Regisseur Peter Zadek ist tot
Der Regisseur Peter Zadek ist im Alter von 83 Jahren gestorben. Seit den 50er-Jahren hatte er mit seinen Inszenierungen das Publikum begeistert - und provoziert.
Peter Zadek war einer der ganz großen Regisseure des deutschsprachigen Theaters und hat dieses nach dem Krieg in vielerlei Hinsicht nachhaltig geprägt. Dabei war er nie auf einen eindeutigen Stil festzulegen. Einen Entertainer, einen Menschenerforscher oder gar einen Verderber nannte man ihn.
Denn vor Grellheiten hat Peter Zadek, der vor den Peinlichkeiten der Wahrheit nie in Ironie flüchtete, sich nicht gefürchtet. In den Siebziger- und Achtzigerjahren geriet fast jede seiner Inszenierungen zum Skandal: nicht nur wegen ihrer durch Gewalttätigkeit, Krassheit und Nacktheit erreichten äußeren Provokation, sondern auch wegen ihrer inneren Wahrhaftigkeit, die oft gegen moralische Gewohnheiten verstieß.
Peter Zadek: "Es gibt nichts, was auf dem Theater nicht erlaubt werden müsste. Das ist nicht eine Frage von Geschmack, weil, - ich finde, "guter Geschmack", ehrlich gesagt, eigentlich kein gutes Ding im Theater. Weil, "guter Geschmack" ist ja dann auch wieder eigentlich nur die Einigung über was erlaubt werden soll und was nicht erlaubt werden soll.
Sehr oft geht es um die Sexualität, mal geht’s um Religion, mal geht es um political correctness usw. usf. Ich denke, dass eine von den vielen Aufgaben, die das Theater hat, ist, in diesen Grenzbereichen sich zu bewegen. Weil: Theater ist und bleibt ein Spiel. Das heißt, wir haben immer die Möglichkeit im Theater, Dinge da auszuspielen, die, wenn wir sie im Leben tun würden, würden wir im Gefängnis sitzen, auch hier."
Peter Zadek wurde 1926 in Berlin geboren. Seine jüdischen Eltern emigrierten mit dem Siebenjährigen 1933 nach London, wo Zadek nach einem Regiestudium seine ersten Inszenierungen vorstellte. Mit der Uraufführung von Jean Genets "Der Balkon" errang er auch künstlerisch Aufmerksamkeit, nicht nur, weil der von zuviel szenischem Realismus empörte Autor den jungen Regisseur bei der Generalprobe eigenhändig auf der Bühne erschießen wollte.
1958 kehrte Zadek nach Deutschland zurück, und zwar, wie ein Kritiker schrieb, mit der Liebe zu Shakespeare, der Sehnsucht nach dem Boulevard und der Lust an der aktuellen Provokation. Erst am Ulmer Theater, dann am Schauspiel Bremen machte Zadek mit Inszenierungen Furore, die wie Attacken gegen ein bildungsbürgerlich behäbiges Theater wirkten. Schillers "Die Räuber" wurden von ihm 1966 in Bremen zu grellen Comixfiguren überzeichnet, während er Edward Bonds "Gerettet" 1968 in Berlin als realistisch krasse Studie leerer Gewalttätigkeit inszenierte, und seine Intendantentätigkeit in Bochum eröffnete er 1972 mit der Fallada-Revue "Kleiner Mann, was nun".
Peter Zadek hat, auch bei den schwierigsten Themen, nie vor den Mitteln der Unterhaltung zurückgeschreckt, auch bei Joshua Sobols "Ghetto" nicht, dass er 1984 in Berlin als ein großes Revuespektakel inszenierte. Als er 1985 seine nur vierjährige Intendanz am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg antrat, träumte er von einem Theater für gierige Menschen, für die Theater nicht ein delikates Dessert sei, sondern eine lebensnotwendige Mahlzeit.
Deshalb machte Zadek stets populäres, aufklärerisches und zeitgenössisches Theater im Spannungsfeld zwischen Realismus und ästhetischer Form. Seine Tschechow- und Shakespeare-Inszenierungen haben die Klassikerrezeption in Deutschland geprägt. Das Wichtigste aber waren für diesen Regisseur die Schauspieler. Sie waren seine Familie. Über Jahrzehnte hat er mit immer wieder den selben Darstellern gearbeitet, mit Gert Voss, Eva Mattes, Ulrich Wildgruber, Joseph Bierbichler und Susanne Lothar, die bei ihm als "Lulu", und Angela Winkler, die bei ihm als "Hamlet" Triumphe feierten:
"… dass ich glaube, und habe immer geglaubt, deswegen bin ich nach Deutschland gekommen, an ein enges Ensembletheater. Das ist die einzige Möglichkeit, wirklich Theater zu machen, sind 20 Schauspieler, die sich so gut kennen, wie sie ihre Kinder, Eltern und niemand anders kennen. Das ist mir auch gelungen über die Jahre."
Von 1993 an leitete Peter Zadek einige Zeit lang mit Fritz Marquardt, Heiner Müller und Peter Palitzsch das Berliner Ensemble. Ab 1996 hat er als freier Regisseur gearbeitet und, vor allem am Wiener Burgtheater, mit atmosphärisch dichter Menschenschilderung immer wieder Triumphe gefeiert. Dabei vertrat er eine "neue Einfachheit:
"Was man heute Skandal nennt, das ist, wenn Sie einen Text sauber und klar als Theaterstück bringen. Dann werden die Leute irritiert, dann denken sie, man nimmt sie den Arm."
Im Jahr 2005 gründete er mit dem Theatermanager Tom Stromberg eine Theaterproduktionsfirma. Doch gleich der erste Versuch, mit Teilen seiner "Theaterfamilie" Shakespeares "Was ihr wollt" zu inszenieren, musste wegen Erkrankung von Peter Zadek abgebrochen werden.
Was bleibt, sind die Erinnerung an die sinnliche Fülle der vielen bahnbrechenden Inszenierungen von Peter Zadek, - und seine zwei autobiographischen Bücher mit den Titeln "Das wilde Ufer" und "My way". Aus ihnen kann man lernen, wie Theater entsteht und warum es Theater auch in unserem Medienzeitalter geben muss.
Denn vor Grellheiten hat Peter Zadek, der vor den Peinlichkeiten der Wahrheit nie in Ironie flüchtete, sich nicht gefürchtet. In den Siebziger- und Achtzigerjahren geriet fast jede seiner Inszenierungen zum Skandal: nicht nur wegen ihrer durch Gewalttätigkeit, Krassheit und Nacktheit erreichten äußeren Provokation, sondern auch wegen ihrer inneren Wahrhaftigkeit, die oft gegen moralische Gewohnheiten verstieß.
Peter Zadek: "Es gibt nichts, was auf dem Theater nicht erlaubt werden müsste. Das ist nicht eine Frage von Geschmack, weil, - ich finde, "guter Geschmack", ehrlich gesagt, eigentlich kein gutes Ding im Theater. Weil, "guter Geschmack" ist ja dann auch wieder eigentlich nur die Einigung über was erlaubt werden soll und was nicht erlaubt werden soll.
Sehr oft geht es um die Sexualität, mal geht’s um Religion, mal geht es um political correctness usw. usf. Ich denke, dass eine von den vielen Aufgaben, die das Theater hat, ist, in diesen Grenzbereichen sich zu bewegen. Weil: Theater ist und bleibt ein Spiel. Das heißt, wir haben immer die Möglichkeit im Theater, Dinge da auszuspielen, die, wenn wir sie im Leben tun würden, würden wir im Gefängnis sitzen, auch hier."
Peter Zadek wurde 1926 in Berlin geboren. Seine jüdischen Eltern emigrierten mit dem Siebenjährigen 1933 nach London, wo Zadek nach einem Regiestudium seine ersten Inszenierungen vorstellte. Mit der Uraufführung von Jean Genets "Der Balkon" errang er auch künstlerisch Aufmerksamkeit, nicht nur, weil der von zuviel szenischem Realismus empörte Autor den jungen Regisseur bei der Generalprobe eigenhändig auf der Bühne erschießen wollte.
1958 kehrte Zadek nach Deutschland zurück, und zwar, wie ein Kritiker schrieb, mit der Liebe zu Shakespeare, der Sehnsucht nach dem Boulevard und der Lust an der aktuellen Provokation. Erst am Ulmer Theater, dann am Schauspiel Bremen machte Zadek mit Inszenierungen Furore, die wie Attacken gegen ein bildungsbürgerlich behäbiges Theater wirkten. Schillers "Die Räuber" wurden von ihm 1966 in Bremen zu grellen Comixfiguren überzeichnet, während er Edward Bonds "Gerettet" 1968 in Berlin als realistisch krasse Studie leerer Gewalttätigkeit inszenierte, und seine Intendantentätigkeit in Bochum eröffnete er 1972 mit der Fallada-Revue "Kleiner Mann, was nun".
Peter Zadek hat, auch bei den schwierigsten Themen, nie vor den Mitteln der Unterhaltung zurückgeschreckt, auch bei Joshua Sobols "Ghetto" nicht, dass er 1984 in Berlin als ein großes Revuespektakel inszenierte. Als er 1985 seine nur vierjährige Intendanz am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg antrat, träumte er von einem Theater für gierige Menschen, für die Theater nicht ein delikates Dessert sei, sondern eine lebensnotwendige Mahlzeit.
Deshalb machte Zadek stets populäres, aufklärerisches und zeitgenössisches Theater im Spannungsfeld zwischen Realismus und ästhetischer Form. Seine Tschechow- und Shakespeare-Inszenierungen haben die Klassikerrezeption in Deutschland geprägt. Das Wichtigste aber waren für diesen Regisseur die Schauspieler. Sie waren seine Familie. Über Jahrzehnte hat er mit immer wieder den selben Darstellern gearbeitet, mit Gert Voss, Eva Mattes, Ulrich Wildgruber, Joseph Bierbichler und Susanne Lothar, die bei ihm als "Lulu", und Angela Winkler, die bei ihm als "Hamlet" Triumphe feierten:
"… dass ich glaube, und habe immer geglaubt, deswegen bin ich nach Deutschland gekommen, an ein enges Ensembletheater. Das ist die einzige Möglichkeit, wirklich Theater zu machen, sind 20 Schauspieler, die sich so gut kennen, wie sie ihre Kinder, Eltern und niemand anders kennen. Das ist mir auch gelungen über die Jahre."
Von 1993 an leitete Peter Zadek einige Zeit lang mit Fritz Marquardt, Heiner Müller und Peter Palitzsch das Berliner Ensemble. Ab 1996 hat er als freier Regisseur gearbeitet und, vor allem am Wiener Burgtheater, mit atmosphärisch dichter Menschenschilderung immer wieder Triumphe gefeiert. Dabei vertrat er eine "neue Einfachheit:
"Was man heute Skandal nennt, das ist, wenn Sie einen Text sauber und klar als Theaterstück bringen. Dann werden die Leute irritiert, dann denken sie, man nimmt sie den Arm."
Im Jahr 2005 gründete er mit dem Theatermanager Tom Stromberg eine Theaterproduktionsfirma. Doch gleich der erste Versuch, mit Teilen seiner "Theaterfamilie" Shakespeares "Was ihr wollt" zu inszenieren, musste wegen Erkrankung von Peter Zadek abgebrochen werden.
Was bleibt, sind die Erinnerung an die sinnliche Fülle der vielen bahnbrechenden Inszenierungen von Peter Zadek, - und seine zwei autobiographischen Bücher mit den Titeln "Das wilde Ufer" und "My way". Aus ihnen kann man lernen, wie Theater entsteht und warum es Theater auch in unserem Medienzeitalter geben muss.