Reise in die Goethezeit

Fischgestank beim Adelsball

Der Berliner Schriftsteller Bruno Preisendörfer
Der Berliner Schriftsteller Bruno Preisendörfer © Deutschlandradio / Oranus Mahmoodi
Bruno Preisendörfer im Gespräch mit Joachim Scholl |
Trug Goethe Unterhosen? Wie reiste man um 1800 von Weimar nach Berlin? Und wie roch es in den Häusern der Bürger? Bruno Preisedörfer hat über solche und andere Überlegungen zur Goethe-Zeit ein kurzweiliges Sachbuch geschrieben. Die Recherche sei spannend, aber äußerst mühsam gewesen, sagt der Autor.
Hatte er oder hatte er nicht? Es gibt wohl ein paar Hinweise, aber eine klare Antwort auf die Frage, ob Johann Wolfgang von Goethe Unterhosen trug oder aber seinen Popo unter den Beinkleidern blank trug, hat Bruno Preisendörfer nicht gefunden. In seinem Buch "Als Deutschland noch nicht Deutschland war. Reise in die Goethezeit" überlässt er es der Fantasie der Leser, sich den Dichterfürsten im Alltagsgewand vorzustellen.
Ansonsten aber spart Preisendörfer nicht mit Details, hat für sein Buch akribisch in Nachschlagewerken und Archiven recherchiert. Er hat sein Buch wie aus der Sicht eines Reisenden geschrieben und entwirft ein buntes Bild der Goethezeit zwischen 1750 und 1830. Wie lebten die Menschen damals, wovon träumten sie? Womit bezahlten sie? Wie viele Grenzen musste man passieren, wenn man von Weimar nach Berlin reiste - und wie viele verschiedene Währungen musste man im Reisegepäck dabei haben, um unterwegs im Wirtshaus seine Zeche bezahlen zu können?
Eine Büste des Dichters Johann Wolfgang von Goethe
Was Sie vielleicht immer schon wissen wollten, sich aber nie zu fragen trauten: Trug Goethe Unterhosen? Hier eine Büste des Dichterfürsten.© dpa / picture alliance / Uwe Zucchi
Und: Wie roch es eigentlich in den Städten, in den Häusern? "Ziemlich fischig", sagt Preisedörfer. Denn: Um Kosten zu sparen – "Wachskerzen waren damals wahnsinnig teuer" – verwendete man für die Lampen den billigen Wal- oder Fischtran. Und der müffelte. "Es gibt da Zeugnisse, wo jemand sich beschwert über immerhin einen Adelsball, wo der ganze Prachtsaal dann eben 'gefischelt' hat."
Darüber hinaus informiert Preisendörfer den interessierten Leser auch über das Jahreseinkommen berühmter Zeitgenossen wie Immanuel Kant, enthüllt, dass der junge Goethe ein finanziell offenbar wohl ausstaffierter Luxusstudent war und beschreibt, welchem Kutscher man wie viel Schmiergeld zahlen musste, um in der Kutsche nicht allzu brutal durchgeschüttelt zu werden.
Redakteur Joachim Scholl (links) mit Bruno Preisendörfer
Redakteur Joachim Scholl (links) mit Bruno Preisendörfer© Deutschlandradio / Oranus Mahmoodi

Bruno Preisendörfer: "Als Deutschland noch nicht Deutschland war. Reise in die Goethezeit"
Verlag Galiani, Berlin 2015
528 Seiten, 24,99 Euro

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