Gerühmt als größter Maler seiner Zeit
Mit "Tizian und die Renaissance in Venedig" zeigt das Städel-Museum die erste deutsche Überblicks-Schau zur venezianischen Renaissance. Der Kurator Bastian Eclercy schwärmt von Tizians Strahlkraft.
Tizian sei ohne Zweifel der größte Maler, den die Stadt Venedig hervorgebracht habe, sagt Bastian Eclercy, der Sammlungsleiter für italienische, französische und spanische Malerei vor 1800 am Städel Museum und Kurator der Ausstellung. "Und das, obwohl diese Stadt nicht arm an Talenten war. Seine Karriere beruht aber vielleicht auch darauf, dass er sehr lange gelebt hat und eine lange Schaffenszeit von etwa 70 Jahren hatte."
Aufgeschlossen gegenüber Neuem
Tizian wurde schon als junger Mann der führende Maler in Venedig - "und er schafft es, sich über Jahrzehnte dort zu halten". Weil er anpassungsfähig ist: "Er reagiert auf Innovationen anderer Künstler, und er nimmt noch im hohen Alter auf, was die jüngere Generation macht."
Tizian sei sowohl künstlerisch führend gewesen als auch vom Volumen der Aufträge, vom Ansehen her und natürlich auch finanziell, sagte Eclercy im Deutschlandfunk Kultur. "Er wird von den Literaten seiner Zeit, wie Pietro Aretino, als der größte Maler seiner Zeit gerühmt. Er bekommt bedeutende Aufträge überall in der Stadt und, das ist sehr wichtig, darüber hinaus. Er ist der einzige Maler der venezianischen Renaissance, der auch weit von Venedig gewirkt hat. Er geht zum Beispiel an die oberitalienischen Fürstenhöfe, nach Ferrara und Mantua, er arbeitet für den Papst in Rom und er arbeitet für den spanischen König und den deutschen Kaiser, Karl V."
Im 16. Jahrhundert habe die Landschaftsmalerei als Gattung noch nicht existiert, sagte Eclercy. Aber die Landschaft gewinne in der Malerei zunehmend an Bedeutung. Und da sei Tizian auch führend gewesen. Das könne man sehr gut an seinem Frühwerk "Noli me tangere" sehen. Da nehme die Landschaft vielfach Bezug auf die Personen, den auferstandenen Jesus Christus und Maria Magdalena. "Da wird regelrecht eine zweite Ebene für die Bilderzählung, für die Atmosphäre, eingeführt. Und das kann in dieser Zeit niemand so wie Tizian."
Tizian als roter Faden
Tizian diene in der Ausstellung gewissermaßen als roter Faden, der durch die vielen verschiedenen Facetten der venezianischen Renaissance führe, so der Kurator: "Wir sehen ihn hier im Dialog mit den anderen Meistern seiner Zeit, mit ganz unterschiedlichen Künstlerpersönlichkeiten, von denen keiner ein Tizian-Nachahmer ist, sondern jeder ein Künstler eigenen Ranges."
Die Ausstellung umfasse neben der eigenen Sammlung venezianischer Gemälde mehr als 80 internationale Leihgaben. "Das war durchaus ein logistischer Kraftakt", sagte Eclercy. "In der Tat hat es zu Tizian und der venezianischen Renaissance noch nie eine große Übersichts-Schau in Deutschland gegeben, obwohl das doch eines der zentralen Themen der Kunstgeschichte ist. Und deswegen sind wir auch ein bisschen stolz darauf, dass wir das jetzt in Frankfurt exklusiv zeigen."