Renten

Zu Lasten der Jungen

Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) (2.v.l.)und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) (2.v.r.) stimmen am 23.05.2014 im Bundestag in Berlin über die Leistungsverbesserungen in der Rentenversicherung ab.
Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles und Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Abstimmung über das Rentenpaket im Bundestag in Berlin © picture-alliance / dpa / Christoph Schmidt
Von Gerhard Schröder · 23.05.2014
Die Lasten für die nachrückenden Generationen wachsen, die Rentenbeiträge steigen. Mit ihrer Rentenreform verschärft die Große Koalition nun dieses Problem, meint Gerhard Schröder. Denn langfristig wird sich diese Politik als Hypothek erweisen.
Arbeitsministerin Andrea Nahles hat ihre erste große Bewährungsprobe bestanden. Das mag erfreulich sein für die ehrgeizige Sozialdemokratin sein, und auch die Kanzlerin darf sich freuen: Die Große Koalition ist – nach wochenlangem Streit – wieder handlungsfähig. Ohne Zweifel eine gute Botschaft für die Regierung, eine gute Botschaft für das Land ist es nicht.
Erinnern wir uns: Die SPD wollte die Mütterrente nicht, die Union war gegen die abschlagsfreie Rente ab 63. Was also passiert, wenn sich beide zusammentun: Sie setzen beides um. So paradox kann Politik sein.
In vier Jahren werden die Überschüsse aufgezehrt sein
Aber das Geld ist ja da, rufen Union und SPD mit Blick auf die üppigen Reserven in der Rentenkasse unverdrossen. Was sich rasch als Irrtum herausstellen dürfte. Spätestens in vier Jahren werden die Überschüsse aufgezehrt sein, dafür sorgt schon allein der teuerste Posten im Rentenpaket: Die Mütterrente. Rentenexperten sind sich zwar einig, dass die eigentlich aus Steuermitteln bezahlt werden müsste. Das aber hat Finanzminister Wolfgang Schäuble verhindert, der will schließlich einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. So viel zu nachhaltiger Finanzpolitik.
Ausgerechnet in vier Jahren, wenn die Rentenkasse leer ist, gehen aber die ersten geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand. Dann wird spürbar, was auch die Kanzlerin in Sonntagsreden gern als die große Herausforderung der Zukunft bezeichnet: Die Gesellschaft altert, immer weniger Beschäftigte müssen in Zukunft eine wachsende Zahl von Rentnern finanzieren.
Schlüssige Konzepte gegen Altersarmut fehlen
Das heißt: Die Lasten für die nachrückenden Generationen wachsen, die Rentenbeiträge steigen. Die Große Koalition verschärft nun dieses Problem mit einer Politik, die allein auf das Hier und Jetzt schaut. Denn von dem milliardenschweren Rentenpaket profitieren ja in erster Linie jene, die schon in Rente sind oder demnächst in den Ruhestand gehen: Mütter, die Kinder vor 1992 geboren haben. Oder langjährig Versicherte, die künftig abschlagsfrei in den Vorruhestand gehen dürfen. Beides Gruppen, die vergleichsweise gut abgesichert sind.
Mag sein, dass sich das kurzfristig in politischen Gewinn münzen lässt. Langfristig wird es sich als große Hypothek erweisen. Denn die eigentlichen Herausforderungen hat die Große Koalition ja noch gar nicht angefasst. Den Kampf gegen die drohende Altersarmut zum Beispiel. Schlüssige Konzepte fehlen bislang – und künftig auch das Geld, um sie zu finanzieren.
Die Große Koalition hätte die große Chance gehabt, das Rentensystem nachhaltig zu stärken. Dauerhaft ein auskömmliches Rentenniveau zu sichern, ohne die Beitragszahler zu überfordern. Den Berufsausstieg zu flexibilisieren, ohne die Rentenkassen zu stark zu belasten. Eine Aufgabe, die einer Großen Koalition würdig gewesen wäre. Diese Bewährungsprobe haben Union und SPD nicht bestanden.
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