Regisseurin Isabel Coixet

„Das Einzige, was ich tun kann, ist Filme machen“

Fotos der spanischen Regisseurin Isabel Coixet (rechts) und der französischen Schauspielerin Juliette Binoche stehen im Berlinale Palast in Berlin auf Kinosesseln.
Fotos der spanischen Regisseurin Isabel Coixet (rechts) und der französischen Schauspielerin Juliette Binoche stehen im Berlinale Palast in Berlin auf Kinosesseln. © dpa / picture alliance / Felix Hörhager
Von Wolfgang Martin Hamdorf |
Der Eröffnungsfilm der Berlinale „Nobody Wants the Night“ erzählt von zwei starken Frauen, die sich auf einer gefährlichen Reise begegnen. Auch die Regisseurin Isabel Coixet scheut keine Risiken, wenn es um ihre Filme geht.
Ein kalter Wind pfeift und zwei Frauen kämpfen sich durchs Polareis auf dem Weg zum Nordpol. In Isabel Coixets neuem Film „Nobody Wants the Night“ geht es um starke Frauen in Extremsituationen. Starke Frauen, durchaus zerbrechlich, aber mit der Kraft, auch zerbrechen zu können.
„Es gibt einige Motive in meinen Filmen, die immer wiederkehren, die mit meinem Menschenbild zu tun haben, der Schmerz und der Verlust. Das ist so ein gemeinsamer Nenner.“
Kosmos starker Gefühle
Die Welt der Isabel Coixet ist ein Kosmos starker Gefühle, manchmal am Rande sentimentaler Bonbonfarben. Melodramen, die Schreckliches erzählen und trotzdem am Ende ein Gefühl der Hoffnung hinterlassen. Wie in „Mein Leben ohne mich“, dem Film, mit dem sie 2003 weltweit bekannt wurde. Eine 23-Jährige erfährt, dass sie Krebs hat und ihr nur noch wenige Monate bleiben. Sie möchte noch vieles nachholen an Liebe und ihren kleinen Töchtern noch so manches mitgeben fürs Leben. In anderen ihrer Filmen haben die Protagonistinnen ein Kind verloren, sind von tödlichen Krankheiten bedroht oder tragen ein tiefes Trauma mit sich.
Isabel Coixet ist eine kräftige Frau mit einem Ponyhaarschnitt und einer modischen Hornbrille. Sie lacht mit ungebremster Heiterkeit, ist selbstironisch, aber auch hektisch und nervös. Auf den ersten Blick wirkt die Regisseurin so ganz anders als die Heldinnen ihrer Filme, aber gemeinsam haben sie wohl die Zähigkeit und die Energie, Lebens- und Filmprojekte durchzuziehen, allen Rückschlägen zum Trotz. Isabel Coixet hat in den USA, in Japan in der nordafrikanischen Wüste und im norwegischen Eis gedreht. Jeweils mit ganz unterschiedlichem Budget. Wenn man eine Geschichte wirklich erzählen will, sagt sie, dann findet man auch die passenden Möglichkeiten:
„Ich bin wie ein Jeep, ich kann auf jedem Gelände fahren. Ich habe Filme gemacht mit Ben Kingsley und Penelope Cruz und einem so aufwendigem Trailer, der ging von hier bis zur Terrasse. Aber ich habe auch Dokumentarfilme gedreht, mit einem Team von zwei Leuten, da haben wir in einem kleinen Zelt auf dem Boden geschlafen und konnten uns zwei Wochen lang nicht duschen, weil es keine Hotels, kein Badezimmer und nicht einmal Wasser gab in der Wüste. Ich glaube, man muss bereit sein, mit allen möglichen Mitteln zu arbeiten.“
„Das einzige, was ich tun kann, ist Filme machen“
Isabel Coixet hat sich durchgeboxt. Mit fünf Jahren erklärt die Tochter eines Stahlarbeiters bereits, sie wolle Filmregisseurin werden. Eine Filmschule hat sie nicht besucht, ihre ersten Filme macht sie sehr früh mit einer Super-8-Kamera. Später arbeitet sie als Journalistin und dreht Werbefilme. Vielleicht erklärt das alles zusammen auch den ganz eigenen Mix ihrer Filme mit melodramatischen Elementen, psychologischen Abgründen und schönen Bildern, die sich mit einem ganz starken sozialen und politischen Engagement verbinden:
„Auf geht's! Wir müssen Risiken eingehen. Es gibt einfach Momente, in denen muss man etwas tun. Und das Einzige, was ich tun kann, ist Filme machen.“
In Spiel- und Dokumentarfilmen hat sie sich mit der Misere ihres krisengeschüttelten Heimatlandes auseinandergesetzt. In ihrem vorletzten Spielfilm „Das Gestern wird niemals enden“ beispielsweise erzählt sie von den schrecklichen Folgen, die die Krise für eine junge Familie gehabt hat.
Die spanische Regisseurin Isabel Coixet
Die spanische Regisseurin Isabel Coixet© dpa / picture alliance / Claudio Onorati
„Das bezieht sich natürlich auf die konkrete Situation, in der wir leben. Du stehst morgens auf mit schrecklichen Nachrichten, dann trinkst du deinen Kaffee in der Bar und im Fernsehen laufen noch schlimmere Nachrichten, im Bus spürst du die Unsicherheit der Menschen und zu Hause erhältst du Anrufe von Freunden, die nach 20 Jahren einfach entlassen werden.“
15 Spiel und Dokumentarfilme hat sie in den letzten 25 Jahren gedreht, Filme über Frauen in extremen Situationen, in extremen Landschaften, anrührende und dramatische Filme aus einer Welt, in der vieles im Argen liegt.
Mehr zum Thema