Reisen auf jüdischen Spuren
Jüdisch ist trendy. Mittlerweile kann man – nicht nur zur Ferienzeit - auch jüdisch reisen. Darunter gibt es auch Touren, die auf Begegnungen und Abenteuer setzen. Als Pionier auf diesem Gebiet gilt die Schweizer Reiseagentur "Jewish Culture Tours".
Am Anfang stand eine misslungene Tour. Raymond Guggenheim, ein Schweizer Finanz-Controller, nahm vor 12 Jahren an einer Fahrt nach Berlin teil. An einer "jüdischen Reise" – veranstaltet von der Jüdischen Kultusgemeinde Zürich. Doch Guggenheim, der selbst Jude ist, wurde enttäuscht:
"Das war nicht gut, man hat wenig gesehen vom Jüdischen Berlin. Und ich dachte mir, wenn dennoch 42 Leute an einer solchen Reise teilnehmen, und begeistert waren anschließend von dieser Reise, kann ich das besser machen."
Der damals 50-Jährige, der sich sowieso beruflich verändern wollte, gründete also eine eigene Reise-Agentur: Jewish Culture Tours. Sein Konzept: Wenig gewöhnliches Sightseeing - dafür viele Begegnungen mit Menschen vor Ort. Die Gesprächspartner lernte der Schweizer vorab kennen, bei eigenen Recherche-Reisen. In Marokko etwa stieß er auf einen besonderen Sammler:
"Ist ein Moslem, ein Architekt, ein Spezialist für Moscheen-Kuppelbauten. Und zwar einer der besten scheinbar in der Welt. Der hat eine Judaica-Sammlung – etwas Sensationelles. Und das war einfach seine private Sammlung, nicht öffentlich. Da sind Kleider drin, Musikinstrumente, Bücher, Schmuck. Und ich bin jedes Mal, wenn ich mit Gruppen in Marokko war, haben wir dieses Haus besucht, wir haben dort zu essen bekommen und er hat uns alles erzählt. Etwas absolut Fantastisches!"
Guggenheims Firma in der Nähe von Zürich bietet heute Studienreisen in alle Erdteile an. Von Polen über Indien bis Südamerika ist alles dabei. Auf dem Programm stehen sephardische Synagogen in Nordafrika genau so wie Schabbat-Essen in der Ukraine. Jüdische Exotik gibt’s auch in Uganda:
"Da gibt es übrigens die schwarzen Juden. Das ist etwas, was kein Mensch weiß. Wenn er mit mir auf die Reise kommt, sieht er kohlrabenschwarze Juden – in Uganda oder in Simbabwe."
Guggenheims Studienreisen sind anspruchsvoll. Mitunter sind die Begegnungen auch anstrengend, belastend. Wie in den Karpaten. Dort wurde der Reise-Unternehmer einmal unverhofft mit dem Holocaust konfrontiert. Und zwar bei einer ganz gewöhnlichen Berg-Wanderung:
"Da kommt ein uralter Mann den Berg hinauf mit einem Stock. Da sagt er: Wissen Sie, als ganz kleiner Bube, da habe ich hier auf der Wiese Kühe gehütet. Und plötzlich sehe ich auf der anderen Seite der Wiese Leute kommen, Hunderte von Leuten, bewacht nur von ein paar Soldaten. Und ich sehe, wie diese Leute erschossen wurden. Das hat er miterlebt. Und als er uns das erzählt, bekommt er einen Herzinfarkt. Das hat ihn so aufgeregt. Wir haben ihn sofort runter geholt, getragen, er hat überlebt. Der hatte wirklich eine Herzkrise. Diesen Mann haben wir immer wieder besucht mit den Gruppen, als wir in den Karpaten waren. Das sind solche Geschichten."
Raymond Guggenheim setzt auf kleine Reisegruppen mit 15 bis 20 Teilnehmern. Seine Kundschaft stammt aus aller Welt und ist zu 60 bis 70 Prozent nichtjüdisch:
"Mich hat so ein bisschen das Judentum interessiert, einfach interessehalber. Die einen interessieren sich für Briefmarken und die anderen für die römische Zeit oder die ägyptische Zeit. Und ich habe gedacht: Ach, buddelst du da mal nach!"
Gisela Neumann ist Atheistin, die 64-Jährige findet aber jüdische Kultur und Philosophie hoch spannend – und buchte deshalb bei dem Schweizer verschiedene Reisen. So erlebte sie etwa in Israel hautnah Rabbiner, die über Religionsgesetze stritten:
"Wenn Rabbiner Diskussionen anstiften, das ist einfach unglaublich! Also, da geht die Post ab!"
Erinnert sich die Berlinerin begeistert:
"Es geht um koscher Rauchen – raucht man am Schabbat oder nicht. Macht man das elektrische Licht an – und alle diese Erklärungen und dieses … Wird so ein Gesetz einfach auseinander klamüsert, das Für und Wider und so weiter. Und das ist einfach das Interessante!"
Die aufwendig organisierten Studien-Touren kosten ab 1600 Euro aufwärts, sind aber keine Luxusreisen. Dennoch hat Jewish Culture Tours mittlerweile zahlreiche Stammkunden. Guggenheim weiß: Für viele Teilnehmer ist die Reisegruppe selbst das größte Abenteuer:
"Vielfach wird gesagt: Es ist die einzige Möglichkeit, zusammen mit jüdischen Menschen zu sein – eine Woche, zwei Wochen, drei Wochen – mit ihnen zu essen, zu sprechen, zu schlafen, zu diskutieren. Weil sonst haben diese nichtjüdischen Menschen keine Möglichkeit. Und das schätzen die Leute sehr."
Der Schweizer hat mittlerweile Konkurrenz bekommen: So wirbt jetzt auch eine Berliner Agentur mit einem ähnlichen jüdischen Reiseprofil. Der Unternehmer ist überzeugt, dass sein Erfolgs-Rezept einfach kopiert wurde.
"Das war nicht gut, man hat wenig gesehen vom Jüdischen Berlin. Und ich dachte mir, wenn dennoch 42 Leute an einer solchen Reise teilnehmen, und begeistert waren anschließend von dieser Reise, kann ich das besser machen."
Der damals 50-Jährige, der sich sowieso beruflich verändern wollte, gründete also eine eigene Reise-Agentur: Jewish Culture Tours. Sein Konzept: Wenig gewöhnliches Sightseeing - dafür viele Begegnungen mit Menschen vor Ort. Die Gesprächspartner lernte der Schweizer vorab kennen, bei eigenen Recherche-Reisen. In Marokko etwa stieß er auf einen besonderen Sammler:
"Ist ein Moslem, ein Architekt, ein Spezialist für Moscheen-Kuppelbauten. Und zwar einer der besten scheinbar in der Welt. Der hat eine Judaica-Sammlung – etwas Sensationelles. Und das war einfach seine private Sammlung, nicht öffentlich. Da sind Kleider drin, Musikinstrumente, Bücher, Schmuck. Und ich bin jedes Mal, wenn ich mit Gruppen in Marokko war, haben wir dieses Haus besucht, wir haben dort zu essen bekommen und er hat uns alles erzählt. Etwas absolut Fantastisches!"
Guggenheims Firma in der Nähe von Zürich bietet heute Studienreisen in alle Erdteile an. Von Polen über Indien bis Südamerika ist alles dabei. Auf dem Programm stehen sephardische Synagogen in Nordafrika genau so wie Schabbat-Essen in der Ukraine. Jüdische Exotik gibt’s auch in Uganda:
"Da gibt es übrigens die schwarzen Juden. Das ist etwas, was kein Mensch weiß. Wenn er mit mir auf die Reise kommt, sieht er kohlrabenschwarze Juden – in Uganda oder in Simbabwe."
Guggenheims Studienreisen sind anspruchsvoll. Mitunter sind die Begegnungen auch anstrengend, belastend. Wie in den Karpaten. Dort wurde der Reise-Unternehmer einmal unverhofft mit dem Holocaust konfrontiert. Und zwar bei einer ganz gewöhnlichen Berg-Wanderung:
"Da kommt ein uralter Mann den Berg hinauf mit einem Stock. Da sagt er: Wissen Sie, als ganz kleiner Bube, da habe ich hier auf der Wiese Kühe gehütet. Und plötzlich sehe ich auf der anderen Seite der Wiese Leute kommen, Hunderte von Leuten, bewacht nur von ein paar Soldaten. Und ich sehe, wie diese Leute erschossen wurden. Das hat er miterlebt. Und als er uns das erzählt, bekommt er einen Herzinfarkt. Das hat ihn so aufgeregt. Wir haben ihn sofort runter geholt, getragen, er hat überlebt. Der hatte wirklich eine Herzkrise. Diesen Mann haben wir immer wieder besucht mit den Gruppen, als wir in den Karpaten waren. Das sind solche Geschichten."
Raymond Guggenheim setzt auf kleine Reisegruppen mit 15 bis 20 Teilnehmern. Seine Kundschaft stammt aus aller Welt und ist zu 60 bis 70 Prozent nichtjüdisch:
"Mich hat so ein bisschen das Judentum interessiert, einfach interessehalber. Die einen interessieren sich für Briefmarken und die anderen für die römische Zeit oder die ägyptische Zeit. Und ich habe gedacht: Ach, buddelst du da mal nach!"
Gisela Neumann ist Atheistin, die 64-Jährige findet aber jüdische Kultur und Philosophie hoch spannend – und buchte deshalb bei dem Schweizer verschiedene Reisen. So erlebte sie etwa in Israel hautnah Rabbiner, die über Religionsgesetze stritten:
"Wenn Rabbiner Diskussionen anstiften, das ist einfach unglaublich! Also, da geht die Post ab!"
Erinnert sich die Berlinerin begeistert:
"Es geht um koscher Rauchen – raucht man am Schabbat oder nicht. Macht man das elektrische Licht an – und alle diese Erklärungen und dieses … Wird so ein Gesetz einfach auseinander klamüsert, das Für und Wider und so weiter. Und das ist einfach das Interessante!"
Die aufwendig organisierten Studien-Touren kosten ab 1600 Euro aufwärts, sind aber keine Luxusreisen. Dennoch hat Jewish Culture Tours mittlerweile zahlreiche Stammkunden. Guggenheim weiß: Für viele Teilnehmer ist die Reisegruppe selbst das größte Abenteuer:
"Vielfach wird gesagt: Es ist die einzige Möglichkeit, zusammen mit jüdischen Menschen zu sein – eine Woche, zwei Wochen, drei Wochen – mit ihnen zu essen, zu sprechen, zu schlafen, zu diskutieren. Weil sonst haben diese nichtjüdischen Menschen keine Möglichkeit. Und das schätzen die Leute sehr."
Der Schweizer hat mittlerweile Konkurrenz bekommen: So wirbt jetzt auch eine Berliner Agentur mit einem ähnlichen jüdischen Reiseprofil. Der Unternehmer ist überzeugt, dass sein Erfolgs-Rezept einfach kopiert wurde.