Verknautscht, näselnd, spuckig
Das Triadische Ballett des Bauhäuslers Oskar Schlemmer feierte 1922 Premiere, Gerhard Bohner verpasste dem Stück 1977 eine neue Choreografie. Tänzer der Original-Bohner-Fassung haben nun mit der Juniorcompanie eine naiv-ulkige Version erarbeitet.
Das Triadische Ballett des Bauhaus-Künstlers Oskar Schlemmer erlebte 1922 seine Uraufführung. 55 Jahre später, 1977, kreierte Gerhard Bohner im Auftrag der Akademie der Künste West eine choreografische Neufassung dieses Werkes. Nun, siebzig Jahre nach Schlemmers Tod, bringt die Juniorcompanie des Bayerischen Staatsballetts das "Triadische Ballett von Bohner nach Schlemmer" wieder auf die Bühne – unter der Leitung von Ivan Liska und Colleen Scott, die in der Original-Bohner-Fassung als Tänzer dabei waren.
Das handlungslose, abstrakte Ballett in drei Teilen – einem "heiter-burlesken" auf zitronengelber Bühne, einem rosafarbenen in festlich getragener Stimmung und schließlich einem mystisch-phantastischen Teil vor schwarzem Hintergrund – ist auch heute noch eine wunderbare, extrem variantenreiche visuelle Komposition von Formen und Farben im Raum.
Holz, Metall, Drähte, Wattierungen und feste Stoffe umformen die Körper der zwei Tänzerinnen und drei Tänzer, die in 12 Szenen insgesamt 18 Kostüme vorführen. Manchmal verschwinden sie dabei fast gänzlich in den verschiedenen Tonnen-, Kugel- oder Kegelförmigen Objekten, den ausgestopften, weichen Stoffformen oder eckigen Verschalungen.
Kostüme reduzieren den Bewegungsspielraum
Die weiblichen Figuren tragen ausladende Röcke aus schwerem Holz, festen Pappkreisen oder flirrigen Drähten. Die Kostüme – und das ist das ganz Besondere – haben nicht nur bereits reichlich Patina angesetzt, sondern dominieren, ja reduzieren auch den Bewegungsspielraum der Tänzer und erzeugen wiederum eigene Bewegungsqualitäten. Eine große Herausforderung, die die jungen Tänzer des Bayerischen Staatsballetts sehr charmant und noch ein bisschen aufgeregt bewältigen.
Mensch und Raum in Beziehung zu setzen und dabei das Typische aus dem Individuellen herauszuarbeiten – darum ging es dem Bauhaus-Künstler Oskar Schlemmer. Gerhard Bohner hat den Wesen seines "Triadischen Balletts" zutiefst menschliche Verhaltensweisen auf den Kunstleib choreografiert. Die Begegnungen zwischen diesen wundersam-artifiziellen Wesen hat, zumindest in den ersten beiden Dritteln des rund 70-minütigen Stückes, etwas Naiv-Ulkiges, mitunter fast Parodistisches – nachdrücklich unterstützt von der Musik Hans-Joachim Hespos’, dessen akustisches Schnarren, Quietschen, Wirbeln und Pressen sich, nach Angaben des Komponisten, "verknautscht", "näselnd" oder "spuckig" anhört.
Und auch wenn man sich zuweilen fragt, wie viel das zuweilen stark typisierte Getändel auf der Bühne noch mit dem Original zu tun haben mag, bleibt diese Version der Juniorcompanie des Bayerischen Staatsballetts ein Abend, an dem wir staunend vor der wunderbaren Frische der Vergangenheit stehen.