Die neue Internationale der Nationalisten
Warum üben ausgerechnet Tschechiens Nationalisten um Ex-Präsident Václav Klaus den Schulterschluss mit deutschen Populisten? Diese Zweckfreundschaft sei symptomatisch für eine neue europaweite Vernetzung, meint der Publizist Richard Szklorz.
Als Václav Klaus seinen 75. Geburtstag feierte, erreichten ihn, so wird berichtet, Grüße von einigen Größen des europäischen Rechtspopulismus. Darunter Marine Le Pen aus Paris und Norbert Hofer aus Wien. Es waren mehr als nur Glückwünsche an den ehemaligen Staatspräsidenten. Es waren Willkommensgrüße an ein neues Mitglied im Club, einem auf seine Art sehr europäischen Club.
Es ist eine eigenwillige Form der Annäherung, geboren in Sorge und Abwehr. Europas Nationalisten vernetzen sich. Eine Freundschaft aus gemeinsamer Abneigung. Wie kurios dieses Zweckbündnis ist, macht das Beispiel Tschechiens deutlich.
Zweckfreundschaft aus Angst
Dem Schulterschluss Václav Klaus‘ mit anderen Nationalisten waren Monate der Massenflucht aus dem arabischen Raum vorausgegangen. Und gerade in Tschechien Monate der Schockstarre, mit der dieser Vorgang als eine Art unabwendbare Naturkatastrophe wahrgenommen wurde. Das ungläubige Staunen über die deutsche Willkommensbereitschaft wurde von Bewunderung für die große humane Geste begleitet, zugleich aber von der Besorgnis, hier könnte es sich um einen neuen Fall von deutschem Größenwahn handeln.
Seitdem die Kölner Silvesternacht und die jüngsten Gewalttaten die schlimmsten Befürchtungen zu bestätigen scheinen, wächst eine neue, ungewohnte Identifizierung vieler Tschechen mit den deutschen Nachbarn. Diese Zuneigung speist sich aus der Furcht, so etwas könnte bald auch im eigenen Land passieren, sollte es mit den EU-Zuteilungen von Flüchtlingen ernst werden.
Einigkeit nur gegen Muslime
Diese Angst scheint eine andere, alte und tief sitzende Angst zu überlagern: die vor den Deutschen. Denn unter dem Einfluss nationalistisch geprägter Erziehung war für Generationen von Tschechen bislang der deutsche Nachbar ein Sinnbild der Bedrohung.
Ähnliches ist auch anderswo zu beobachten. Plötzlich sind sogar hundert Jahre alte, unbeglichene Rechnungen zwischen slowakischen und ungarischen Nationalisten wie von Zauberhand weggewischt. Zumindest solange es darum geht, sich gegen die Aufnahme von kriegsgebeutelten Muslimen zu verwahren.
Gerade so, als stünden die Türken schon wieder vor Wien und kein von den Toten auferstandener polnischer König wäre in Sicht, der die Christenheit rettet, trommeln selbsternannte Verteidiger des Abendlandes gegen einen muslimischen Ansturm.
Europas Nationalisten vernetzen sich
Zu den Trommlern und Stimmungsmachern der tschechischen öffentlichen Meinung hat sich Expräsident Václav Klaus gesellt. Wer sich im Frühjahr seinen geradezu agitatorischen Auftritt beim Bundesparteitag der AfD in Stuttgart ansah, samt Standing Ovations der begeisterten Zuhörer, der könnte auf den Gedanken kommen, hier suche jemand für sich eine neue Aufgabe, die aus dem geographischen Format des einstigen Königreichs Böhmen hinauswächst. Bedenkt man, dass Klaus in den Jahren seiner Amtszeit und auch danach kaum eine Gelegenheit ausließ, die antideutsche Karte zu ziehen, stellt die frisch geschmiedete Völkerfreundschaft zwischen ihm und Frauke Petry & Co. eine bemerkenswerte Wandlung dar.
Und das ist beispielhaft: Europas Nationalisten vernetzen sich. Sie stehen damit in einer durchaus europäischen Tradition. Aus ihr entsprang nichts Gutes, nur Kriege, in denen die Jugend Europas abgeschlachtet wurde.
Nachdem der Kontinent in Schutt und Asche gelegt worden war, schien die Hydra des Nationalismus unwiederbringlich tot. Václav Klaus und seine Geburtstagsgratulanten zeigen uns aber, dass diese Annahme ein Irrtum war. Sie sind die neue Internationale der Nationalisten.
Es ist eine eigenwillige Form der Annäherung, geboren in Sorge und Abwehr. Europas Nationalisten vernetzen sich. Eine Freundschaft aus gemeinsamer Abneigung. Wie kurios dieses Zweckbündnis ist, macht das Beispiel Tschechiens deutlich.
Zweckfreundschaft aus Angst
Dem Schulterschluss Václav Klaus‘ mit anderen Nationalisten waren Monate der Massenflucht aus dem arabischen Raum vorausgegangen. Und gerade in Tschechien Monate der Schockstarre, mit der dieser Vorgang als eine Art unabwendbare Naturkatastrophe wahrgenommen wurde. Das ungläubige Staunen über die deutsche Willkommensbereitschaft wurde von Bewunderung für die große humane Geste begleitet, zugleich aber von der Besorgnis, hier könnte es sich um einen neuen Fall von deutschem Größenwahn handeln.
Seitdem die Kölner Silvesternacht und die jüngsten Gewalttaten die schlimmsten Befürchtungen zu bestätigen scheinen, wächst eine neue, ungewohnte Identifizierung vieler Tschechen mit den deutschen Nachbarn. Diese Zuneigung speist sich aus der Furcht, so etwas könnte bald auch im eigenen Land passieren, sollte es mit den EU-Zuteilungen von Flüchtlingen ernst werden.
Einigkeit nur gegen Muslime
Diese Angst scheint eine andere, alte und tief sitzende Angst zu überlagern: die vor den Deutschen. Denn unter dem Einfluss nationalistisch geprägter Erziehung war für Generationen von Tschechen bislang der deutsche Nachbar ein Sinnbild der Bedrohung.
Ähnliches ist auch anderswo zu beobachten. Plötzlich sind sogar hundert Jahre alte, unbeglichene Rechnungen zwischen slowakischen und ungarischen Nationalisten wie von Zauberhand weggewischt. Zumindest solange es darum geht, sich gegen die Aufnahme von kriegsgebeutelten Muslimen zu verwahren.
Gerade so, als stünden die Türken schon wieder vor Wien und kein von den Toten auferstandener polnischer König wäre in Sicht, der die Christenheit rettet, trommeln selbsternannte Verteidiger des Abendlandes gegen einen muslimischen Ansturm.
Europas Nationalisten vernetzen sich
Zu den Trommlern und Stimmungsmachern der tschechischen öffentlichen Meinung hat sich Expräsident Václav Klaus gesellt. Wer sich im Frühjahr seinen geradezu agitatorischen Auftritt beim Bundesparteitag der AfD in Stuttgart ansah, samt Standing Ovations der begeisterten Zuhörer, der könnte auf den Gedanken kommen, hier suche jemand für sich eine neue Aufgabe, die aus dem geographischen Format des einstigen Königreichs Böhmen hinauswächst. Bedenkt man, dass Klaus in den Jahren seiner Amtszeit und auch danach kaum eine Gelegenheit ausließ, die antideutsche Karte zu ziehen, stellt die frisch geschmiedete Völkerfreundschaft zwischen ihm und Frauke Petry & Co. eine bemerkenswerte Wandlung dar.
Und das ist beispielhaft: Europas Nationalisten vernetzen sich. Sie stehen damit in einer durchaus europäischen Tradition. Aus ihr entsprang nichts Gutes, nur Kriege, in denen die Jugend Europas abgeschlachtet wurde.
Nachdem der Kontinent in Schutt und Asche gelegt worden war, schien die Hydra des Nationalismus unwiederbringlich tot. Václav Klaus und seine Geburtstagsgratulanten zeigen uns aber, dass diese Annahme ein Irrtum war. Sie sind die neue Internationale der Nationalisten.
Richard Szklorz, geboren und aufgewachsen in der Nachkriegs-Tschechoslowakei, studierte an der Universität Tübingen und an der Freien Universität in Berlin, wo er auch heute wohnt. Lange lebte er in London, Jerusalem und New York, wovon die New Yorker Zeit beinahe seine zweite Auswanderung wurde. Nach der Wende bereiste Szklorz als Redakteur der Wochenzeitung "Freitag" zum ersten Mal wieder sein Geburtsland und andere ostmitteleuropäische Staaten. Seit Mitte der 1990er Jahre arbeitet Szklorz als freier Journalist für Zeitungen und Rundfunkanstalten. Er ist Autor zahlreicher Glossen über den deutschen Alltag sowie von Kommentaren, Rezensionen und Berichten aus der jüdischen und jüdisch-deutschen Welt.