Regiestuhl statt Bühnenplatz
Die Schauspielerin Ulrike Grote hat die Seiten gewechselt. Nachdem sie bereits mit dem Kurzfilm "Der Ausreißer" einen Oscar gewann, präsentiert die Regisseurin nun ihren ersten abendfüllenden Film "Was wenn der Tod uns scheidet".
Filmmusik "Was wenn der Tod uns scheidet" ...
Das Drehbuch hat sie mit einer Co-Autorin geschrieben: Die war für die Plots zuständig. Ulrike Grote für die Dialoge:
Filmausschnitt:
Anton: "Du meinst, wenn du einmal im Monat nach Hause kommst, kannste dich hier als Vater aufspielen, oder was?"
Anton – ältester Sohn eines Paares mit Problemen - hat es satt, dass sein Vater sich so selten bei der Familie blicken lässt:
Filmausschnitt:
Anton: "Du kotzt mich an. Du bist überhaupt kein Vater!"
Grote: "Ja, wenn man ’nen Kind hat, das in der Pubertät ist, dann kommen – in ähnlicher Form – genau diese Sätze. Und das muss man einfach nur benutzen."
Filmausschnitt:
Anton: "Und wenn du nicht mehr weiter weißt, dann haust du. Ficken!"
Vater: "Kannste nicht wenigstens das zweite Partizip verwenden?"
"Gefickt!"
Ulrich Noethen mimt den überforderten Vater. Seinen pubertären Sprössling spielt Paul Grote, der Sohn der Filmemacherin. Ein schlaksiger Teenager, der erstaunlich wenig Ähnlichkeit mit seiner 46-jährigen Mutter hat. Ulrike Grote, die im schwarzen Sommerkleid und Flip-Flops zum Gespräch ins Altonaer Theatercafé kommt, ist auffallend groß und könnte mit ihrem blonden Haar und den stahlblauen Augen auch als Schwedin durchgehen.
Grote: "Es gibt teilweise Dialoge, wo mein Sohn sagt: Mama, da haste total geklaut. Nämlich bei mir. Und da sag ich: Ja, stimmt. (lacht)"
In ihrem Regiestudium habe sie oft genug zu hören bekommen:
Grote: "Immer erst mal von sich selbst ausgehen und gucken und Geschichten, die im nahen Umfeld sind, bevor man jetzt sich mit nem Krimistoff beschäftigt. Also ne fremde Geschichte zu machen, ne total fremde."
Ulrike Grotes Geschichte beginnt in Bremen, wo sie 1963 zur Welt kommt. Sie ist vier, als ihre Eltern - beide Apotheker - mit ihr nach Pforzheim ziehen.
"Ja, I bin doa reingeschmäckt, also I hoab’s gelärnt, ich kann das jetzt sprechen, obwohl wir’s zu Hause nicht sprechen durften."
Manche Mitschüler finden ihren norddeutschen Akzent arrogant. Ohnehin macht ihr die Schule keinen Spaß. Nach der Mittleren Reife geht sie ab.
"Ich wollte Film studieren. Und da brauchte man Abitur. Und für das Schauspiel brauchte man keins, damals. Und dann hab ich gesagt: Dann mach das auf nem anderen Weg. Und bin erst mal Schauspielerin geworden."
Ulrike Grote hat Glück. Während ihre Kommilitonen an Provinzbühnen debütieren, wird sie – gleich nach der Ausbildung an der Berliner Hochschule der Künste – vom Deutschen Schauspielhaus in Hamburg engagiert:
"Und bin ich da in dieses Zadek-Ensemble so eingetaucht. Und das ist einfach ganz großartig gewesen."
Von Peter Zadek, dem damaligen Intendanten, habe sie viel gelernt. Ulrike Grote steht noch am Anfang ihrer Karriere, als sie 1991 Mutter wird.
"Also ich finde, man altert anders, wenn man nen Kind hat. Und zwar ganz normal. Es gibt ja manche Schauspielerin, die irgendwie weit über 50 ist und immer noch so tut, als ob sie zwölf wäre. Wo ich immer sage, man muss auf dem Teppich bleiben. Und ich finde ein Kind holt einen immer so irrsinnig auf den Boden der Tatsachen zurück. Außerdem find ich: Das ist das Tollste überhaupt."
Trotzdem war es anstrengend, Baby, Proben und Vorstellungen miteinander zu vereinen. Besonders unter Intendant Frank Baumbauer.
"Baumbauer war ja sozusagen der 24-Stunden-Dienst. Schauspielhaus-Dauerdienst! Also das hätte ich auch ohne den dazugehörigen Mann nicht geschafft, muss ich sagen. Also der hat da sehr viel geholfen und sehr viel auch dazu beigetragen, dass aus dem Kind was geworden ist (lacht)."
Mit dem Vater ihres mittlerweile 17-jährigen Sohnes lebt sie nicht mehr zusammen, beschreibt das Verhältnis aber als entspannt.
"Wie man heute so lebt, wenn man getrennt ist. Aber das ist jetzt nicht irgendwie fatal oder so. Das hat sich einfach so ergeben."
Ein anderes Ereignis wirft sie – zumindest kurzfristig – aus der Bahn. Als Intendant Baumbauer Ende der 90er-Jahre sein Ensemble neu zusammenstellt, ist Ulrike Grote nicht mehr dabei:
"Ich kriegte natürlich ’nen Schock, aber das war das Beste, was mir passieren konnte. Das konnte ich nur damals noch nicht wissen."
Ihre Kollegin Monica Bleibtreu - mit der sie befreundet war und
die in ihrem Film "Was wenn der Tod uns scheidet" in einer ihrer letzten Rollen zu sehen ist - vermittelt der jungen Mutter einen Job als Schauspiellehrerin. 2001 inszeniert sie mit Studenten "Endstation Sehnsucht":
"Und da kam nen befreundeter Filmregisseur, der Rolf Schübel, und fragte: Wieso machst du eigentlich keinen Film? Und da sag ich: Du, das wollte ich schon lange machen. Aber ich hab mich nicht getraut. Und dann sagt er: ’Sag mal, bist du eigentlich bekloppt? Mach das mal bei Hark Bohm.’ Und dann dachte ich: ’Ja, last exit. Wenn nicht jetzt, dann nie.’ Und dann hab ich’s einfach probiert und das hat dann auch geklappt. Und diese zwei Jahre waren – muss ich sagen – neben meinem Sohn Paul war das die schönste Zeit meines Lebens","
sagt Ulrike Grote über ihr Regiestudium an der Uni Hamburg.
2005 gewinnt sie mit ihrer Abschlussarbeit "Der Ausreißer" den Student Academy Award in Los Angeles. Der Kurzfilm erzählt die Geschichte eines kleinen Jungen, der sich an die Fersen eines Großstadt-Singles heftet und behauptet, sein Sohn zu sein:
Filmausschnitt:
Yuri: ""Bringst du mich zur Schule?"
Architekt: "Was? Zu wem willst du denn?"
Yuri: "Zu dir."
Architekt: "Ja klar."
Ihr Ziel, Regisseurin zu werden, hat Ulrike Grote erreicht. Bühnenauftritte sind für sie Vergangenheit, Rollen als Schauspielerin übernimmt sie nur noch beim Film.
"Ja, wo ich halt auch noch was lernen kann als Greenhorn sozusagen."
Das Oscar-gekrönte Regiedebüt hat es ihr nicht leicht gemacht, den zweiten Film in Angriff zu nehmen. Zu schwer wog die Last der Erwartungen. Aber nun ist es geschafft. Heute kommt "Was wenn der Tod uns scheidet" ins Fernsehen. Und Ulrike Grote fühlt sich frei, endlich zu machen, wozu sie Lust hat:
"Weil dieser Druck raus ist. Eigentlich fang ich wieder von vorne an. Und das ist ganz schön! (lacht)"
Das Drehbuch hat sie mit einer Co-Autorin geschrieben: Die war für die Plots zuständig. Ulrike Grote für die Dialoge:
Filmausschnitt:
Anton: "Du meinst, wenn du einmal im Monat nach Hause kommst, kannste dich hier als Vater aufspielen, oder was?"
Anton – ältester Sohn eines Paares mit Problemen - hat es satt, dass sein Vater sich so selten bei der Familie blicken lässt:
Filmausschnitt:
Anton: "Du kotzt mich an. Du bist überhaupt kein Vater!"
Grote: "Ja, wenn man ’nen Kind hat, das in der Pubertät ist, dann kommen – in ähnlicher Form – genau diese Sätze. Und das muss man einfach nur benutzen."
Filmausschnitt:
Anton: "Und wenn du nicht mehr weiter weißt, dann haust du. Ficken!"
Vater: "Kannste nicht wenigstens das zweite Partizip verwenden?"
"Gefickt!"
Ulrich Noethen mimt den überforderten Vater. Seinen pubertären Sprössling spielt Paul Grote, der Sohn der Filmemacherin. Ein schlaksiger Teenager, der erstaunlich wenig Ähnlichkeit mit seiner 46-jährigen Mutter hat. Ulrike Grote, die im schwarzen Sommerkleid und Flip-Flops zum Gespräch ins Altonaer Theatercafé kommt, ist auffallend groß und könnte mit ihrem blonden Haar und den stahlblauen Augen auch als Schwedin durchgehen.
Grote: "Es gibt teilweise Dialoge, wo mein Sohn sagt: Mama, da haste total geklaut. Nämlich bei mir. Und da sag ich: Ja, stimmt. (lacht)"
In ihrem Regiestudium habe sie oft genug zu hören bekommen:
Grote: "Immer erst mal von sich selbst ausgehen und gucken und Geschichten, die im nahen Umfeld sind, bevor man jetzt sich mit nem Krimistoff beschäftigt. Also ne fremde Geschichte zu machen, ne total fremde."
Ulrike Grotes Geschichte beginnt in Bremen, wo sie 1963 zur Welt kommt. Sie ist vier, als ihre Eltern - beide Apotheker - mit ihr nach Pforzheim ziehen.
"Ja, I bin doa reingeschmäckt, also I hoab’s gelärnt, ich kann das jetzt sprechen, obwohl wir’s zu Hause nicht sprechen durften."
Manche Mitschüler finden ihren norddeutschen Akzent arrogant. Ohnehin macht ihr die Schule keinen Spaß. Nach der Mittleren Reife geht sie ab.
"Ich wollte Film studieren. Und da brauchte man Abitur. Und für das Schauspiel brauchte man keins, damals. Und dann hab ich gesagt: Dann mach das auf nem anderen Weg. Und bin erst mal Schauspielerin geworden."
Ulrike Grote hat Glück. Während ihre Kommilitonen an Provinzbühnen debütieren, wird sie – gleich nach der Ausbildung an der Berliner Hochschule der Künste – vom Deutschen Schauspielhaus in Hamburg engagiert:
"Und bin ich da in dieses Zadek-Ensemble so eingetaucht. Und das ist einfach ganz großartig gewesen."
Von Peter Zadek, dem damaligen Intendanten, habe sie viel gelernt. Ulrike Grote steht noch am Anfang ihrer Karriere, als sie 1991 Mutter wird.
"Also ich finde, man altert anders, wenn man nen Kind hat. Und zwar ganz normal. Es gibt ja manche Schauspielerin, die irgendwie weit über 50 ist und immer noch so tut, als ob sie zwölf wäre. Wo ich immer sage, man muss auf dem Teppich bleiben. Und ich finde ein Kind holt einen immer so irrsinnig auf den Boden der Tatsachen zurück. Außerdem find ich: Das ist das Tollste überhaupt."
Trotzdem war es anstrengend, Baby, Proben und Vorstellungen miteinander zu vereinen. Besonders unter Intendant Frank Baumbauer.
"Baumbauer war ja sozusagen der 24-Stunden-Dienst. Schauspielhaus-Dauerdienst! Also das hätte ich auch ohne den dazugehörigen Mann nicht geschafft, muss ich sagen. Also der hat da sehr viel geholfen und sehr viel auch dazu beigetragen, dass aus dem Kind was geworden ist (lacht)."
Mit dem Vater ihres mittlerweile 17-jährigen Sohnes lebt sie nicht mehr zusammen, beschreibt das Verhältnis aber als entspannt.
"Wie man heute so lebt, wenn man getrennt ist. Aber das ist jetzt nicht irgendwie fatal oder so. Das hat sich einfach so ergeben."
Ein anderes Ereignis wirft sie – zumindest kurzfristig – aus der Bahn. Als Intendant Baumbauer Ende der 90er-Jahre sein Ensemble neu zusammenstellt, ist Ulrike Grote nicht mehr dabei:
"Ich kriegte natürlich ’nen Schock, aber das war das Beste, was mir passieren konnte. Das konnte ich nur damals noch nicht wissen."
Ihre Kollegin Monica Bleibtreu - mit der sie befreundet war und
die in ihrem Film "Was wenn der Tod uns scheidet" in einer ihrer letzten Rollen zu sehen ist - vermittelt der jungen Mutter einen Job als Schauspiellehrerin. 2001 inszeniert sie mit Studenten "Endstation Sehnsucht":
"Und da kam nen befreundeter Filmregisseur, der Rolf Schübel, und fragte: Wieso machst du eigentlich keinen Film? Und da sag ich: Du, das wollte ich schon lange machen. Aber ich hab mich nicht getraut. Und dann sagt er: ’Sag mal, bist du eigentlich bekloppt? Mach das mal bei Hark Bohm.’ Und dann dachte ich: ’Ja, last exit. Wenn nicht jetzt, dann nie.’ Und dann hab ich’s einfach probiert und das hat dann auch geklappt. Und diese zwei Jahre waren – muss ich sagen – neben meinem Sohn Paul war das die schönste Zeit meines Lebens","
sagt Ulrike Grote über ihr Regiestudium an der Uni Hamburg.
2005 gewinnt sie mit ihrer Abschlussarbeit "Der Ausreißer" den Student Academy Award in Los Angeles. Der Kurzfilm erzählt die Geschichte eines kleinen Jungen, der sich an die Fersen eines Großstadt-Singles heftet und behauptet, sein Sohn zu sein:
Filmausschnitt:
Yuri: ""Bringst du mich zur Schule?"
Architekt: "Was? Zu wem willst du denn?"
Yuri: "Zu dir."
Architekt: "Ja klar."
Ihr Ziel, Regisseurin zu werden, hat Ulrike Grote erreicht. Bühnenauftritte sind für sie Vergangenheit, Rollen als Schauspielerin übernimmt sie nur noch beim Film.
"Ja, wo ich halt auch noch was lernen kann als Greenhorn sozusagen."
Das Oscar-gekrönte Regiedebüt hat es ihr nicht leicht gemacht, den zweiten Film in Angriff zu nehmen. Zu schwer wog die Last der Erwartungen. Aber nun ist es geschafft. Heute kommt "Was wenn der Tod uns scheidet" ins Fernsehen. Und Ulrike Grote fühlt sich frei, endlich zu machen, wozu sie Lust hat:
"Weil dieser Druck raus ist. Eigentlich fang ich wieder von vorne an. Und das ist ganz schön! (lacht)"