Reise durch ein verunsichertes Land
Was ist zu Beginn des 21. Jahrhundertes eigentlich aus dem amerikanischen Traum geworden? Mit dieser Frage im Gepäck bereist der niederländische Schriftsteller Geert Mak die USA. Das literarische Ergebnis ist ein packendes Psychogramm eines verunsicherten Landes.
Im Herbst 1960 unternahm der Schriftsteller John Steinbeck eine Reportagereise quer durch die USA. Seine größten literarischen Erfolge hatte der Chronist der Great Depression da bereits hinter sich, der Nobelpreis lag noch vor ihm. Er wollte "dieses monströse Land”, wie er es einmal nannte, und seine Bewohner noch einmal neu kennenlernen und den Veränderungen seiner Heimat in den wachstumssatten Nachkriegsjahren nachspüren.
Nur begleitet von seinem Pudel Charley reiste Steinbeck fast drei Monate in einem zum Wohnmobil ausgebauten Kleinlaster von Sag Harbor bei New York bis an die Westküste und zurück. Abseits der neuen Highways und der großen Metropolen suchte er in den Kleinstädten und in der Begegnung mit den "einfachen Leuten” das wahre Amerika. Daraus entstand der heiter-melancholische Bericht "Die Reise mit Charley", der prompt ein Bestseller wurde.
Exakt ein halbes Jahrhundert später begibt sich der niederländische Schriftsteller Geert Mak auf Steinbecks Spuren erneut auf die Suche nach dem "Land der unbegrenzten Möglichkeiten”, im Gepäck die gleiche Frage: "Was ist in den zurückliegenden Jahrzehnten mit diesem ‘monströsen Land’ geschehen?” Die Selbstgewissheit, die Anfang der 60er zumindest an der gesellschaftlichen Oberfläche herrschte, ist zu Beginn des 21. Jahrhunderts einer tiefen Verunsicherung gewichen. Das "amerikanische Jahrhundert” ist vorbei: Terroranschläge, zwei Kriege und eine tiefgreifende Finanz- und Wirtschaftskrise haben das Selbstvertrauen der Amerikaner nachhaltig erschüttert. Die wachsende soziale Spaltung lässt den amerikanischen Traum, dass es hier jeder schaffen könne, zunehmend als zynische Illusion erscheinen.
Nur begleitet von seinem Pudel Charley reiste Steinbeck fast drei Monate in einem zum Wohnmobil ausgebauten Kleinlaster von Sag Harbor bei New York bis an die Westküste und zurück. Abseits der neuen Highways und der großen Metropolen suchte er in den Kleinstädten und in der Begegnung mit den "einfachen Leuten” das wahre Amerika. Daraus entstand der heiter-melancholische Bericht "Die Reise mit Charley", der prompt ein Bestseller wurde.
Exakt ein halbes Jahrhundert später begibt sich der niederländische Schriftsteller Geert Mak auf Steinbecks Spuren erneut auf die Suche nach dem "Land der unbegrenzten Möglichkeiten”, im Gepäck die gleiche Frage: "Was ist in den zurückliegenden Jahrzehnten mit diesem ‘monströsen Land’ geschehen?” Die Selbstgewissheit, die Anfang der 60er zumindest an der gesellschaftlichen Oberfläche herrschte, ist zu Beginn des 21. Jahrhunderts einer tiefen Verunsicherung gewichen. Das "amerikanische Jahrhundert” ist vorbei: Terroranschläge, zwei Kriege und eine tiefgreifende Finanz- und Wirtschaftskrise haben das Selbstvertrauen der Amerikaner nachhaltig erschüttert. Die wachsende soziale Spaltung lässt den amerikanischen Traum, dass es hier jeder schaffen könne, zunehmend als zynische Illusion erscheinen.
Ausufernd, einfühlsam, mitreißend
Geschickt verwebt Mak den roten Faden von Steinbecks Route mit einer Vielzahl von historischen Exkursen, soziologischen Analysen, biografischen Skizzen und persönlichen Anekdoten zu einem dichten Panorama der großen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungslinien der USA. Er redet mit verarmten Kartoffelfarmern in Maine, erzählt vom Aufstieg und Niedergang der Autostadt Detroit, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit ihren Arbeitsplätzen sozialer Aufstiegsmotor für zugewanderte Schwarze aus dem Süden war, und berichtet von Wut und Wiederaufbauwillen der Bewohner des von Hurrikan Katrina zerstörten New Orleans.
Mak hat auf seiner Reise nicht nur viel erlebt, sondern auch beeindruckend viel Material durchforstet. Steinbeck ist nicht sein einziger Gewährsmann, ebenso ausführlich greift er auf Reiseberichte berühmter Vorgänger wie Alexis de Tocqueville, Ernie Pyle und dessen Journalistenkollegen John Gunther zurück. Weitere Details liefern ihm die Lokalpresse, Studien namhafter Historiker, Politologen und Soziologen sowie statistische Daten zur sozialen Lage der Amerikaner.
So ist Maks stellenweise ausuferndes Buch gleich dreierlei: einfühlsames Portrait von John Steinbeck, mitreißende Reisereportage und ebenso differenziertes wie scharf gezeichnetes, von vielen Fakten untermauertes Psychogramm der USA. Zusammengenommen ergibt das eine wunderbar erzählte Einführung in Geschichte und Gegenwart dieser ewig jungen, unfertigen Nation und ihrer so widersprüchlichen Mentalität.
Besprochen von Philipp Albers
Mak hat auf seiner Reise nicht nur viel erlebt, sondern auch beeindruckend viel Material durchforstet. Steinbeck ist nicht sein einziger Gewährsmann, ebenso ausführlich greift er auf Reiseberichte berühmter Vorgänger wie Alexis de Tocqueville, Ernie Pyle und dessen Journalistenkollegen John Gunther zurück. Weitere Details liefern ihm die Lokalpresse, Studien namhafter Historiker, Politologen und Soziologen sowie statistische Daten zur sozialen Lage der Amerikaner.
So ist Maks stellenweise ausuferndes Buch gleich dreierlei: einfühlsames Portrait von John Steinbeck, mitreißende Reisereportage und ebenso differenziertes wie scharf gezeichnetes, von vielen Fakten untermauertes Psychogramm der USA. Zusammengenommen ergibt das eine wunderbar erzählte Einführung in Geschichte und Gegenwart dieser ewig jungen, unfertigen Nation und ihrer so widersprüchlichen Mentalität.
Besprochen von Philipp Albers
Geert Mak, Amerika
Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten
Aus dem Niederländischen von Andreas Ecke und Gregor Seferens
Siedler Verlag, München 2013
624 Seiten, 34,99 Euro
Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten
Aus dem Niederländischen von Andreas Ecke und Gregor Seferens
Siedler Verlag, München 2013
624 Seiten, 34,99 Euro