Wenn Komponisten Märchen erzählen
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In unserer Reihe "Es klang einmal" stellen wir Märchen vor, die Komponisten in Musik umsetzten. Sie taten dies aus gänzlich unterschiedlichen Lebenslagen heraus: Wir erzählen die vielen Geschichten hinter den Geschichten.
Der 26. Februar ist der "Erzähl mir ein Märchen"-Tag. Hinter vielen Märchen stecken unheimliche, fantastische Geschichten, die sich fast immer in einem Happy End auflösen. Komponisten haben sich diesen Stoffen immer wieder zugewandt, mal, um Kinder zu unterhalten, mal das Psychologische in den Geschichten musikalisch auszuleuchten, mal als Ablenkungsmanöver für sich selbst.
Alexander von Zemlinksy schreibt seine große Orchesterdichtung "Die kleine Seejungfrau", nachdem seine große Liebe Alma Schindler ihn verlassen hatte, um Gustav Mahler zu heiraten. Er stürzt sich in die Arbeit und breitet große romantische Wellen für das Publikum aus:
Engelbert Humperdinck hat seine Oper "Hänsel und Gretel" ganz auf Kinder zugeschnitten. Seine Schwester hatte das Märchen für eine Kinderaufführung zu Hause umgeschrieben und bat ihren Bruder um kleine Musiken für die Kinder. Daraus entstand der Plan für eine große Oper, die aber keine böse Stiefmutter bot, sondern eine überforderte Mama, die die Kinder - gerade mal - zum Erdbeerpflücken in den Wald schickt. Der durchschlagende Erfolg des Werks bringt Humperdinck einen Tantiemen-Regen.
Bei Schneewittchen leuchtet Oboist, Dirigent und Komponist Heinz Holliger die ganz dunklen Seiten des Märchens aus.
Die grausame Stiefmutter darf in seiner Oper nicht in den Tod "tanzen", sondern wird auf der offenen Bühne zerrissen - ein Splattermovie im Großformat:
Maurice Ravel ist in Paris als nachtschwärmender Dandy unterwegs. Er gilt als Kauz. Doch wer ihn zu Hause besuchte, traute seinen Augen nicht. Ravel war ein Träumer - ein Fantast, der seine Wohnung voller kleiner Figürchen und Tineff ausstattete. Für Kinder eines Freundes verkomponierte er unter anderem "Der kleine Däumling" auf entzückende Art und Weise:
Ein trauriges Ende hat das Märchen vom Mädchen mit den Schwefelhölzchen. Es stirbt. Doch wie dieser Gang in die Ewigkeit beschrieben wird, ist von großer Poesie. Alles, was sie hat, ist die Wärme der kleinen Flammen.
Helmut Lachenmann hat sein Bühnenwerk mit kalten Klängen ausgestattet, die selbst Prinz Charles verwirrten:
Eines der ältesten Märchen ist wohl Aschenputtel, das in ähnlicher Form schon bei den Ägyptern und Römern erzählt wurde. Der Italiener Gioachino Rossini hat sich den "Heile Welt"-Stoff gegriffen, um dem Römischen Karneval eine schmissige Nummer zu liefern. Die Oper für den Hörgenuss brachte ihm das Kleingeld für seinen ausschweifenden Kochgenuss: