Biotechnologie und ewiges Leben
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Renée Schroeder
Der Traum von der UnsterblichkeitBrandstätter Verlag, Wien 2022144 Seiten
20,00 Euro
Erfolgreich hat die Wissenschaft das Leben vieler Menschen verlängert. Nun geht sie einen Schritt weiter und strebt nach Unsterblichkeit. Ob wir diesem Traum nahe gekommen sind, verrät das Buch der Biochemikerin Renée Schroeder leider nicht.
Mit den zahlreichen Mythen, die sich mit dem Streben der Menschheit nach Unsterblichkeit befassen, hält sich die Biochemikerin Renée Schroeder nicht lange auf. Sie setzt voll und ganz auf Naturwissenschaft. Im Mittelpunkt ihres kompakten Buches steht die moderne Biotechnologie.
Für Schroeder ist das Streben nach Unsterblichkeit ein Motor, der die Wissenschaft vorantreibt. Durch gezielte Veränderung des Erbguts lernt der Mensch verschiedene Lebewesen und letztlich sich selbst besser kennen. Und das ist die Basis für die Veränderung der Natur und des Menschen.
In vielen aktuellen Forschungsprojekten untersuchen Wissenschaftler Entwicklungs- und Alterungsprozesse. Dabei lernen sie, wie man diese Prozesse im Labor umkehrt. Die Autorin zählt die Ziele der Forschenden auf, beschreibt in knappen Worten ihre Experimente und bejubelt ihre Fortschritte.
Sie reißt viele spannende Themen an und bringt ihre Leser auf den neuesten Stand. Dabei ist nicht immer klar, was die verschiedenen Forschungsergebnisse mit Unsterblichkeit zu tun haben.
Lebensverlängerung statt Unsterblichkeit
Das Buch trägt zwar den Titel „Der Traum von der Unsterblichkeit“, aber es geht nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, um Konzepte für ewiges Leben, allenfalls um Anti-Aging-Drogen und Verjüngungskuren. Im Mittelpunkt stehen Alterungsprozesse in unseren Zellen, was die Wissenschaft darüber weiß und was sie dagegen tun kann.
Mit diesem Thema haben sich auch schon andere Bücher in den letzten Jahren befasst. Weitaus anschaulicher und überzeugender als in Schroeders Buch gelingt das dem jungen Molekularbiologen Nicklas Brendborg aus Dänemark. In „Quallen altern rückwärts“ beschreibt er gleichermaßen kompetent wie lebendig, was Biologen über das Altern herausgefunden haben und wie sie versuchen, es zu beeinflussen.
„Der Traum von der Unsterblichkeit“ liefert auf 140 Seiten bestenfalls einen oberflächlichen Einstieg ins Thema. In großen Buchstaben und plakativen Sätzen, die bisweilen eine Seite für sich beanspruchen, rast die Autorin durch die Wissenschaftswelt. Das macht neugierig, doch ruckzuck ist sie schon wieder beim nächsten Thema.
So geht es in den letzten Kapiteln um eine andere Form der Unsterblichkeit: Die Wiederauferstehung des Wollmammuts, die Rückkehr der Neandertaler und den genetisch manipulierten Menschen.
Unkritische Begeisterung für Wissenschaft
Jetzt wäre der Zeitpunkt gekommen, um einige Ziele moderner Biotechnologie kritisch zu hinterfragen. Gehört Altern vielleicht doch zum Leben? Wohin führt unser Streben nach Unsterblichkeit?
Renée Schroeder interessiert das nicht. Sie lässt sich mitreißen von den Visionen ihrer Kollegen. Bedenken wischt sie mit wenigen Worten beiseite und plädiert radikal für mehr Forschungsfreiheit. Ein Buch zu einem spannenden Thema, das leider viele Fragen offen lässt.