"Religulous - Man wird doch wohl fragen dürfen"

01.04.2009
Larry Charles, der heute 52-jährige Autor, Regisseur und Produzent für Film und Fernsehen, nimmt nach seiner spektakulären Gesellschaftssatire "Borat" von vor zwei Jahren nun die weltlichen Religionen und ihre Anhänger aufs kritisch-spöttische Korn.
USA 2008, Regie: Larry Charles, Dokumentarfilm, ab sechs Jahren

"Religulous" ist eine Wortschöpfung aus "religious" (religiös) und "ridiculous" (lächerlich). Und diese Kombination entspricht auch dem roten Faden dieser wunderbar-respektlosen Dokumentation, die auf einem simplen wie überzeugenden Konzept basiert: Der US-amerikanische TV-Polit-Talker (bekannt durch die Late-Night-Show "Politically Incorrect") und Stand-up-Comedian Bill Maher (53, derzeit moderiert er die wöchentliche Show "Real Time with Bill Maher" sowie die Internet-Talkshow "Amazon Fishbowl" auf Amazon.com) wird auf eine Reise um die halbe Welt geschickt.

Sie führt ihn vom biblischen Freizeitpark in Florida (mit drittklassigem Musical über die Kreuzigung Jesu) bis zum Ölberg nach Jerusalem, von der muslimischen Schwulenbar in Amsterdam bis zum Vatikan in Rom. Der begeisterte Atheist spricht mit Gläubigen und Vertretern verschiedener Religionen und stellt so lange bohrend-"harmlose" Fragen, bis die Antwortgeber ihr zumeist selbstgefälliges, arrogantes, machtbesessenes oder gieriges Gesicht zeigen. Unterbrochen werden die Gespräche durch ballonbunte Szenen aus religiösen Hollywoodschinken ("Die Bibel"), durch Nachrichten-Einspielungen von Atomexplosionen und Selbstmordattentaten oder durch aufklärerische Schrifttafeln.

Dabei geht es um die "himmlische Diktatur", der sich gegenwärtig immer noch 2,2 Milliarden Christen und 1,4 Milliarden Muslime auf diesem Planeten freiwillig unterwerfen. Motto: "Wenn Sie einer politischen Partei oder einem Verein angehören würden, der mit so viel Gewalt, Bigotterie, Ignoranz, Frauenverachtung und Homophobie behaftet wäre, würden sie protestierend austreten. Wenn sie das nicht tun, sind sie ein Komplize" (Bill Maher).

Kurzum: "Glaubst du noch oder denkst du schon?" (Michael Schmidt-Salomon 2005 in seinem "Manifest des evolutionären Humanismus") oder: Religion bezieht ihre Legitimität aus Millionen von "armseligen" Mitläufern. "Werdet erwachsen", sagt Bill Maher zum Schluss und denkt sich das "endlich" in der Mitte dazu, "werdet erwachsen oder geht unter".

Eine großartige, clevere, weil sehr unterhaltsame, dauer-piekende, dauer-feixende, provokante Dokumentation, bei der einem das Lachen oftmals wirklich im Halse steckenbleibt (etwa wenn es um Glaubenskriege geht). "Bill Maher ist der Borat der Gotteswege", urteilte das "Wall Street Journal". Korrekt. Eine Halleluja-Satire, die klasse beleidigt und den Denk-Apparat amüsant dauer-bewegt.

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