Rechtsmediziner und Autor Michael Tsokos

"Ich lerne viel über das Leben, nicht nur über den Tod"

Der Rechtsmediziner Michael Tsokos im Funkhaus von Deutschlandradio Kultur
Der Rechtsmediziner Michael Tsokos im Funkhaus von Deutschlandradio Kultur © Deutschlandradio / Matthias Horn
Moderation: Jörg Magenau |
Der Gerichtsmediziner Michael Tsokos ist in seinem Fachgebiet weltweit gefragt - und findet dennoch Zeit, Bücher zu schreiben. Jetzt hat der Leiter der Charité-Rechtsmedizin wieder einen Thriller vorgelegt: In "Zerschunden" beschreibt er einen wahren Fall.
Angeblich soll Michael Tsokos im Laufe seiner Karriere als Rechtsmediziner schon 200.000 Tote gesehen haben - auf dem Obduktionstisch oder im Krematorium. Fest steht: Der Leiter des Instituts für Rechtsmedizin an der Berliner Charité ist ein Promi seiner Zunft, der weltweit für Obduktionen angefragt wird, etwa nach dem Tsunami in Thailand.
Wie geht man damit um, wenn Leichen - zum Teil auf grausame Weise getötet und zugerichtet - zum Arbeitsalltag gehören? Kann man nach Feierabend einfach einen Schalter umlegen? "Ja, ich kann das. Ich kann tatsächlich abends die Institutstür schließen und diese ganzen Eindrücke und Geschichten, die ja wahr sind, hinter mir lassen, zu meiner Familie nach Hause gehen und Privatmensch sein." Auch habe die Arbeit sein Menschenbild nicht geändert und ihn keineswegs zum Misanthropen werden lassen.
Vielbeschäftigter Rechtsmediziner und Autor
Neben seinen vielen Ämtern und Funktionen findet der Vater von fünf Kindern auch noch Zeit, Bücher zu schreiben. Für Aufsehen sorgte das Sachbuch "Deutschland misshandelt seine Kinder", das er 2014 gemeinsam mit einer Kollegin schrieb. Jetzt hat er erneut, gemeinsam mit Co-Autor Andreas Gössling, einen sogenannten "True Crime"-Thriller geschrieben: Es ist die Geschichte eines Serienmörders, der europaweit in der Nähe von Flughäfen Frauen tötet. Diesen "Miles & More"-Mörder, der Zwischenstopps nutzte, um zu morden, hat es wirklich gegeben.
Arbeitsteilung beim Schreiben
Wie sieht die Zusammenarbeit mit Gössling aus, gibt es eine klare Rollenteilung: Der eine liefert das fachliche Wissen, der andere sein Können als Schriftsteller?
"Wir schreiben beide. Das Ganz geht hin und her, wir treffen uns natürlich auch viel und plotten. Die rechtsmedizinischen Fälle kommen alle von mir, und Andreas Gössling ist eben Profi für Spannung, für Einschübe von Kapiteln - und diese Zusammenarbeit war schon bei meinen Sachbüchern und bei einem Debattenbuch sehr erfolgreich."
Sein Arbeitsalltag fließt also zu großen Teilen in den Roman ein. Doch was ihn an seiner Arbeit reize, seien natürlich nicht nur die Möglichkeiten, sie kreativ zu verarbeiten: "Ich lerne viel über das Leben, gar nicht mal nur über den Tod".
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