Wollte kein Hofberichterstatter sein
Der junge Radiomacher aus Syrien, Majid Al-Bunni, erzählt davon, warum das Radio in Syrien kein Medium für Senioren ist. Wie ist es, aus dem deutschen Exil für Hörer in Syrien zu arbeiten?
Majid Al-Bunni: "Ich bin Majid Al-Bunni. Ich bin 26 Jahre alt und aus Homs, der Hauptstadt der Revolution! Vor zwei Jahren bin ich aus Syrien weggegangen, nach mein Bachelor für Internationale Beziehungen. Kurz danach fing ich an ehrenamtlich für ein unabhängiges Radio zu arbeiten, das "Baladna" heißt."
Radio Baladna ist eins von mehreren oppositionellen syrischen Radios. Die meisten von ihnen senden aus dem Exil – zum Beispiel aus Istanbul oder – wie Radio Baladna aus Berlin.
Majid Al-Bunni: "Unser Programm bestand aus Interviews mit Menschen in Syrien und der ganzen Welt. Es ging um Sicherheitsfragen, Gesundheitsthemen, es gab Sketche und wir spielten Musik. Ich habe die sarkastische Politiksendung „Fan Al Mumken" vorbereitet und moderiert. Zu Deutsch: „Die Kunst des Möglichen.
Als ich ein Kind war, hat mein Opa abends immer Radio zum Einschlafen gehört. So wichtig ist Radio für die ältere Generation. Seit der Revolution in Syrien, die dann später zum Krieg wurde, brauchen die Leute Zugang zu Informationen und einen Ersatz für's Fernsehen, mangels Strom. Hier kommt das Radio ins Spiel! In Kriegszeiten hören die Leute morgens wieder gern Radio zu ihrem Kaffee, denn dafür braucht man nur zwei Batterien."
Die syrischen Oppositions-Sender sind mittlerweile nicht mehr nur im Internet, sondern auch auf UKW zu empfangen. Damit das möglich wurde, brachte die deutsche non-profit Medienorganisation MICT Sendeanlagen ins Land.
"Radio klingt einfach, wenn man zuhört. Aber das Radiomachen ist sehr schwer und riskant. Am Anfang hatte es die Assad-Regierung auf unsere Arbeit und unser Team abgesehen. Jetzt sind es Extremisten oder politische Parteien. Ganz abgesehen von der Schwierigkeit, dafür zu sorgen, dass unsere FM Transmitter genügend Strom haben, und dass die Zivilisten, die in der Nähe dieser Sendemasten leben, in Sicherheit sind."
Wenn Journalisten zu Medien-Aktivisten werden
Zwischen 2008 und 2010 war Majid Al-Bunni Lokalnachrichtenredakteur für den staatlichen Syrischen Rundfunk.
"Dort war alles vorab festgelegt. Ich habe zwar einiges gelernt, aber wirklich journalistisch arbeiten konnte ich nicht. Meine redaktionelle Tätigkeit war, Amtsträger zu loben. Ich habe gekündigt, als ich den Eindruck hatte, ich hab nichts zum Fernsehen beizutragen.
Viele betrachten uns als Medien-Aktivisten, nicht als Radiojournalisten. Da ist etwas dran, trotzdem finde ich das manchmal unfair. Nicht wegen der Kategorie, sondern wegen der Wichtigkeit. Ein Aktivist kämpft für eine Sache. Ein Journalist bringt Fakten und erzählt Geschichten. Aber was, wen wir beides tun? Was, wenn wir zwar keine Fakten haben, aber die Geschichte trotzdem erzählt werden muss? Etwas ist besser als nichts, finde ich. Und deswegen gibt es Menschen, die bereit sind zu sterben, um eine Geschichte zu bringen."
Nur viereinhalb Monaten nach seinem Asylantrag bekam Majid Al-Bunni seine Aufenthaltspapiere. Von so einem schnellen Verfahren können andere Flüchtlinge meist nur träumen. Und: Anders als viele seiner Kollegen im Exil kann er hier weiter journalistisch arbeiten. Als Redakteur bei MICT für das syrische Radionetzwerk Syrnet.
"Ich bin einer der Glücklichen. Ich kam mit einem Arbeitsvertrag nach Deutschland – während tausende andere Tausende von Euros bezahlen, um deutschen Boden zu erreichen. Jeden Tag bin ich in Kontakt mit Kollegen und Aktivisten in Syrien, die mich ständig, bitten sie irgendwie hierherzubringen. Leider kann ich das nicht. Aber ich versuche sie anders zu unterstützen.
Deutschland hat mir eine Grundlage dafür gegeben, mich gedanklich und beruflich weiterzuentwickeln. Aber es kann noch mehr getan werden, besonders was die Zusammenarbeit von Deutschen und Syrern angeht. Dafür will ich mein Bestes geben.
Ich wünsche mir, dass meine syrischen Kollegen eines Tages behandelt werden wie internationale Journalisten, deren Tod von der ganze Welt verurteilt wird. Viele [meiner Kollegen] sterben jeden Monat. Und es tut mir im Herzen weh, dass niemand sie auch nur erwähnt. Für mich sind sie Helden."
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