Regisseur sucht neues Opernpublikum
Der katalanische Theater- und Opernregisseur Calixto Bieito sorgte mit ungewöhnlichen Inszenierungen, mit denen er ein neues Publikum zu gewinnen sucht, hier zu Lande für Schlagzeilen. Nun hat er an der Komischen Oper Puccinis "Madame Butterfly" neu in Szene gesetzt, in der er den Sextourismus thematisiert.
In seinen sehr modern angelegten Theater- und Operninszenierungen blickt Calixto Bieito immer wieder tief in die Abgründe menschlichen Verhaltens. Machtgier und -missbrauch, die Ausbeutung von Schwächeren und das Ungleichgewicht im Verhältnis der Geschlechter zeigt er in ausdrucksstarken, schonungslosen Bildern. Gewalt und Sex beherrschen die Szenerie und Blut fließt in Strömen. Dies hat in den letzten Jahren international immer wieder für kontroverse Diskussionen und Skandale gesorgt.
Neben lautstarkenTumulten während der Premiere entstehen auch manchmal gravierende Folgen für das Haus, an dem er inszeniert. So wurden in Hannover aufgrund von Bieitos Inszenierung des "Don Giovanni" hunderte von Abonnements gekündigt. In Berlin kam er nach seinem Regiedebüt an der Komischen Oper mehrere Tage in die Schlagzeilen der Boulevardpresse, weil er den Ort der Handlung in ein Bordell verlegt und den Mord an einer Prostituierten gezeigt hatte.
Solch extreme Reaktionen des Publikums versteht Bieito ebenso wenig wie die von Kritikern und Journalisten immer wieder aufgeworfene Frage nach der Notwendigkeit dieser Art der Inszenierung. Anderen Künstlern würde ein Bruch mit herkömmlichen Aufführungstraditionen und realistischen Darstellungen schließlich auch nicht vorgeworfen.
Bieito: " Ich denke, dass man diese Frage niemandem stellen würde, der Filme macht. Niemand würde Coppola diese Frage stellen. Niemand würde zu Coppola sagen: Oh du bist ein Mafiosi, weil du Filme über die Mafia machst. Oder zu Picasso: Oh mein Gott, du willst immer nur mit Prostituierten schlafen, weil viele deiner Bilder Prostituierte zeigen."
Mit seinen Inszenierungen versucht Bieito ein neues Publikum für die Oper zu interessieren. Er ist der Meinung, dass sich der herkömmliche Opernbetrieb erneuern muss, wenn er nicht sterben soll.
Bieito: " Das ist es, was die Oper braucht. Man muss wirklich neue Sachen machen für die Leute, wenn man eine neues Publikum möchte. Wenn man das nicht möchte ist es okay. Aber wenn man ein neues Publikum möchte - und ich bin sicher, wir brauchen das, denn die Regisseure werden sterben und das Publikum wird sterben - dann muss ganz sicher eine Erneuerung stattfinden. "
Deshalb sucht er in seinen Inszenierungen aber nicht zwanghaft nach etwas Neuem. Er sieht seinen Auftrag als Regisseur darin, Fantasien auf die Bühne zu bringen und Geschichten zu erzählen. Gewalt, Perversion und Elend zeigt er nur dort, wo es das Stück hergibt.
" Es kommt auf das Stück an. Ich denke während der Proben nicht: Ich will etwas Neues machen. Das ist nicht meine Vorstellung von Arbeit. Das machst du, wenn du ein Interview vorbereitest oder wenn du dich hinsetzt und ein Bier trinkst. Ich denke nicht: Oh ich muss etwas Originelles machen. Für mich ist der Grund, Regie zu führen, Fantasie - um Fantasien auf die Bühne zu bringen, und das sind nicht nur meine, sondern auch die meines Teams, die der Leute."
Bieito will in seiner Arbeit pure Realität abbilden, so wie sie sich ihm in seinem Leben und durch die Medien darstellt. Sein Anliegen ist es, den Zustand der heutigen Gesellschaft zu zeigen - und das nicht um zu moralisieren oder zu schockieren, sondern um alles einfach präsent zu machen.
" Weil ich ein Mann bin, der mit seiner Realität verbunden ist. Du kannst nicht außerhalb der Realität sein. Ich bin ein moderner Mann, das ist heute die einzige
Möglichkeit zu leben. Du musst mit den Dingen um dich herum leben, mit der Realität um dich herum."
Die Darstellung extremer Zustände steht für Bieito aber gar nicht so im Vordergrund, wie immer angenommen wird. Am meisten interessiert ihn die Entwicklung der Charaktere. Das Geschehen auf der Bühne ist für ihn eher ein Mittel zum Zweck - ein Antrieb, um die Darsteller in größere Emotionen zu bringen und somit eine hohe Intensität der Aufführung zu erreichen.
" Was ich in meiner Arbeit eigentlich will, ist die Arbeit der Sänger. Sie arbeiten mit einer anderen Intensität, auf einem anderen Level. Das ist das Interessanteste daran. Nicht, ob sie Sex haben oder so, das gehört dazu, das ist wie ein Film. Das gehört, ich weiß nicht, zu ihrer Realität, zu dem Moment, den wir leben. Was am meisten interessiert, ist die kleine Arbeit, die wir zusammen tun, mit den Sängern - und die Intensität, die Qualität."
Nun erzählt Bieito an der Komischen Oper Berlin seine Version der Geschichte von der armen Geisha Butterfly, die durch eine Mietehe mit einem amerikanischen Leutnant um ihre Träume von Liebe und Freiheit und zuletzt auch noch um ihr Kind gebracht wird.
Hierbei stellt er auf der Suche nach einer Neuinterpretation den modernen Sextourismus sowie den ökonomischen Konflikt zwischen erster und dritter Welt ins Zentrum des Geschehens. Bieito verlegt den Schauplatz der Handlung auf eine Insel mit kubanisch-orientalischem Flair und zeigt eine Welt voller falscher Träume. Träume, die in der westlichen Kultur erzeugt, ja sogar industrialisiert werden und die die Menschen der ärmeren Regionen sehnsuchtsvoll zu adaptieren suchen. Das dies natürlich für alle Beteiligten zum Verhängnis wird, steht laut Bieito schon im Text.
Service:
Die Inszenierung "Madame Butterfly" Calixto Bieito an der Komischen Oper Berlin hat am 25. September 2005 Premiere. Weitere Aufführungen am 30. September, im Oktober, November und Dezember.
Neben lautstarkenTumulten während der Premiere entstehen auch manchmal gravierende Folgen für das Haus, an dem er inszeniert. So wurden in Hannover aufgrund von Bieitos Inszenierung des "Don Giovanni" hunderte von Abonnements gekündigt. In Berlin kam er nach seinem Regiedebüt an der Komischen Oper mehrere Tage in die Schlagzeilen der Boulevardpresse, weil er den Ort der Handlung in ein Bordell verlegt und den Mord an einer Prostituierten gezeigt hatte.
Solch extreme Reaktionen des Publikums versteht Bieito ebenso wenig wie die von Kritikern und Journalisten immer wieder aufgeworfene Frage nach der Notwendigkeit dieser Art der Inszenierung. Anderen Künstlern würde ein Bruch mit herkömmlichen Aufführungstraditionen und realistischen Darstellungen schließlich auch nicht vorgeworfen.
Bieito: " Ich denke, dass man diese Frage niemandem stellen würde, der Filme macht. Niemand würde Coppola diese Frage stellen. Niemand würde zu Coppola sagen: Oh du bist ein Mafiosi, weil du Filme über die Mafia machst. Oder zu Picasso: Oh mein Gott, du willst immer nur mit Prostituierten schlafen, weil viele deiner Bilder Prostituierte zeigen."
Mit seinen Inszenierungen versucht Bieito ein neues Publikum für die Oper zu interessieren. Er ist der Meinung, dass sich der herkömmliche Opernbetrieb erneuern muss, wenn er nicht sterben soll.
Bieito: " Das ist es, was die Oper braucht. Man muss wirklich neue Sachen machen für die Leute, wenn man eine neues Publikum möchte. Wenn man das nicht möchte ist es okay. Aber wenn man ein neues Publikum möchte - und ich bin sicher, wir brauchen das, denn die Regisseure werden sterben und das Publikum wird sterben - dann muss ganz sicher eine Erneuerung stattfinden. "
Deshalb sucht er in seinen Inszenierungen aber nicht zwanghaft nach etwas Neuem. Er sieht seinen Auftrag als Regisseur darin, Fantasien auf die Bühne zu bringen und Geschichten zu erzählen. Gewalt, Perversion und Elend zeigt er nur dort, wo es das Stück hergibt.
" Es kommt auf das Stück an. Ich denke während der Proben nicht: Ich will etwas Neues machen. Das ist nicht meine Vorstellung von Arbeit. Das machst du, wenn du ein Interview vorbereitest oder wenn du dich hinsetzt und ein Bier trinkst. Ich denke nicht: Oh ich muss etwas Originelles machen. Für mich ist der Grund, Regie zu führen, Fantasie - um Fantasien auf die Bühne zu bringen, und das sind nicht nur meine, sondern auch die meines Teams, die der Leute."
Bieito will in seiner Arbeit pure Realität abbilden, so wie sie sich ihm in seinem Leben und durch die Medien darstellt. Sein Anliegen ist es, den Zustand der heutigen Gesellschaft zu zeigen - und das nicht um zu moralisieren oder zu schockieren, sondern um alles einfach präsent zu machen.
" Weil ich ein Mann bin, der mit seiner Realität verbunden ist. Du kannst nicht außerhalb der Realität sein. Ich bin ein moderner Mann, das ist heute die einzige
Möglichkeit zu leben. Du musst mit den Dingen um dich herum leben, mit der Realität um dich herum."
Die Darstellung extremer Zustände steht für Bieito aber gar nicht so im Vordergrund, wie immer angenommen wird. Am meisten interessiert ihn die Entwicklung der Charaktere. Das Geschehen auf der Bühne ist für ihn eher ein Mittel zum Zweck - ein Antrieb, um die Darsteller in größere Emotionen zu bringen und somit eine hohe Intensität der Aufführung zu erreichen.
" Was ich in meiner Arbeit eigentlich will, ist die Arbeit der Sänger. Sie arbeiten mit einer anderen Intensität, auf einem anderen Level. Das ist das Interessanteste daran. Nicht, ob sie Sex haben oder so, das gehört dazu, das ist wie ein Film. Das gehört, ich weiß nicht, zu ihrer Realität, zu dem Moment, den wir leben. Was am meisten interessiert, ist die kleine Arbeit, die wir zusammen tun, mit den Sängern - und die Intensität, die Qualität."
Nun erzählt Bieito an der Komischen Oper Berlin seine Version der Geschichte von der armen Geisha Butterfly, die durch eine Mietehe mit einem amerikanischen Leutnant um ihre Träume von Liebe und Freiheit und zuletzt auch noch um ihr Kind gebracht wird.
Hierbei stellt er auf der Suche nach einer Neuinterpretation den modernen Sextourismus sowie den ökonomischen Konflikt zwischen erster und dritter Welt ins Zentrum des Geschehens. Bieito verlegt den Schauplatz der Handlung auf eine Insel mit kubanisch-orientalischem Flair und zeigt eine Welt voller falscher Träume. Träume, die in der westlichen Kultur erzeugt, ja sogar industrialisiert werden und die die Menschen der ärmeren Regionen sehnsuchtsvoll zu adaptieren suchen. Das dies natürlich für alle Beteiligten zum Verhängnis wird, steht laut Bieito schon im Text.
Service:
Die Inszenierung "Madame Butterfly" Calixto Bieito an der Komischen Oper Berlin hat am 25. September 2005 Premiere. Weitere Aufführungen am 30. September, im Oktober, November und Dezember.