Goethe-Institut
Sparen beim Goethe-Institut: Auch die Zentrale in München könnte langfristig betroffen sein und geschlossen werden. Neun Institute weltweit schließt das Goethe-Institut vorerst. © picture alliance / SZ Photo / Stephan Rumpf
Reformen unter dem Spardiktat
Das Goethe-Institut schließt neun Institute, vor allem in Italien und Frankreich sowie das in Washington. Man wolle Fixkosten senken und das Geld stärker in die Programmarbeit stecken, heißt es. Gelingt eine Reform unter Sparzwang?
Ein Jahresbudget von 239 Millionen Euro hatte das Goethe-Institut zuletzt, das nicht nur für Sprachkurse, sondern auch für die Vermittlung der deutschen Kultur im Ausland zuständig ist. Nun sollen zehn Prozent der Kosten eingespart werden, also rund 24 Millionen Euro. Vor allem bei Personal und Liegenschaften setzen die Kürzungen an. Unterstützung für diese Pläne erhält Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) - das Auswärtige Amt ist für die Goethe-Institute zuständig - von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne).
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Die neuen Pläne des Goethe-Instituts
Schon 2022 gab es Streit ums Geld: Da sollten dem Goethe-Institut 15 Millionen Euro gestrichen werden. Das konnte im vergangenen Jahr gerade noch verhindert werden. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat die Gelder dann doch freigegeben, aber unter der Bedingung, dass Reformen eingeleitet werden.
Eine Reform war also unabwendbar. Auch wenn der Generalsekretär des Goethe-Instituts, Johannes Ebert, auf die große Bedeutung der Institute gerade in Hinblick auf den Fachkräftemangel in Deutschland verweist. „Deswegen müssen wir eigentlich unsere Aktivitäten verstärken, die Fachkräfte auf Deutschland vorzubereiten, mit deutscher Sprache, aber auch mit der Sensibilisierung für unsere Gesellschaft und Kultur.“
Betroffen von der Reform sind rund 130 Mitarbeitende, deren Verträge zum Beispiel nicht verlängert werden. Aber vor allem werden Institute aufgegeben. Von den bisher weltweit 158 Instituten sollen die Standorte in Bordeaux, Lille, Curitiba (Brasilien), Genua, Osaka, Rotterdam, Triest, Turin und Washington geschlossen werden. Hinzu kommt das Verbindungsbüro in Straßburg. Damit sind vor allem westliche Standorte betroffen. Gerade die Institute in Italien und Frankreich trifft es hart.
Mehr Engagement in Osteuropa
Verbunden mit den Reformen sind auch neue Schwerpunkte. So soll neben Warschau und Krakau eine weitere Präsenz in Polen entstehen. Neue Goethe-Institute soll es auch in der Republik Moldau, im Südpazifik, in Texas sowie dem Mittleren Westen der USA geben.
Es sei ein Versuch, offener und flexibler zu werden. Statt das Geld in teure Mieten wie die Liegenschaft in Washington zu stecken, soll es mehr ins Programm fließen.
Umzug nach Berlin möglich
Veränderungen stehen auch in Deutschland an. Es sei "eine Anpassung der Struktur in der Zentrale des Goethe-Instituts in München vorgesehen", heißt es. Auch hier werde es zu einem Stellenabbau kommen. Möglich ist dabei auch ein Wegzug vom gerade erst vor wenigen Jahren eingerichteten Münchner Standort, ebenso wie die Zusammenlegung mit dem Hauptstadtbüro in Berlin. Das genaue Konzept soll im kommenden Jahr veröffentlicht werden.
Claudia Roth zur Reform des Goethe-Instituts
Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat das Auswärtige Amt, das für die Goethe-Institute zuständig ist, mit Blick auf die geplanten Sparmaßnahmen in Schutz genommen. Die Grünen-Politikerin sagt, sie sei sich sicher, dass ihre Parteikollegin, die Außenministerin Annalena Baerbock, „überhaupt nicht glücklich“ darüber sei, dass es zu Einsparungen beim Goethe-Institut komme.
Dem Auswärtigen Amt sei Kulturpolitik ein „großes Anliegen“. Aber die Ressorts müssten finanziell auch so ausgestattet sein, dass sie die Aufgaben erfüllen könnten.
CDU uneins über Reformpläne
Im Deutschen Bundestag regt sich unterdessen Widerstand gegen die Reformpläne. Drei Unionsabgeordnete, darunter Armin Laschet, wollen die Maßnahmen nicht hinnehmen. Sie fordern in einer gemeinsamen Erklärung den Bundeskanzler persönlich auf, die Schließungen zu verhindern.
Andere Oppositionspolitiker wie beispielsweise der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktionen im Bundestag, Jürgen Hardt, befürworten dagegen eine Reform. Allerdings wünsche er sich diese ohne finanziellen Druck, so Hardt. „Eine Reform einer solchen Institution ist viel klüger zu machen, wenn man es nicht nur unter dem Finanzdiktat, sondern unter der Verbesserung der Arbeit sieht."
Seit vielen Jahren habe das Goethe-Institut diverse Außenstellen, bei denen man sich fragen könne, ob die noch im Sinne der deutschen Außenpolitik notwendig seien, sagt Hardt. Er findet es nachvollziehbar, dass Institute wie in Rotterdam geschlossen werden sollen. Goethe-Institute müsse man durchaus nach der aktuellen geopolitischen Lage ausrichten.
Kritik aus Frankreich
In Frankreich selbst kursieren Unterschriftenlisten gegen die Schließungen der Standorte in Bordeaux und Lille. Politiker aller Ebenen protestieren. "Es gibt eine kollektive Mobilisierung", sagt die Co-Vorsitzende der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung, Brigitte Klinkert.
Carola Lentz, Präsidentin des Goethe-Instituts, versucht im Interview mit dem Deutschlandfunk die Bedeutung der Schließungen in Frankreich zu relativieren. Niemand, sie eingeschlossen, schließe gerne Standorte, betont Lentz. In Frankreich jedoch seien durch die Schließungen keine Programme, etwa im Bereich der Jugendarbeit oder der Betreuung von Lehrkräften, gefährdet.
Gute Kulturarbeit hängt nicht an Standorten
"Ganz viele dieser Programme sind nicht daran gebunden, dass wir in Bordeaux, in Lille und in Straßburg ein konkretes Haus haben. Wir können alle Programme, die wir jetzt machen, sehr intensiv mit den drei verbliebenen Standorten in Lyon, in Paris und Nancy betreuen und organisieren." Hinzu kämen noch das kleinere Institut in Toulouse und die Außenstellen in Marseille. Insgesamt sei man in Frankreich "hervorragend aufgestellt".
Abgesehen davon gebe es in Frankreich noch zwölf deutsch-französische Kulturgesellschaften. und 22 Prüfungszentren. "Von einem dramatischen Rückzug aus Frankreich kann keine Rede sein."
Und: Was nützten viele Standorte, wenn es an dem nötigen Geld für Veranstaltungen dort fehle? Das Goethe-Institut müsse sich nun mit den vorhandenen Mitteln neu ausrichten und die Weiterentwicklung neuer Formate intensivieren.
Angriff auf Israel und die Folgen
Wenig optimistisch dagegen, sondern "fassungslos" mache sie die aktuelle Entwicklung in Israel, sagt Lentz. Goethe-Institute gibt es in der Region in Tel Aviv und Jerusalem, in Ramallah im Westjordanland und eine Außenstelle in Gaza. Die Standorte Tel Aviv und Jerusalem sowie Gaza seien derzeit wegen der gefährlichen Lage geschlossen, so Lentz.
"Das Existenzrecht Israels ist nicht verhandelbar"
Der Dialog und auch die Auseinandersetzung mit palästinensichen Partnerorganisationen werde fortgeführt, jedoch werde das Goethe-Institut auf seiner eigenen Perspektive und seinen eigenen Standpunkten beharren, betont Lentz: Dass die Hamas Israel das Existenzrecht abspreche, sei indiskutabel. "Wir sind ganz fest überzeugt davon, dass Israel ein ganz wichtiger Partner auch in unserer Kulturarbeit ist und selbstverständlich ein Existenzrecht hat." Das sei eine "nicht verhandelbare Position, die wir dann auch deutlich markieren".
Natürlich gebe es auch palästinensische Organisationen, die sich nicht der Hamas oder der Hisbollah verbunden fühlten - "das sind die Partner, mit denen wir vor allem unsere Kulturarbeit machen".
Vor allem Sprachkurse spielen in den Instituten vor Ort eine große Rolle - diese werden weiterhin auch als Online-Kurse aufrechterhalten. Dennoch: Vieles, was in den letzten Jahren in Gaza und Ramallah aufgebaut worden sei, sei nun in Gefahr, bedauert die Präsidentin. Man werde "sehr genau die Entwicklung beobachten".
nho, mkn