Streamen bis zum Burnout
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570 Stunden am Stück will sich Andrew "Giantwaffle" Bodine beim Gamen beobachten lassen - und auch beim Kochen oder Essen. Unser Autor hat den Rekordversuch auf der Plattform Twitch eine Weile verfolgt und weiß nun, warum Bodine sich das antut.
Als ich in den Stream schalte, sitzt "Giantwaffle" bereits seit 13 Tagen vor der Kamera und sieht verdammt müde aus. Kein Wunder, schließlich streamt er 19 Stunden pro Tag, muss also mit gerade einmal fünf Stunden Schlaf auskommen. Streamen heißt in diesem Fall: In jedem Raum seines Hauses sind Kameras aufgebaut und auch der Inhalt seines Bildschirms wird übertragen – selbst im Big-Brother-Haus herrscht mehr Privatsphäre.
Auch wenn "Giantwaffle" durch Gamestreams bekannt wurde, ist er nun lediglich dabei zu sehen, wie er auf Youtube einen Livestream der Darts-Meisterschaft sieht und dabei sehr sporadisch kommentiert. Über 5.000 Menschen sehen ihm dabei zu. Aber er scheint selbst zu merken, dass die Spannung abfällt und etwas Spannendes passieren muss: "Giantwaffle" fängt an, sich Essen zu kochen. Es gibt Mac and Cheese aus dem Chemiebaukasten.
Ohne Augenringe geht es nicht
Natürlich gibt es in dem Stream auch mehr Action: Eine Kamera ist auf sein Rennspielsetup gerichtet, das aussieht wie der Innenraum eines echten Rennwagens. Außerdem hat er "Death Stranding", das Hype-Spiel Nummer Eins momentan, vor seinem Live-Publikum durchgespielt. Doch als ich am nächsten Morgen in den Stream schalte, nehmen die Augenringe von Giantwaffle einen Großteil des Sichtfeldes ein. Er macht gerade einen Hirn- und Reaktionstest und spricht darüber, wie sich seine Werte in den letzten Wochen mehr und mehr verschlechtert haben.
Dabei war "Giantwaffle" von Anfang an klar, dass sein Rekordversuch nicht gesund ist. Dem Gaming-Magazin "Kotaku" schrieb er : "Jeden Tag 19 Stunden zu streamen ist nicht gesund. Das ist offensichtlich. Und ich bin mir dessen auch bewusst. Doch anders betrachtet: Viele Leute, die versuchen, Rekorde zu brechen, gehen dafür an Limits, die als ungesund gelten. Es ist nicht leicht, aber es sollte auch nie leicht sein."
Mehr Aufmerksamkeit bedeutet mehr Geld
Was "Giantwaffle" dabei nicht erwähnt, ist der Grund für den Rekordversuch. Es geht um Aufmerksamkeit.
Streaming ist ein Business und je mehr Leute zusehen, desto mehr Geld gibt es zu machen. Leider endet das oft im Burnout – das Thema ist mittlerweile so schlimm, dass es bei BBC News eine 13-minütige Doku darüber gibt. Darin sagt der Youtuber Bobby: "Everyone knows it's just bad for them. No one thinks that it's not."
Und nicht nur die Creators selber wissen Bescheid, im Chat von "Giantwaffle" wird regelmäßig darauf hingewiesen, dass er fertig aussieht. Trotzdem hört er nicht auf, und das Publikum guckt auch weiter. Und warum auch? Es funktioniert eben. Als der britische Youtuber und Twitch-Streamer "Hbomberguy" im Januar in der 50. Stunde eines Charity-Streams war, kam plötzlich die US-Politikerin Alexandra Ocasio-Cortez in den Chat, um ihm für seinen Einsatz zu danken. Seitdem ist die Popularität von "Hbomberguy" enorm gestiegen und er wird für Talks gebucht.
Ob "Giantwaffle" etwas Vergleichbares passieren wird, bleibt abzuwarten. Er hat nämlich immer noch 250 Stunden Stream vor sich.