Rechtshänder geben schneller auf
Glenn Gould, der 1982 verstorbene Pianist, war Linkshänder und nicht zu vergessen Jimmy Hendrix, die Gitarrenlegende aus Seattle. Musikinstrumente werden fast ausnahmslos für Rechtshänder gebaut. Doch wo bleiben die Linkshänder? Werden sie in der Ausbildung benachteiligt?
Das ist Adam Kostecki, Professor für Violine an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover, und gefeierter Solist. Der Musiker hält die Violine links, den Bogen führt er mit der rechten Hand, so wie alle rechtshändigen Streicher. Dabei zählt er sich zu den Linkshändern.
"Also ich kann sagen, dass ich das nur erreichen konnte – als Linkshänder – was ich erreicht habe, durch eine unfassbar starke, geistige Arbeit. Also ich kämpfe ja bis heute mit meiner Linkshänderei sehr stark. Ich habe sogar – was lustig klingt – in meinem Geigenkasten so einen Zettel, wo es nur eine einzige Gebrauchsanweisung gibt: Spiel rechts."
Sein ganzes Leben spielt Adam Kostecki wie ein Rechtshänder. Ohne es bereut zu haben. Seine Geige – ein Meisterwerk von Lorenzo Ventapane aus dem Jahre 1840 - könnte er sonst nicht spielen. Die ist nämlich, wie alle historischen Musikinstrumente für Rechtshänder gebaut.
Im Orchestergraben – dem Arbeitsplatz vieler Musikhochschulabsolventen - streichen alle in dieselbe Richtung. Sonst würden sich die Musiker gegenseitig die Augen ausstechen. Rechts hat Vorfahrt in der Musikerausbildung, sagt Prof. Reinhard Kopiez von der Musikhochschule Hannover.
"Bei uns an der Hochschule finden Sie meines Wissens keinen einzigen links streichenden Geiger. Also, sie spielen unabhängig von ihrer wahren Händigkeit alle in der Rechtshänderposition."
Aber: Wie viele Linkshänder gibt es denn nun eigentlich unter den rechts spielenden Musikern? Reinhard Kopiez wollte es einmal genau wissen. Das herauszufinden, war aber gar nicht so einfach, denn Profis am Klavier oder mit der Violine beherrschen in aller Regel beide Hände virtuos. Oft wissen sie nicht mal, ob sie Links- oder Rechtshänder sind.
Professor Reinhard Kopiez testete 47 Musiker. Pianisten mussten Klavierläufe absolvieren, einmal mit der rechten, dann mit der linken Hand. Streicher und Bläser drückten Morsetasten, so schnell sie konnten. Das alles wurde auf die Tausendstel Sekunde genau festgehalten und mit einem Computerprogramm ausgewertet, denn die schnellere Hand ist ein sicherer Indikator für die Händigkeit. Erstaunliches Ergebnis: Mit über 35 Prozent waren die Linkshänder unter den Streichern überproportional vertreten. Normalerweise gibt es nur zehn Prozent Linkshänder in der Bevölkerung.
"Das ist das Erstaunliche. Nämlich, obwohl sie scheinbar benachteiligt in ihrer nicht bevorzugten Spielposition spielen, spielen sie trotzdem auf internationalem Niveau und gewinnen Wettbewerbe und spielen an den ersten Pulten. Und das ist die Frage, an der wir eingestiegen sind und gefragt haben: Wie ist denn das möglich? Wie können wir das erklären, dass es offensichtlich keine wie häufig betonten Nachteile gibt, wenn man die armen Linkshänder nicht auf ihren bevorzugten Instrumenthaltungen spielen lässt, sondern sie werden gezwungen, in der Rechtshänderposition zu spielen."
Der Musikpsychologe erklärt sich die beruflichen Erfolge der Linkshänder so: Bei vielen Rechtshändern ist die andere, die linke Hand lange nicht so flink wie bei Linkshändern die rechte. Vielmehr tendieren die meisten Linkshänder eher zum "Bilateralen" – beide Hände sind in etwa gleich stark. Deshalb werfen Rechtshänder in der extrem harten Ausbildung einer Musikhochschule eher das Handtuch, während die Linkshänder eine Art "Selektionsvorteil" haben.
Wenn wir einen Schüler haben, der sehr früh anfängt und feststellt – er ist sehr starkt rechts lateralisiert – seine rechte Hand ist extrem dominant. Seine linke Hand ist sehr leistungsschwach, dann wird er nicht sehr viele Erfolgserlebnisse am Klavier haben.
Das gleiche Problem haben wir auf Streichinstrumenten, wo an beide Hände sehr hohe Anforderungen gestellt werden. Natürlich ist die Greifhand sehr anspruchsvoll, aber auch die Bogen führende Hand ist sehr anspruchsvoll. Also auch hier ist eine sehr große Disbanlance zwischen den beiden Händen auf Dauer nicht förderlich, um weit überdurchschnittlich in diesem Bereich zu sein.
Menschen, die bilateral mit leichter Dominanz der linken Hand organisiert sind, diese Menschen haben als Musiker offenbar die besten Perspektiven, so das Urteil des Wissenschaftlers. Empfehlung deshalb an die Eltern: Vorsicht beim übereilten Wechsel auf eigens gebaute Spezial-Instrumente. Linkshänder haben das in der Regel gar nicht nötig. Und eine "Stradivari" oder ein "Steinway" lässt sich nun mal nur traditionell spielen, nämlich rechts.
Die Eltern üben sehr viel Verhaltensdruck aus. Und sie meinen, in diesem Fall etwas Gutes tun zu können, aber häufig ist schon die diagnostische Grundlage wackelig. Und an der Stelle kann man eigentlich nur pädagogisch verantwortliches Handeln anmahnen, keine vorschnellen Entscheidungen zu treffen.
"Also ich kann sagen, dass ich das nur erreichen konnte – als Linkshänder – was ich erreicht habe, durch eine unfassbar starke, geistige Arbeit. Also ich kämpfe ja bis heute mit meiner Linkshänderei sehr stark. Ich habe sogar – was lustig klingt – in meinem Geigenkasten so einen Zettel, wo es nur eine einzige Gebrauchsanweisung gibt: Spiel rechts."
Sein ganzes Leben spielt Adam Kostecki wie ein Rechtshänder. Ohne es bereut zu haben. Seine Geige – ein Meisterwerk von Lorenzo Ventapane aus dem Jahre 1840 - könnte er sonst nicht spielen. Die ist nämlich, wie alle historischen Musikinstrumente für Rechtshänder gebaut.
Im Orchestergraben – dem Arbeitsplatz vieler Musikhochschulabsolventen - streichen alle in dieselbe Richtung. Sonst würden sich die Musiker gegenseitig die Augen ausstechen. Rechts hat Vorfahrt in der Musikerausbildung, sagt Prof. Reinhard Kopiez von der Musikhochschule Hannover.
"Bei uns an der Hochschule finden Sie meines Wissens keinen einzigen links streichenden Geiger. Also, sie spielen unabhängig von ihrer wahren Händigkeit alle in der Rechtshänderposition."
Aber: Wie viele Linkshänder gibt es denn nun eigentlich unter den rechts spielenden Musikern? Reinhard Kopiez wollte es einmal genau wissen. Das herauszufinden, war aber gar nicht so einfach, denn Profis am Klavier oder mit der Violine beherrschen in aller Regel beide Hände virtuos. Oft wissen sie nicht mal, ob sie Links- oder Rechtshänder sind.
Professor Reinhard Kopiez testete 47 Musiker. Pianisten mussten Klavierläufe absolvieren, einmal mit der rechten, dann mit der linken Hand. Streicher und Bläser drückten Morsetasten, so schnell sie konnten. Das alles wurde auf die Tausendstel Sekunde genau festgehalten und mit einem Computerprogramm ausgewertet, denn die schnellere Hand ist ein sicherer Indikator für die Händigkeit. Erstaunliches Ergebnis: Mit über 35 Prozent waren die Linkshänder unter den Streichern überproportional vertreten. Normalerweise gibt es nur zehn Prozent Linkshänder in der Bevölkerung.
"Das ist das Erstaunliche. Nämlich, obwohl sie scheinbar benachteiligt in ihrer nicht bevorzugten Spielposition spielen, spielen sie trotzdem auf internationalem Niveau und gewinnen Wettbewerbe und spielen an den ersten Pulten. Und das ist die Frage, an der wir eingestiegen sind und gefragt haben: Wie ist denn das möglich? Wie können wir das erklären, dass es offensichtlich keine wie häufig betonten Nachteile gibt, wenn man die armen Linkshänder nicht auf ihren bevorzugten Instrumenthaltungen spielen lässt, sondern sie werden gezwungen, in der Rechtshänderposition zu spielen."
Der Musikpsychologe erklärt sich die beruflichen Erfolge der Linkshänder so: Bei vielen Rechtshändern ist die andere, die linke Hand lange nicht so flink wie bei Linkshändern die rechte. Vielmehr tendieren die meisten Linkshänder eher zum "Bilateralen" – beide Hände sind in etwa gleich stark. Deshalb werfen Rechtshänder in der extrem harten Ausbildung einer Musikhochschule eher das Handtuch, während die Linkshänder eine Art "Selektionsvorteil" haben.
Wenn wir einen Schüler haben, der sehr früh anfängt und feststellt – er ist sehr starkt rechts lateralisiert – seine rechte Hand ist extrem dominant. Seine linke Hand ist sehr leistungsschwach, dann wird er nicht sehr viele Erfolgserlebnisse am Klavier haben.
Das gleiche Problem haben wir auf Streichinstrumenten, wo an beide Hände sehr hohe Anforderungen gestellt werden. Natürlich ist die Greifhand sehr anspruchsvoll, aber auch die Bogen führende Hand ist sehr anspruchsvoll. Also auch hier ist eine sehr große Disbanlance zwischen den beiden Händen auf Dauer nicht förderlich, um weit überdurchschnittlich in diesem Bereich zu sein.
Menschen, die bilateral mit leichter Dominanz der linken Hand organisiert sind, diese Menschen haben als Musiker offenbar die besten Perspektiven, so das Urteil des Wissenschaftlers. Empfehlung deshalb an die Eltern: Vorsicht beim übereilten Wechsel auf eigens gebaute Spezial-Instrumente. Linkshänder haben das in der Regel gar nicht nötig. Und eine "Stradivari" oder ein "Steinway" lässt sich nun mal nur traditionell spielen, nämlich rechts.
Die Eltern üben sehr viel Verhaltensdruck aus. Und sie meinen, in diesem Fall etwas Gutes tun zu können, aber häufig ist schon die diagnostische Grundlage wackelig. Und an der Stelle kann man eigentlich nur pädagogisch verantwortliches Handeln anmahnen, keine vorschnellen Entscheidungen zu treffen.