Christian Spiller: „Der Fluch der Megaclubs: Wie die reichsten Vereine der Welt den Fußball zerstören“
Rowohlt Taschenbuch
272 Seiten, 13 Euro
Wie die reichen Vereine den Fußball dominieren
05:46 Minuten
Real Madrid, Manchester City, Paris Saint-Germain: Es sind meistens die gleichen Clubs, wenn es um große internationale Titel im europäischen Fußball geht. Wie diese den Fußball verändern, hat Christian Spiller untersucht.
Der Traum einer privaten Super League großer europäischer Fußballclubs wie dem FC Barcelona und Juventus Turin scheint vorerst ausgeträumt: Zu groß waren die Widerstände im Fußballverband UEFA und auch bei den Fans.
Machen die reichsten Clubs den Fußball kaputt?
Trotzdem sind immer wieder die gleichen Vereine in den internationalen Wettbewerben und nationalen Ligen erfolgreich, wenn man sich die Zahlen anschaut: Der FC Bayern München hat in diesem Jahr die zehnte Meisterschaft infolge gefeiert. Es gibt heute Kinder, die gar keinen anderen Meister mehr erlebt haben als die Bayern.
Paris Saint-Germain in Frankreich hat in den letzten Jahren sieben Titel geholt und in Spanien wechseln sich Real Madrid und der FC Barcelona immer wieder ab. Darum sind viele Fans gelangweilt.
Was ist an dem Buch so besonders?
Um zu verstehen, warum Vereine wie Paris Saint-Germain oder Real Madrid einen Titel nach dem anderen holen, muss man überlegen, wie der Fußball funktioniert. Im Vergleich zu anderen Sportarten fallen sehr wenig Tore, die das Spiel entscheiden.
Im Buch wird auch Weltmeistertrainer Sepp Herberger zitiert: „Fußball ist deshalb spannend, weil niemand weiß, was passiert.“ Das Problem ist nur, dass die großen Vereine mittlerweile so viel Geld verdient und so viele Weltklassespieler in ihren Reihen haben, dass sie den Zufall fast ausschalten können.
Das Buch nennt auch wissenschaftliche Erkenntnisse. So fanden Forscher der TU München heraus, dass die Topclubs immer höher gegen die schwächeren Teams der Liga gewinnen. Die besten Spieler können sich die Vereine nur noch holen, wenn sie genug finanzielle Mittel haben. Das führt zum Beispiel in der Bundesliga dazu, dass für die Fans der Spaß und die Spannung verloren gehen.
Warum hat der Autor das Buch geschrieben?
Christian Spiller ist seit vielen Jahren Journalist und arbeitet als Ressortleiter für die Sportredaktion von „Zeit Online“. Er hat aber auch BWL studiert. Diese Kombination hat ihm die Grundlage für das Buch gegeben.
Außerdem hat er eine ganz eigene Beziehung zum Fußball – sein Lieblingsverein ist Energie Cottbus. Er ist seit Kindertagen Fan dieses Klubs und hat die Achterbahnfahrt – hinein in die Bundesliga und jetzt wieder zurück in die Regionalliga – erlebt.
Spiller hält die aktuelle Situation für besorgniserregend. Er hat unter anderem mit Fans aus Taiwan und Brasilien gesprochen und ein Interview mit Gerhard Aigner geführt, der als Gründer der heutigen Champions League gilt. Das sind wirklich starke Einblicke, die man bekommt.
Wie sehen die Lösungsvorschläge im Buch aus?
Es gibt ziemlich viele Ideen. In der Champions League verdienen die Vereine das viele Geld vorrangig durch die TV-Einnahmen und sie haben dadurch in der nationalen Liga einen riesigen Vorsprung. Aber einfach den Geldhahn zudrehen geht natürlich nicht.
Die Deutsche Fußball Liga könnte aber nicht mehr so viel TV-Geld an die großen Vereine geben. Aktuell bekommt der Tabellenerste nämlich am meisten. Dadurch wird es für die kleineren Teams immer weniger. In England gibt es dagegen den Schlüssel 1,8 zu 1: Das beste Team bekommt höchstens knapp doppelt so viel wie der Tabellenletzte.
Es könnte aber auch für mehr Spannung sorgen, wenn die Bundesliga den US-amerikanischen Weg probieren würde. Dort gibt es das Draft-System in der NFL. Die schwächsten Teams der Liga dürfen so zuerst aus einer Gruppe an Talenten wählen und die Topteams erst am Ende; die Vereine dürfen zudem nur Spieler tauschen oder vertragslose Spieler holen. So werden die Teams ausgeglichener. Diese Idee ist in Europa wegen des Arbeitsrechts kaum umsetzbar, denn das erlaubt nicht, über den Kopf der Spieler hinweg den neuen Arbeitgeber zu bestimmen.