Reinste Hightech

Von Stephanie Kowalewski |
Ohne Mikrochips kommt heutzutage keine Digitalkamera, kein Computer und kein Automotor mehr aus. Aber damit die kleinen Alleskönner richtig funktionieren, muss ihre Produktion unter reinsten Bedingungen stattfinden. - Ein Besuch im Fraunhofer Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme in Duisburg.
Die winzigen Chips sind quasi das Gehirn eines jeden elektronischen Gerätes. Und dabei bestehen sie hauptsächlich aus - Sand. Genauer gesagt aus Quarzsand, auch Silizium genannt. Alles beginnt mit einem sogenannten Wafer, sagt Klaus Debusmann, leitender Prozessingenieur beim Duisburger Fraunhofer Institut.

"Ein Wafer ist eine runde Siliziumscheibe, die bei uns einen Durchmesser von 200 Millimeter hat und eine Dicke von 0,7 Millimetern.
Die besteht aus einkristalinem Silizium, das ist ein hochreines Material, was wir als Rohstoff oder als Halbzeug, wie man sagt, einfach zukaufen von einem Waferhersteller."

So ein hochreiner Wafer hat eine spiegelnde und eine etwas mattere Seite, kostet etwa 100 Euro und ist äußerst empfindlich.

"Also Wafer anfassen ist absolut nicht möglich. Auch nicht mit einem Handschuh, sondern der wird nur von irgendwelchen Maschinen transportiert, weil jeder Handschuh ist noch viel zu dreckig von außen. Und die Gefahr, dass das kontaminiert, ist viel zu groß."

Auf diesen empfindlichen Wafer werden nun in hunderten Arbeitsschritten winzige Schaltungen aufgebracht, jede einzelne mit zig Transistoren und Verbindungsleitungen. Bei einer so extremen Miniaturisierung kann ein einziges Staubkörnchen gewaltige Folgen haben, weiß Klaus Debusmann.

"Sie müssen sich die Verbindungsleitungen so vorstellen, die sind eben auch nur ein tausendstel Millimeter oder noch kleiner. Wenn auf so einer Verbindungsleitung jetzt ein Partikel liegt, der zwei oder dreimal so groß ist, dann krieg ich die Verbindungsleitung da nicht mehr hin. Das muss man sich vorstellen, wie ein Felsbrocken, der auf der Straße liegt. Da kann dann auch keiner mehr lang fahren."

Deshalb ist sauber bei der Chipherstellung nicht genug. Rein muss es sein. Und zwar alles. Auch die Luft in den in der Fertigungshalle und in den computergesteuerten Maschinen, die die Wafer von einer Arbeitsstation zur nächsten transportieren. Schon in der Schleuse am Eingang der Halle tanzt kaum ein Staubkorn im Sonnenlicht.

"Wir reden hier von Reinheitsstufe Klasse 1000, das heißt, wir haben weniger als 1000 Partikel in 30 Liter Luft, die größer als 0,3 Mykrometer sind. 0,3 Mykrometer ist extrem klein, ein menschliches Haar hat 100 Mykrometer als Durchmesser."

1000 Partikel in 30 Liter Luft. Die normale Außenluft bringt es auf bis zu einer Millionen solcher Partikel in der gleichen Luftmenge.

"Die Luftqualität innerhalb des Reinraumes ist dann noch mal um zwei Größenordnungen besser, das heißt, da sind maximal zehn Partikel pro 30 Liter Luft erlaubt. Da ist es dann extrem sauber."

Damit das so bleibt, müssen sich die Mitarbeiter verkleiden, wie es in der Fachsprache heißt. In ihrer Kluft erinnern sie ein bisschen an Imker oder auch Astronauten.

"Das heißt, sie haben den Mund geschützt, sie haben die Haare geschützt, sie tragen einen Overall der den ganzen Körper bedeckt, spezielle Schuhe und auch Handschuhe, so dass also wirklich nur noch die Augen aus dem eigentlichen Anzug rausgucken."

So verpackt arbeiten im Duisburger Fraunhofer Institut 70 Mitarbeiter in vier Schichten rund um die Uhr im Reinraum. Nach Vorgabe der Chipdesigner tragen sie hauchdünn verschiedene Materialien auf die Wafer, ätzen sie an genau festgelegten Stellen wieder weg, bringen andere Chemikalien auf und entfernen sie an bestimmten Punkten wieder. Dazwischen wird immer wieder gemessen, gereinigt und wieder gemessen. So entsteht Schicht für Schicht ein Mikrochip.

"Es gibt bis zu 20 oder 30 verschiedene Ebenen, die man nacheinander erzeugen muss, bis die Schaltung nachher fertig ist und dieser Aufbau kann aus bis zu 500 einzelnen Bearbeitungsschritten bestehen."

In Duisburg werden so täglich etwa 50 Wafer zu Halbleiterchips. Große Chiphersteller wie Intel oder AMD, bringen es auf bis zu 1000 Wafer pro Tag. Und jede einzelne dieser Siliziumscheiben kann mit bis zu 10.000 Chips bestückt sein, sagt Martin von Ackeren vom Fraunhofer Institut:

"Nachdem die Waver jetzt fertig gestellt sind im Reinraum, wissen wir noch nicht sicher, ob alle Chips auf diesem Wafer funktionieren. Man muss sich das so ähnlich vorstellen wie bei einem Auto, das jetzt komplett fertig ist, das aber noch keinen Meter gefahren ist."

Vom Reinraum gelangen die Wafer dann ins Testlabor. Hunderte nadelartige winzige Messköpfe prüfen die Kontaktpunkte der Chips und messen elektronische Signale, erklärt Martin von Ackeren.

"Dieser Test läuft voll Computergesteuert. Man hat die Wafer in entsprechenden Behältern und die werden dann mit einem kleinen Roboterarm dareingefahren und dann werden diese Nadeldruckkarten kontaktiert. Der Test läuft ein paar Sekunden und dann gibt es dann nachher wie eine Landkarte wo dann drauf steht, der siebte von oben und der dritte von rechts, der tut's nicht. Und nur diese Guten, die werden dann nachher darunter gepickt."

Mit einer computergesteuerten Säge wird die Siliziumscheibe dann in die einzelnen, teilweise nur wenige Millimeter großen Chips zerteilt, die dann auf den Platinen montiert werden. Mit einer Art Nähmaschine werden sehr feine Golddrähte aufgebracht. Sie sind die elektrische Verbindung zwischen Platine und Chip.

"Und das war's dann wirklich von uns."

So montiert landen die winzigen Chips dann schließlich in Digitalkameras, Computern oder Automotoren. Dort sorgen sie für brillante Urlaubsfotos, sauber getippte Briefe und sicheres Einparken.