Reisen trotz Corona

Tourismus muss kein Pandemietreiber sein

06:16 Minuten
Bild eines fast komplett leeren Strands mit Blick aufs Meer: Nur zwei Menschen liegen auf ihren Strandliegen unter einem Sonnenschirm.
Entspannen, aber eben am menschenleeren Strand: So könnte pandemiekonformes Reisen aussehen. (Symbolbild) © Sven Scheuermeier / Unsplash.com
Ein Kommentar von Dieter Nürnberger |
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Ist es okay, mitten in der Pandemie seinem Fernweh nachzugeben und die Koffer zu packen? Ja, findet Dieter Nürnberger: Wenn man sich im Urlaub genauso wie zu Hause an die Hygieneregeln halte, seien die Risiken vertretbar.
Ich gebe zu, ich sitze längst auf gepackten Koffern und warte. Soll heißen, wenn Reisen einigermaßen wieder möglich ist, werde ich losdüsen. Fast schon zweitrangig das Ziel – Hauptsache Tapetenwechsel, viel Licht und Wärme wären prima, aber auch schon eine Woche mit wolkenverhangenen Strandspaziergängen würde mir guttun.
Ich bin ein Reisefreak – vier Wochen Fernreise im Jahr gehörten vor Corona bei mir stets dazu. Mein persönlicher Luxus, das habe ich mir anderswo abgespart. Einmal im Jahr richtig raus: je exotischer, desto besser, auch wenn man vor Ort sprachlich nicht viel versteht. Die alte Weisheit, dass Reisen bildet, schwingt da mit – und auch Abenteuerlust.

Hygieneregeln einhalten, Risiken minimieren

Meine letzte Reise ist nun 15 Monate her. Nach dem ersten Corona-Lockdown hätte ich mich nicht in einen Flieger gesetzt. Jetzt allerdings schon. Weil man inzwischen mehr über die Ausbreitung des Virus weiß und sich entsprechend die Rahmenbedingungen verändert haben.
Es ist wie im ganz normalen Pandemiealltag – Regeln einhalten und Risiken durch verstärkte Impfungen und Tests minimieren. Dann klappt das schon. Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht, auch das ist klar, aber wer umsichtig reist, lebt genauso sicher wie zu Hause.
Ich vertraue also darauf, dass die Reiseveranstalter, die Transportunternehmen, die Hotelbranche oder auch die Wohnungsvermittlungsportale entsprechend vorsorgen, dass sie umfangreiche Hygiene- und Sicherheitskonzepte anwenden. Ich bin auch der Meinung, dass Restaurants wieder öffnen sollten – aus den gleichen Gründen. Das gilt hierzulande und im Urlaubsland. Tourismus mit notwendigen und eingehaltenen Regeln, das zeigt auch eine Studie des Robert Koch-Instituts, ist kein Pandemietreiber.

Am Tourismus hängen Arbeitsplätze

Die Frage ist somit nicht, ob es in diesen Zeiten verantwortungsvoll ist zu reisen, sondern wie verantwortungsvoll man selbst unterwegs ist. Und es geht auch darum, einer Branche eine Perspektive zu geben.
Rund zwei Drittel der Umsätze in Reisebüros sind 2020 weggebrochen, eine Pleitewelle wäre unvermeidbar, wenn hier nicht bald gelockert wird. Rund drei Millionen Arbeitsplätze sind in Deutschland direkt oder indirekt von einem funktionierenden Tourismus betroffen. Und in vielen Schwellenländern heißt das Ausbleiben der Urlauber schlicht und einfach Rückfall in die Armut.
Die Politik muss deshalb schnell ihre Hausaufgaben erledigen: mehr Tests und mehr Impfungen. Und jene im Alltag sanktionieren, die anscheinend überhaupt keine Coronaregeln kennen.

Weniger Auswahl, überlaufene Ziele

Ich sitze also auf gepackten Koffern. Auch wenn ich weiß, dass meine erste Reise in Pandemiezeiten wohl nicht dem Ideal entsprechen wird.
Man wird weniger Auswahl haben, Ziele werden vielleicht überlaufen sein – doch damit hatte ich auch bisher kein Problem. Ich kann locker ein paar Kilometer wandern, um einen ruhigeren Ort zu finden. Das schont die Nerven und ist sogar coronakonform.
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