Renate Künast über Beleidigungen im Netz

"Man muss irgendwann sagen, wo die rote Linie ist"

07:46 Minuten
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast gestikuliert mit der rechten Hand.
Will Beleidigungen nicht länger hinnehmen: Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast. © Imago/photothek
Moderation: Stephan Karkowsky |
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Politiker sind oft heftigen Beleidigungen ausgesetzt - und manche Richter scheinen das für hinnehmbar zu halten, so wie im Fall von Renate Künast. Die Grünen-Politikerin sieht darin ein verheerendes Signal für die meist rechtsextremen Beleidiger.
Politiker müssen sich eine Menge gefallen lassen. Schwerste Beleidigungen gehören eigentlich nicht dazu. Nun hat aber ein Richter am Berliner Landgericht geurteilt, Grünen-Politikerin Renate Künast müsse es hinnehmen, unter anderem als "Drecksfotze" und als "Sondermüll", der entsorgt werden solle, bezeichnet zu werden. Die Kommentare stellten dem Urteil zufolge "keine Diffamierung der Person der Antragstellerin und damit keine Beleidigungen" dar, wie die Berliner Morgenpost und die Deutsche Presse-Agentur berichten, sondern zulässige Meinungsäußerungen. "Von einer Schmähung kann nicht ausgegangen werden, wenn die Äußerungen im Kontext einer Sachauseinandersetzung stehen", heißt es darin.
Künast, die so auf Facebook beleidigt wurde, und deshalb das soziale Netzwerk gerichtlich zur Herausgabe der Userdaten zwingen will, will das auf keinen Fall hinnehmen und in die nächste Instanz gehen. "Gerade auch aus juristischen Kreisen gibt es viel Entgeisterung darüber, was die da eigentlich zusammengeschrieben haben. Und vielleicht ist es am Ende so, dass diese Gerichtsentscheidung einen richtigen Aufruhr auslöst", sagt Künast.

"Sprachliche Verschiebung nach Rechtsaußen"

Das Signal, das vom Berliner Urteil ausgeht, findet die Grünen-Politikerin verheerend – vor allem im Hinblick auf das Vorbild, das damit für Rechtsextreme und auch für Kinder und Jugendliche gegeben werde, die sich in sozialen Netzwerken bewegen. Es finde eine "zunehmende Verrohung" und "sprachliche Verschiebung nach Rechtsaußen" statt.
"Eins ist auf jeden Fall klar: Man muss irgendwann sagen, wo die rote Linie ist", sagt Künast. Und ab da müsse klar sein, dass es ein strafrechtliches oder ein zivilrechtliches Verfahren geben werde – "wegen Schmerzensgeld – damit die Betroffenen merken, dass sie diese rote Linie überschritten haben. Wir können nicht erwarten, dass Menschen sich im Alltag wehren und sagen, so redet man nicht, wenn nicht mal die Gerichtswege geöffnet werden."
Ihr erstes Mittel sei die Beschwerde: "Fast träume ich davon, mal beim allerhöchsten Gericht zu landen, damit man endlich darüber reden kann, ob in einer Demokratie Politiker – egal ob ehrenamtliche Bürgermeister oder eine Abgeordnete – eigentlich all das hinzunehmen haben."
(mkn)
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