Reformprogramm in Griechenland

Das wird hart!

Nach der Einigung in Brüssel: Menschen in Athen lesen an einem Zeitungsstand; Aufnahme vom 13. Juli 2015
Nach der Einigung in Brüssel: Menschen in Athen lesen an einem Zeitungsstand; Aufnahme vom 13. Juli 2015 © picture alliance / dpa
Aus Athen berichtet Panajotis Gavrilis |
Wer sich heute in den Straßen von Athen umhörte, traf auf ratlose Menschen: "Drei Mal so schlimm wie erwartet", kommentiert eine arbeitslose Akademikerin das mit Brüssel ausgehandelte Spar- und Reformprogramm. Nikos, ein Arbeitnehmer, prophezeit Massenentlassungen.
Fotis Bellos starrt auf die Titel der griechischen Presse. Auf den Zeitungen ist Alexis Tsipras abgebildet, daneben Überschriften wie "EURO THRILLER" oder "Deutschland zerstört wieder Europa".
Der Rentner fürchtet, dass das griechische Schuldenproblem mit der Einigung auf die nächsten Generationen übertragen wird.
"Was ich meine: Unsere Enkel werden zahlen. Und wenn ich sehe, dass die Europäische Kommission, wann immer sie will, hier oder in Luxemburg ist, das ist das Schlimmste für Griechenland. Das Land ist reich, es hat Tourismus und Ölvorkommen. Privatisierungen sind der Tod für Griechenland."
Er hält ein Dutzend Zettel in der Hand. Bezahlte Stromrechnungen von fast 1000 Euro, sagt er. Über 15 Wohnungen gehören ihm in Athen, die er vermietet. Er selbst hat sein Geld nach Deutschland gebracht, befürwortet aber trotz aller Schwierigkeiten, dass Tsipras Reformen doch zugestimmt hat:
"Es ist besser so. Müssen wir nicht zurückzahlen? Wir haben unsere Rechnungen nicht beglichen. Wir haben so viel gefressen. Das Volk muss jetzt zahlen, der Grieche hat noch Fett, er hat noch Geld."
"Wir werden arbeiten, um zu zahlen"
Ein paar Straßen weiter im Zentrum Athens sitzt Irini Papadimitriou auf einer weißen Marmorplatte, dreht sich eine Zigarette. Sie ist enttäuscht vom Ergebnis der Verhandlungen und stellt sich auf harte Zeiten ein.
"Verglichen mit allem, was hätte rauskommen können, ist es mindestens drei Mal so schlimm. Wir werden sehr leiden, aber wir können ja nichts machen. Wir werden arbeiten, um zu zahlen. Falls wir Arbeit haben."
Die 36-Jährige ist studierte Kommunikationswissenschaftlerin und lebt von 340 Euro Arbeitslosengeld im Monat. Sie ist enttäuscht von Alexis Tsipras, der noch im Wahlkampf ganz andere Dinge versprochen hatte.
"Er ist eingeknickt. Weil wenn er als Chef einer linken Regierung ein Referendum macht und sagt: Ich mache das, was das Volk will und ich zerreiße die Spardiktate, wenn er uns so etwas verspricht, dann ist es doch glasklar: Er ist eingeknickt."
Der junge Nikos Voultsos mit Glatze und dunklem Vollbart, klebt sich einen "OXI-Sticker" auf seine Brust. NEIN zur Einigung steht drauf.
"Diese Einigung ist eine Katastrophe für die Griechen und für alle Arbeitnehmer. Es sind Massenentlassungen, Rentenkürzungen, erhöhte Steuern – es ist die Fortsetzung der politischen Barbarei der letzten Jahre, die uns erst hier her gebracht hat."
"Wir müssen kämpfen"
Nikos bezeichnet sich selbst als Antikapitalist und will um keinen Preis, dass die geplanten Maßnahmen eingeführt werden. Und dafür will er auf die Straßen gehen.
"Wir müssen kämpfen. Für Mittwoch planen die Beamten einen Streik. Wir müssen alle daran teilnehmen, ein erneutes 'Nein' sagen und es bis zum Ende durchziehen. Weg mit der EU, weg mit dem Euro, Banken verstaatlichen, sodass wir wieder die Sache in die eigene Hand nehmen können."
Ein älterer Herr geht an Nikos vorbei, schüttelt mit dem Kopf. Er hofft einfach nur, dass Ruhe einkehrt.
"Ich bin zufrieden. Ob das gut oder schlecht ist, mal schauen, was willst du machen? Du akzeptierst die Situation."
Es ist das, was viele ausstrahlen in den Straßen von Athen: Eine Mischung aus Wut, Ratlosigkeit und Resignation. Getreu dem Motto: Komme was wolle, es wird so oder so eine harte Zeit.
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