Reise nach Malta

Bundespräsident Gauck besucht Flüchtlingslager

Bundespräsident Joachim Gauck spricht mit einem Flüchtling auf Malta.
Bundespräsident Joachim Gauck spricht mit einem Flüchtling auf Malta. © dpa / picture-alliance / Rainer Jensen
Von Burkhard Birke |
Flüchtlinge, die auf Malta sind, wollen in der Regel nichts wie weg. Sie werden unter prekären Bedingungen untergebracht, Integrationsangebote gibt es kaum. Bundespräsident Joachim Gauck hat die Menschen, die meist auf Afrika geflohen sind, besucht.
"Mit den Verbesserungsvorschlägen halte ich mich zurück."
Und auch Zensuren wollte Bundespräsident Joachim Gauck nicht verteilen. Dabei war dem Bundespräsidenten beim Besuch in Marsa anzumerken, dass ihm Maltas restriktive und die EU-Flüchtlingspolitik generell wenig behagt und er nach Abhilfe sucht.
"Hier in diesem Lager, das ein offenes Lager ist, sind mir Menschen begegnet, einige werden nicht als Asylanten als politische Flüchtlinge anerkannt werden, weil sie aus Ländern kommen, wo kein Bürgerkrieg herrscht. Das stellt uns dann die Frage: Wollen wir die alle zurückschicken oder brauchen wir die nicht trotzdem?"
Ein Plädoyer für gezielte Zuwanderung! In Malta haben die wenigsten eine Chance. Nomen ist eben nicht Omen: Denn Malta stammt aus dem Phoenizischen und bedeutet eigentlich Zufluchtsort. Gerade mal 90 Personen sind dieses Jahr in Malta angestrandet. Sie wurden in einem detention camp interniert, bleiben dort bis zu 18 Monate zur Überprüfung. Bis vor kurzem galt das selbst für Minderjährige und Schwangere. Eine Stunde Freigang am Tag, keine Kommunikation nach außen, in Handschellen zum Arzt, berichtet Hafsa Abdurahman.
Auch in den offenen Lagern nach Anerkennung oder Duldung leben die Flüchtlinge zusammengepfercht in Containern unter prekären sanitären Bedingungen, so die junge Somalierin. Wo ist meine zweite Chance, sagt sie unter Tränen. Vier Jahre nach der Flucht, nach Misshandlungen und Entbehrungen?
"Wir brauchen Papiere, die Malteser mögen Schwarze nicht, sie sind Rassisten."
Auf Malta gibt es keine Integrationspolitik
Dieser junge Malier ist vor dem Krieg geflohen, hat seine ganze Familie verloren und will nichts wie weg aus Malta, aus der Misere des Containerlagers.
Das hat man dem Bundespräsidenten natürlich nicht gezeigt. In Marsa war die Welt äußerlich halbwegs in Ordnung: Die Verzweifelung stand auch dort den Menschen jedoch in die Gesichter geschrieben. Ein Balanceakt für den Präsidenten zwischen Betroffenheit und Verständnis für das kleine offensichtlich überforderte Malta.
"Wir sind schon solidarisch, ich freue mich drüber, aber insgesamt können wir in Europa sicher mehr tun, und wir müssen uns insgesamt über die einzelnen Schritte verständigen."
Quotenregelung, Auflockerung der Dublin-II-Bestimmungen, sprich Bewegungsfreiheit für Flüchtlinge fallen immer wieder als Stichworte auch beim Gespräch mit Vertretern von Hilfsorganisationen. Derzeit gibt es keine Integrationspolitik auf Malta. Das bedeutet, die Nation sieht Migranten auf der Durchreise. Beklagt Neil Falzon von der Hilfsorganisation Aditus. Eine drastische Verringerung der Internierungszeit, fordert Pater Mark John Cachia vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst.
Bei allem Verständnis wollte oder konnte Präsident Gauck sich solchen Forderungen formell nicht anschließen, mahnte aber mehr Solidarität und generell ein Umdenken, eine Willkommenskultur an, für die er in Deutschland durchaus Ansätze zu erkennen glaubt.
"Vor 20 Jahren konnte man noch mit einer gepflegten Fremdenfeindlichkeit in den Wahlkampf ziehen und dann hoffen, dass es Erfolg bringt. Das würde heute keine Partei mehr machen außer derer, die nicht drin sind im Deutschen Bundestag."
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