Zensur-Vorwürfe als Ablenkungsmannöver
Ist Verfassungsschutz-Chef Maaßen der Mund gestopft worden? "Ach Quatsch", sagt die Zensur-Expertin Nikola Roßbach. In Deutschland gebe es "Meinungsfreiheit mit offenen Grenzen". Dass die Holocaust-Leugnung bestraft wird, sei dennoch richtig.
Manche wollen in der Diskussion um Verfassungsschutz-Chef Maaßen eine Einschränkung seiner Meinungsfreiheit erkannt haben. Man darf in Deutschland nicht alles sagen, heißt es nun wieder. Und überhaupt: Die Merkel-Regierung übt Zensur aus.
Die Vorwürfe kommen in diesem Fall aus dem rechtspopulistischen Lager, schließlich ging es in der Causa Maaßen um Chemnitz und seine fragwürdigen Einlassungen zu den fremdenfeindlichen Vorfällen. Ist Maaßen nun zensiert worden?
Keine allgemeingültige Definition
"Ach Quatsch – mehr kann ich dazu nicht sagen", sagt die Literaturwissenschaftlerin Nikola Roßbach.
Im Deutschlandfunk Kultur erläuterte Roßbach die rechtspopulistische Strategie, die sich mit dem Begriff Zensur verbindet. Es gehe einfach um ein Ablenkungsmanöver, sagte sie. Zensur sei das Lieblingswort der Rechten geworden: Wer den Vorwurf der Zensur erhebe, könne so einer inhaltlichen Auseinandersetzung aus dem Weg gehen.
Roßbach hat ein Buch über Zensur geschrieben. Für den Begriff gebe es keine allgemeingültige, anerkannte Definition: "Es gibt keine richtige Verwendung."
Die Bandbreite reicht von einem "juristisch engen, verfassungsrechtlichen Gebrauch des Begriffes" bis hin zu sozialwissenschaftlichen Deutungsansätzen, die "jegliche Art gesellschaftlicher Kommunikationskontrolle" als Zensur betrachten. In dem Sinne werden dann auch schon Dresscodes und Tischmanieren unter Zensur subsumiert.
Aber was ist mit der Leugnung des Holocaust? Darf man in Deutschland nicht. Ist das Zensur?
Schranken der Meinungsfreiheit gibt es immer
Nein, sagt Roßbach. Denn in jedem Staat gebe es auch immer Schranken der Meinungsfreiheit, weil Rechte abgewogen werden müssen – so beispielsweise die Meinungsfreiheit gegenüber dem Jugendschutz oder der Ehre des Einzelnen.
Die Holocaust-Leugnung sei ein "diskutabler Spezialfall", sagte Roßbach. Mit dem Verbot habe man sich politisch dafür entschieden, die Würde und das Persönlichkeitsrecht der Ermordeten zu schützen, betonte sie.
Auch die Gotteslästerung, für die man in Deutschland immer noch bestraft werden kann, fasst Roßbach nicht unter Zensur. Auf die Gesetze habe sich die Gesellschaft geeinigt, sagte sie – so auch auf das Strafgesetzbuch. Das heiße natürlich aber nicht, dass die Gesetze in Stein gemeißelt seien und nicht in Frage gestellt werden könnten. (ahe)