Es rülpset und furzet und luthert überall
Nächstes Jahr feiert die Evangelische Kirche Reformationsjubiläum: Vor 500 Jahren schlug Luther seine Thesen an die Kirchentür. Doch schon jetzt gibt es kein Entkommen: Der Reformator ist allgegenwärtig. Der Historiker Achim Landwehr meint: Weniger wäre mehr.
Das ganze nächste Jahr befindet sich die Evangelische Kirche im Ausnahmezustand. Es wird gefeiert ohne Unterlass, denn vor genau 500 Jahren nagelte Luther seine Thesen an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg.
Die Luther-Party hat längst begonnen
Die Party hat allerdings schon längst begonnen. Der Reformator ist inzwischen überall, auch im offiziellen Onlineshop des Reformationsjubiläums. Da gibt es beispielsweise den Babystrampler mit dem Aufdruck "Warum rülpset und furzet ihr nicht?" Begleittext: "Im Sinne des bekannten Luther-Zitats werden sich Eltern das Bäuerchen des Kindes herbeiwünschen."
Toll auch Luther als Playmobil-Figur. Oder die Seifenblasen. Zitat: "Seifenblasen als Spiel und Spaß für Kinder sind zuverlässig seit dem Spätmittelalter belegt" - und damit quasi ein Geburtsprodukt der Reformation, als Mitbringsel zu einer Jubiläumsveranstaltung also bestens geeignet.
Das Jubiläum und sein geldwerter Vorteil
Der Düsseldorfer Historiker Achim Landwehr beobachtet das Jubiläumsjahr, er ist Autor des Blogs "Mein Jahr mit Luther". Im Deutschlandradio Kultur sagte er, bei Jubiläen werde häufig versucht, diese in einen "geldwerten Vorteil" zu verwandeln. Luther macht da keine Ausnahme.
Tatsächlich störe ihn viel eher die Zuspitzung der Feierlichkeiten auf die Person Martin Luther, sagte Landwehr. Es gehe hier um das Reformationsjubiläum und die Reformation sei ein Prozess gewesen, an denen viele Menschen und Institutionen beteiligt gewesen seien. Derzeit werde ein komplexes Geschehen auf einen Menschen runtergebrochen. Und derart reduziert, so Landwehr, "war's dann doch nicht"..
Auch die Verantwortlichen in der Evangelischen Kirche kommen bei Landwehr nicht gut weg. Diese ritten derzeit auf einem "Luther-Hype", kritisierte er. Bei einem solchen Thema "dürfe man" gern mal "ein bisschen komplexer" werden.
Luther nicht zum Kumpel machen
Luther zu einem Kumpel zu machen, "der von gleich zu gleich spricht", sei falsch, so Landwehr. Der Historiker rät, den "fremden Luther" zu entdecken. Und das könne man beispielsweise tun, indem man Luther einfach lese. Dann sehe man auch, wie kompliziert Luther zum Teil argumentiert habe. Und auch wie inkonsistent.
(ahe)