Fußball-Reenactment
Ein Reenactment des Spiels gab es auch schon im Münchner Olympiastadion (hier mit Massimo Furlan als Sepp Maier). © dpa / picture alliance / Martin Hangen
Ein historisches Spiel als Theater
05:15 Minuten
Im Rahmen eines Reenactments haben der Künstler Massimo Furlan und Ex-Bundesligaspielerin Tanja Walther-Arens das Spiel BRD gegen die DDR von der WM 1974 in Berlin nachgespielt. Zum ersten Mal wurde es nicht in einem Stadion nachgestellt.
Tanja Walther-Arens rennt auf der Niederkirchener Straße vor dem Berliner Martin-Gropius-Bau. Im DDR-Trikot mit weißer Hose spielt sie den früheren Magdeburger Fußballer Jürgen Sparwasser nach.
Sparwasser erzielte das entscheidende Tor
„Natürlich stelle ich ihn auch nur so dar, wie ich das kann. Ich kann natürlich nicht das 1:1 nachmachen, wie er sich bewegt hat. Dafür bin ich gar nicht Schauspielerin genug. Das ist aber die künstlerische Freiheit, die ich an dem Punkt auch habe, ihn in meiner Art und Weise zu spielen. Aber eben schon auch zu versuchen, das, was er auf dem Platz gemacht hat, auch so zu machen.“
Sparwasser erzielt im WM-Spiel 1974 das 1:0-Siegtor gegen die Bundesrepublik Deutschland. Die einzige Länderspiel-Begegnung der beiden deutschen Staaten.
Tanja Walther-Arens, die ehemalige Bundesliga-Fußballerin von Turbine Potsdam hat sich auf das Eins-gegen-eins-Duell mit Massimo Furlan akribisch vorbereitet.
Massimo Furlan spielt Sepp Maier
Der Schweizer Performance-Künstler ahmt den damaligen DFB-Torhüter Sepp Maier nach.
Es ist nicht so sehr die Arbeit eines Schauspielers, eher ein verzweifelter Versuch, dem richtigen Tempo, den Bewegungen und Gesten so nahe wie möglich zu kommen. Ich weiß also ganz genau, wer Maier war, auch wenn ich in meiner Erinnerung diese mythische Figur hatte, die ich eines Tages auf dem Spielfeld sein wollte.
So wie Maier vor 50 Jahren, trägt Furlan am vergangenen Montag und Sonntag einen grünen Sweater und eine schwarze Hose. Dort, wo zu DDR-Zeiten die Mauer Ost- und Westberlin trennte, ist ein Fußball-Stadion nachempfunden mit Tribüne und zwei Toren.
„Ich habe nie wie Tania in einer offiziellen Mannschaft Fußball gespielt, also habe ich als Kind allein in meinem Zimmer mit einem kleinen Gummiball Karriere gemacht.“
„Ich habe nie wie Tania in einer offiziellen Mannschaft Fußball gespielt, also habe ich als Kind allein in meinem Zimmer mit einem kleinen Gummiball Karriere gemacht.“
In seiner Fantasie hat Furlan dabei große Titel gewonnen und große Erfolge errungen:
„Ich habe hunderte Male die italienische Meisterschaft gewonnen, hunderte Male die Weltmeisterschaft, allein mit der Vorstellung, ein großer Spieler zu werden.“
„Ich habe hunderte Male die italienische Meisterschaft gewonnen, hunderte Male die Weltmeisterschaft, allein mit der Vorstellung, ein großer Spieler zu werden.“
Tanja Walther-Arens als Jürgen Sparwasser
Seitenwechsel: Wie einst Jürgen Sparwasser nimmt Tanja Walther-Arens den Ball mit dem Kopf an, legt ihn sich vor und vollendet.
Als die Berliner Festspiele bei ihr anfragen, ob sie bei dem Reenactment mitmachen möchte, hält die Sportwissenschaftlerin das Ganze zunächst für einen Scherz.
„Wo ich am Anfang erst mal dachte, das ist eine Fake-E-Mail. Ich habe mir immer überlegt, wie das gehen soll. Da die Signatur auch Berliner Festspiele war, vielleicht es doch nicht Fake. Und habe mal so vorsichtig zurückgeschrieben, also interessant, wie soll das gehen? Dann gab es den ersten Kontakt. Und dann wurde mir das erklärt, und dann habe ich gleich gedacht, ach, das ist total spannend."
Massimo Furlan hat bereits einige große Fußball-Spiele als Reenactment inszeniert – zum Beispiel Numero 10, bei dem er in einem Ein-Mann-Stück den französischen Spielmacher Michel Platini im WM-Halbfinale 1982 gegen die Bundesrepublik nachahmt.
„Nach dem ich sagte, dass ich Platini im Halbfinale Frankreich-Deutschland spielen werde, brauchte ich natürlich drei Monate Training, um mich vorzubereiten.“
Tanja Walther-Arens dagegen spielt zum ersten Mal eine Rolle in solch einer Performance. Fußball und Kultur und gehören für sie eng zusammen.
"Es gibt zwar viele, die immer meinen, es wäre so ein Spiel, wo es tatsächlich nur ums Spiel geht. Aber es geht auch viel um Politik, wie geht es gerade der ganzen Nation. Das ist auch immer so ein Ausdruck, der sich da im Fußball wiederfindet."
Furlan würde gerne Trappatoni spielen
Zum Abschluss unseres Gespräches frage ich Massimo Furlan, ob er schon ein neues Fußball-Reenactment plant. Ein konkretes Spiel, das er auch mal nachstellen möchte, hat er momentan nicht im Kopf. Er würde aber gerne mal in die Rolle eines Trainers schlüpfen.
„Ein Trainer, den ich immer sehr mochte, war Trapattoni, der sehr theatralisch war, und ich würde gerne eine Aufführung machen, in der ich den Trainer und meinen Sohn, der jetzt fast 18 ist, spiele.“