechtsextremismus-Experte beim Magdeburger Verein Miteinander e.V. und erinnert sich bei der Konzertabsage in Dessau an ein Geschehen vor zwölfeinhalb Jahren in einer anderen Stadt in Sachsen-Anhalt.
Damals habe Konstantin Wecker an einem Gymnasium in Halberstadt vor Schülern spielen wollen: "Als das bekannt wurde, wandte sich damals der NPD-Kreisvorsitzende an den Landrat und verlangte eine Absage des Konzerts. Und der damalige Landrat des Landkreises Halberstadt hat dann tatsächlich auch das Konzert abgesagt. Mit der Begründung, dass, wenn man Konstantin Wecker auftreten ließe, man dann auch den rechtsextremen Liedermacher Frank Rennicke auftreten lassen müsse an der Schule."
Ersatzweise Organisation der Zivilgesellschaft
Das, so Begrich, habe für einen bundesweiten Skandal gesorgt, eine heftige Diskussion über die Kultur- und Kunstfreiheit und über die Frage, ob und wie die NPD Einfluss nehmen kann auf die Ausgestaltung von Konzertprogrammen an Schulen.
"Am Ende, nach dieser ganzen Debatte, fand dann ein großes Konstantin Wecker-Konzert auf dem Marktplatz in Halberstadt statt, das von der Zivilgesellschaft organisiert und dann auch politisch durchgesetzt worden war. Die jetzige Konfliktlage erinnert mich doch sehr stark an die damaligen Vorgänge."
Begrich hätte sich von der Bauhaus-Stiftung mehr Gelassenheit gewünscht im Umgang mit den Konfliktlagen. "Es gilt ja in der politischen Bildung und in der Kultur das Kontroversitätsprinzip", sagt Begrich. Man müsse nicht jeden Text und jeden Song von Feine Sahne Fischfilet teilen, das tue er auch nicht. Aber er glaube, man müsse gemäß dieses Prinzips eben bestimmte kontroverse Debatten auch aushalten.
Fatales Signal
Begrich sagt: "Ich hätte mir gewünscht, dass das Bauhaus den Auftritt der Band auch verteidigt – selbst wenn die Neonazis vor der Tür stehen. Wir leben ja in einem Land, in dem Kunst- und Kulturfreiheit gilt und diese Kunst- und Kulturfreiheit hätte dann sicher auch von der Polizei geschützt werden können, unter der Maßgabe, dass natürlich auch für Neonazis das Versammlungsrecht gilt."
Begrich sagt zu der Entscheidung, das Konzert abzusagen: "Da hätte ich mir etwas mehr Konfliktbereitschaft gewünscht. Aber jetzt ist es so, und es ist ein fatales Signal, dass das Bauhaus unter Verweis auf die Mobilisierung in der rechtsextremen Szene dieses Konzert abgesagt hat."
Denn, so Begrich: "Diese Signale der Absage werden ja in der rechtsextremen Szene sehr wohl verstanden. Man kann die Situation jetzt nur dadurch retten, indem ein anderer Veranstaltungsort, hoffentlich in Dessau, gefunden wird, wo dieses Konzert trotzdem stattfinden kann."
(mf)