"Wir sind politisch gefährlich"
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Die UEFA war dagegen, das EM-Stadion in München in Regenbogenfarben erstrahlen zu lassen. Die queere Journalistin Manuela Kay freut sich über die Debatte, die das Verbot zur Folge hatte, und fordert homosexuelle Fußballer auf, sich zu outen.
Das Stadion in München leuchtete nicht: Die Initiative der Stadt München, es zum EM-Gruppenspiel Ungarn gegen Deutschland in Regenbogenfarben zu erhellen, war der UEFA zu politisch. Amnesty International und andere Organisationen hatten angekündigt, das Verbot zu konterkarieren. Unter anderem wurden vor dem Stadion fröhlich Regenbogenflaggen verteilt.
Homophobie gibt es nicht nur in Ungarn
Diese seien letzlich beim Spiel nicht so präsent gewesen wie die deutschen Nationalfahnen, sagt die Journalistin Manuela Kay, Herausgeberin der queeren Magazine "Siegessäule" und "L-Mag". "Aber ich denke, die Diskussion drumherum ist dennoch gut gewesen. So eine großflächige Diskussion, dass sich sogar Angela Merkel und Ursula von der Leyen genötigt fühlten, sich zu äußern, das hat es lange nicht gegeben wegen eines Fußballspiels."
Die Diskussion sei in gutes Zeichen, meint Kay, verweist aber zugleich darauf, dass Schwule, Lesben und Transmenschen nicht nur in Ungarn ein Problem haben. Es gebe Dutzende von anderen Ländern, in denen die Verhältnisse alles andere als gut seien, das werde aber nicht thematisiert.
Obwohl sie die Münchner Regenbogen-Initiative unterstützt, kann Kay auch dem UEFA-Verbot etwas abgewinnen: "Die haben ja gesagt: Das ist ein politischer Akt und gehört nicht hierher. Dass sie es als Politik eingestuft haben, das finde ich wichtig, dass wir als politisch gefährlich eingestuft werden, das finde ich gut und richtig. Es ist politisch. Für mich war das eine ganz wichtige und interessante Wendung."
Mut zum Outing gefordert
Die entstandene Debatte findet Kay allerdings zum Teil scheinheilig. Die Geste von Manuel Neuer, eine Kapitänsbinde in Regenbogenfarben zu tragen, begrüße sie zwar, sagt die Journalistin: "Aber wir wissen, er selber ist nicht schwul. Was wir aber brauchen sind Schwule und Lesben, die dazu stehen."
In verschiedenen Talkshows sei im Vorfeld viel von Toleranz gesprochen worden, aber keiner habe über sich selbst gesprochen, beklagt Kay: "Ich warte auf diejenigen, die in den Talkshows sagen: Ihr redet hier über mich, ich bin einer oder eine davon. Das ist das Zeichen, das wir brauchen."
Explizit die Fußballer fordert sie auf, sich zu outen: "Ich habe überhaupt kein Mitleid mit denen. Die sollen sich mal dazu bekennen, was sie sind, das ist politisch! Wir brauchen Vorbilder. Zumal dieses Regenbogenemblem in letzter Zeit so verwässert wird. Da wird von Vielfalt und Toleranz gesprochen, da kann ja niemand dagegen sein. Aber das Wort Homosexualität wird schon gar nicht mehr benutzt, das ist dann schon wieder ein bisschen zu gefährlich und zu schmuddelig."
(rja)