Reise ins Ungewisse
"The Turn of the Screw" ist unter Benjamin Brittens Bühnenwerken in vieler Hinsicht das rätselhafteste - was schon mit dem im Wortsinne verschraubten Titel beginnt, der freilich von Henry James‘ zu Grunde liegender Novelle übernommen ist. Für viele Freunde des britischen Komponisten, dessen 100. Geburtstag die Musikwelt im kommenden Monat begeht, ist es aber auch das faszinierendste.
Das liegt besonders an den psychoanalytischen Tiefen und Untiefen der Handlung, bei der sich Geistererscheinungen, verstohlene pädophile Gelüste und die allgemein morbide Atmosphäre des spätviktorianischen England zu einem ebenso seltsamen wie verführerischen Gebräu verbinden. Brittens ebenso leise unheimliche wie lyrisch berückende, gleichsam mit changierenden Aquarellfarben malende Musik findet dafür die adäquate Tonlage. Autor Jürgen Otten greift für die Sendung ausschließlich auf englische Originalaufnahmen zurück – geleitet unter anderem von Daniel Harding, Colin Davis und dem Komponisten selbst; das entspricht nicht nur der aktuellen Editionslage, sondern gibt auch Gelegenheit, jenen Feinheiten von Brittens Sprachbehandlung, aus der er seine durchweg zwielichtigen Charaktere formt, besonders detailliert nachzugehen.