Regisseurin Franziska Stünkel über "Nahschuss"
Es wird brenzelig für den Ingenieur Franz Walter (Lars Eidinger): Er gerät in der DDR unter Verdacht. "Nahschuss" entstand nach einer wahren Geschichte. © Alamodefilm
Stasi-Spion in Gewissensnöten
07:08 Minuten
Werner Teske war Hauptmann bei der Stasi. Wegen Spionage und versuchter Fahnenflucht wurde er zum Tode verurteilt. Er war der letzte Mensch, der in der DDR hingerichtet wurde. Der Kinofilm "Nahschuss" mit Lars Eidinger erzählt seine Geschichte.
Am 12. August startet ein Film in den deutschen Kinos, der auf einem wahren Fall beruht: Werner Teske war als Spion für die Stasi tätig, bekam Zweifel und wurde schließlich rechtswidrig wegen angeblich vollendeter Spionage und versuchter Fahnenflucht zum Tode verurteilt. 1981 wurde Teske in der DDR hingerichtet. Franziska Stünkel hat daraus den Film "Nahschuss" gemacht, eine fiktive, aber an den Fall Teske angelehnte Geschichte.
Der letzte Hingerichtete
Der fußballbegeisterte Ingenieur Franz Walter (Lars Eidinger) erhält ein Angebot, das seiner wissenschaftlichen Karriere enormen Auftrieb gibt. Er soll eine Professur bekommen, wenn er im Gegenzug einige Zeit im Dienst der Stasi arbeitet. Mit seinem Kollegen Dirk (Devid Striesow) wird er zu Auslandseinsätzen in die BRD geschickt. Sie sollen dort Informationen beschaffen, die der Mannschaft der DDR bei der kommenden Fußballweltmeisterschaft beste Startbedingungen ermöglichen.
Nach zunächst eifriger und loyaler Mitarbeit wendet sich das Blatt, als Franz durch seine Spionagemethoden für einen Selbstmord mitverantwortlich wird. Er zweifelt an seiner Arbeit, fängt an zu trinken. Schließlich wir er verhaftet, weil er geheime Unterlagen mit nach Hause genommen hat.
Kurz zuvor war ein anderer Stasi-Mitarbeiter in den Westen geflohen. Franz wird zum Tode verurteilt und von hinten erschossen – mit einem Nahschuss, der dem Film den Titel gab. Er war der letzte Verurteilte, der in der DDR hingerichtet wurde.
Täter und Opfer
Regisseurin Franziska Stünkel bleibt in ihrem Film die ganze Zeit nah dran an Franz Walter. War es einfach, jemanden als Opfer in den Mittelpunkt zu rücken, der selbst vielen Menschen Unrecht angetan hat?
Im Vordergrund ihres Interesses habe die Frage von Schuld und Unschuld gestanden, sagt Stünkel. "Ich wollte zeigen, wie komplex es ist, Entscheidungen zu treffen." Was ist eigentlich freie Entscheidung, was nicht?
Witwe lebt im Verborgenen
"‘Nahschuss‘ ist kein didaktischer Film", betont die Regisseurin. "Aber ich fand, das ist eine unglaublich wichtige Fragestellung, um daraus im Nachgang vielleicht auch mitnehmen zu können, dass man eigene Entscheidungen durchaus auch kritisch befragt."
Der Film erzählt unter anderem von den teils detailliert dokumentierten Methoden, die zur Anwendung kamen, um Menschen zu brechen. Vieles davon ist auch in Bezug auf andere Fälle nachlesbar. Die Geschichte von Werner Teske ging nach seinem Tod weiter: Seine Witwe lebte jahrelang versteckt unter anderem Namen, nichts vom "Fall Teske" sollte an die Öffentlichkeit dringen.
Es habe die Überlegung gegeben, auch diesen Teil der Geschichte noch in den Film aufzunehmen, sagt Stünkel. Doch letztlich sei es ihr wichtiger gewesen, vor allem Nähe zur Figur Franz Walter herzustellen.
Das wird durch die Kameraführung unterstrichen: Die Kamera folgt Franz immer dicht, das Mikro fängt seinen Atmen ein. Auf Filmmusik hat Stünkel bewusst verzichtet und sich voll auf die Figur konzentriert: "Als würde ich sein letztes Jahr mit ihm durchs Leben gehen – von Mensch zu Mensch."
(mkn)