Vernetzt im Knast
Wer hierzulande im Gefängnis sitzt, lebt bis zu seiner Freilassung offline. In einem Berliner Pilotprojekt ist das anders: Gefangene verfügen über einen eingeschränkten Internetzugang und sollen sich so besser auf die Zeit nach der Haft vorbereiten.
Dritte Etage in einem Gefängnistrakt der Berliner Justizvollzugsanstalt Heidering. Drei Männer, um die 30, stehen vor einem Computerterminal und versuchen, Führerscheinfragen zu beantworten.
"Welches Verhalten ist richtig: Ich muss den roten LKW abbiegen lassen, ich muss den ..., ach hier geht's ja noch weiter ... Ich darf als erster die Kreuzung überqueren."
Christian Reschke: "Also wir haben jetzt hier eine Wohnebene mit 72 Gefangenen. Und die gesamte Wohnebene ist ausgestattet mit Access-Points, wir haben ein anstaltseigenes Netzwerk hier errichten lassen. Wir sehen jetzt hier so ein Kiosk-Terminal."
"Welches Verhalten ist richtig: Ich muss den roten LKW abbiegen lassen, ich muss den ..., ach hier geht's ja noch weiter ... Ich darf als erster die Kreuzung überqueren."
Christian Reschke: "Also wir haben jetzt hier eine Wohnebene mit 72 Gefangenen. Und die gesamte Wohnebene ist ausgestattet mit Access-Points, wir haben ein anstaltseigenes Netzwerk hier errichten lassen. Wir sehen jetzt hier so ein Kiosk-Terminal."
Einmaliges Pilotprojekt in Deutschland
Der Kiosk-Terminal ist sozusagen das Herzstück für den digitalen Kontakt nach draußen. Christian Reschke, ist Teilanstaltsleiter in Heidering und betreut das Projekt "Resozialisierung durch Digitalisierung". Unter diesem Schlagwort will die Berliner Justizverwaltung Gefangenen den Weg zurück in ein strafffreies Leben erleichtern. In dem bundesweit einmaligen Pilotprojekt können Gefangene im Internet surfen, E-Mails schreiben und anstaltsinterne, aber eben auch -externe Verwaltungsangelegenheiten erledigen. Das geht zum einen über den Computerterminal aber auch, und das ist das Besondere, über Tablets, die die Gefangenen in ihren Zellen nutzen können.
Für Robert, der seit 2014 Jahren in Heidering einsitzt und noch vier Jahre vor sich hat, ist im Moment der soziale Kontakt zur Familie am Wichtigsten. Er hofft, dass der künftig leichter möglich sein wird.
Robert: "Das Gute ist, dass wir mit der Familie Kontakt aufnehmen können, über E-Mail-Adresse ... So, eine Sekunde ... Und das Gute ist, dass wir zeitnah, so wie draußen, wenn wir eine E-Mail schreiben, sind wir nicht mehr auf die Kosten des Telefonanbieters hier angewiesen. Ob wir Geld haben oder nicht – das heißt, wir schreiben eine E-Mail und bekommen eine Antwort zurück, ob irgendjemand kommen kann oder nicht kommen kann."
Für Robert, der seit 2014 Jahren in Heidering einsitzt und noch vier Jahre vor sich hat, ist im Moment der soziale Kontakt zur Familie am Wichtigsten. Er hofft, dass der künftig leichter möglich sein wird.
Robert: "Das Gute ist, dass wir mit der Familie Kontakt aufnehmen können, über E-Mail-Adresse ... So, eine Sekunde ... Und das Gute ist, dass wir zeitnah, so wie draußen, wenn wir eine E-Mail schreiben, sind wir nicht mehr auf die Kosten des Telefonanbieters hier angewiesen. Ob wir Geld haben oder nicht – das heißt, wir schreiben eine E-Mail und bekommen eine Antwort zurück, ob irgendjemand kommen kann oder nicht kommen kann."
Besserer Kontakt zur Familie
Auch mit seiner Tochter kann Robert so besser in Verbindung bleiben, sie wohnt seit seiner Inhaftierung in Spanien. Telefonate dorthin wären für ihn unerschwinglich.
Das digitale Angebot geht aber über den E-Mail-Austausch weit hinaus. So soll auch der Alltag in der Haftanstalt erleichtert werden – und zwar sowohl für die Gefangenen wie auch für die Vollzugsbeamten. Bisher musste bei jedem Anliegen – egal ob ein notwendiger Arztbesuch, der Wunsch, mit einem Sozialarbeiter oder Psychologen zu sprechen oder auch die Ausleihe von Büchern – ein Formular, der sogenannte Vormelder, vom Gefangenen ausgefüllt werden.
Robert: "Die ganzen Anträge und so werden wohl auch schneller bearbeitet, weil wir die Vormelder nicht mehr handschriftlich, sondern einfach hier ausfüllen. Und das automatisch dann gleich im Programm ist. ... Sekunde, so, genau, die waren hier. Ob jetzt Sportaktivitäten oder... Und dann steht hier dann gleich, wie viele freie Plätze sind. Was auch wichtig für uns ist, weil wir nicht wissen, was gerade stattfindet. Und, die Beamten werden nicht genervt, ob wir jetzt auf dem zehnten oder auf dem ersten Warteplatz sind."
Das digitale Angebot geht aber über den E-Mail-Austausch weit hinaus. So soll auch der Alltag in der Haftanstalt erleichtert werden – und zwar sowohl für die Gefangenen wie auch für die Vollzugsbeamten. Bisher musste bei jedem Anliegen – egal ob ein notwendiger Arztbesuch, der Wunsch, mit einem Sozialarbeiter oder Psychologen zu sprechen oder auch die Ausleihe von Büchern – ein Formular, der sogenannte Vormelder, vom Gefangenen ausgefüllt werden.
Robert: "Die ganzen Anträge und so werden wohl auch schneller bearbeitet, weil wir die Vormelder nicht mehr handschriftlich, sondern einfach hier ausfüllen. Und das automatisch dann gleich im Programm ist. ... Sekunde, so, genau, die waren hier. Ob jetzt Sportaktivitäten oder... Und dann steht hier dann gleich, wie viele freie Plätze sind. Was auch wichtig für uns ist, weil wir nicht wissen, was gerade stattfindet. Und, die Beamten werden nicht genervt, ob wir jetzt auf dem zehnten oder auf dem ersten Warteplatz sind."
Nicht mehr so "abgeschnitten"
Axel muss noch ein Jahr und sieben Monate absitzen. Er profitiert allerdings schon von gewissen Haftlockerungen. So kann er mehrmals in der Woche das Gefängnis verlassen, um Termine, beispielsweise beim Arbeitsamt, wahrnehmen zu können. Einmal in der Woche darf er nach Hause zu seiner Familie. Er sieht die Vorteile der Internetnutzung vor allem bei der Vorbereitung auf die Haftentlassung.
Axel: "Also ich finde interessant, dass man die Tablets jetzt nutzen kann oder die Laptops, dass man zum Beispiel sich informieren kann über Arbeitsangebote oder so. Dass man auch E-Mails verschicken kann. Gerade für Leute, die jetzt kurz vor der Entlassung stehen oder vor der Verlegung in den offenen Vollzug, um sich wieder zu integrieren. Das ist ja ein ganz großer Schritt. Und da ja heute in der digitalisierten Welt alles nur noch über E-Mails und so weiter geht, finde ich das schon sehr wichtig, dass man nicht so abgeschnitten ist. Und dass man nicht rauskommt und dann bei Null wieder anfängt. Sondern, dass es ein fließender Übergang wird."
Die Internetseiten der Bundesagentur für Arbeit, der Bürgerämter, von Wohnungssuchportalen und bestimmte Seiten mit Fortbildungsangeboten sind uneingeschränkt für die Gefangenen erreichbar. Links, die auf andere Internetseiten führen, funktionieren allerdings nicht. Und Seiten wie beispielsweise Wikipedia, sind nur gespiegelt zugänglich. Das heißt, eine Offline-Kopie der Seite liegt auf einem eigenen Server und ist auch nur darüber erreichbar. Auf soziale Netzwerke besteht überhaupt kein Zugriff. Außerdem werden diejenigen, die das Internet nutzen dürfen, nach strengen Kriterien ausgewählt: Wer hat Bedarf, beispielsweise im Rahmen einer Bildungsmaßnahme, oder wer steht kurz vor der Entlassung. Auch die Zuverlässigkeit der Gefangenen spiele eine wichtige Rolle, sagt Teilanstaltsleiter Christian Reschke:
"Naja, sagen wir mal, immer wenn man Gefangenen etwas zur Verfügung stellt, dann müssen wir den Missbrauch eben auch gleich mitdenken. Das ist immer unsere Gratwanderung, die wir in allem immer vornehmen und vollziehen. Die Gefangenen kommen also nie raus ins freie Internet, sondern nur zu bestimmten Webseiten, die wir zulassen. Und die zu ihrer Bildung oder zur Entlassungsvorbereitung dienlich sind."
Axel: "Also ich finde interessant, dass man die Tablets jetzt nutzen kann oder die Laptops, dass man zum Beispiel sich informieren kann über Arbeitsangebote oder so. Dass man auch E-Mails verschicken kann. Gerade für Leute, die jetzt kurz vor der Entlassung stehen oder vor der Verlegung in den offenen Vollzug, um sich wieder zu integrieren. Das ist ja ein ganz großer Schritt. Und da ja heute in der digitalisierten Welt alles nur noch über E-Mails und so weiter geht, finde ich das schon sehr wichtig, dass man nicht so abgeschnitten ist. Und dass man nicht rauskommt und dann bei Null wieder anfängt. Sondern, dass es ein fließender Übergang wird."
Die Internetseiten der Bundesagentur für Arbeit, der Bürgerämter, von Wohnungssuchportalen und bestimmte Seiten mit Fortbildungsangeboten sind uneingeschränkt für die Gefangenen erreichbar. Links, die auf andere Internetseiten führen, funktionieren allerdings nicht. Und Seiten wie beispielsweise Wikipedia, sind nur gespiegelt zugänglich. Das heißt, eine Offline-Kopie der Seite liegt auf einem eigenen Server und ist auch nur darüber erreichbar. Auf soziale Netzwerke besteht überhaupt kein Zugriff. Außerdem werden diejenigen, die das Internet nutzen dürfen, nach strengen Kriterien ausgewählt: Wer hat Bedarf, beispielsweise im Rahmen einer Bildungsmaßnahme, oder wer steht kurz vor der Entlassung. Auch die Zuverlässigkeit der Gefangenen spiele eine wichtige Rolle, sagt Teilanstaltsleiter Christian Reschke:
"Naja, sagen wir mal, immer wenn man Gefangenen etwas zur Verfügung stellt, dann müssen wir den Missbrauch eben auch gleich mitdenken. Das ist immer unsere Gratwanderung, die wir in allem immer vornehmen und vollziehen. Die Gefangenen kommen also nie raus ins freie Internet, sondern nur zu bestimmten Webseiten, die wir zulassen. Und die zu ihrer Bildung oder zur Entlassungsvorbereitung dienlich sind."
Stück für Stück zurück zum normalen Leben
Wird das Gefängnis damit zum Luxusknast? Die Justizvollzugsanstalt Heidering als eine der modernsten Haftanstalten Deutschlands, hat seit ihrer Eröffnung vor fünf Jahren mit diesem Vorwurf zu kämpfen. Der Zugriff auf das Internet sei ein zeitgemäßes, notwendiges Werkzeug, um sich auf die Zukunft in Freiheit vorzubereiten, betont Markus Jahnsmüller, Vollzugsdienstleister in Heidering. Dazu gehört eben auch, wieder die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen.
"Der Gefangene wird zur Unselbstständigkeit im Gefängnis erzogen: Möchte er Post haben, fragt er ob Post da ist. Wenn er zum Arzt muss, dann muss er nicht einen Termin machen, dann sagt er, was er hat und dann machen wir für ihn einen Termin – also das wird ihm so mundgerecht dargelegt."
Hat er dagegen Zugriff auf das Internet, dann darf er nicht nur, sondern muss viele Dinge wieder selbst erledigen. Und gewöhnt sich so Stück für Stück wieder an das normale Leben draußen.
"Der Gefangene wird zur Unselbstständigkeit im Gefängnis erzogen: Möchte er Post haben, fragt er ob Post da ist. Wenn er zum Arzt muss, dann muss er nicht einen Termin machen, dann sagt er, was er hat und dann machen wir für ihn einen Termin – also das wird ihm so mundgerecht dargelegt."
Hat er dagegen Zugriff auf das Internet, dann darf er nicht nur, sondern muss viele Dinge wieder selbst erledigen. Und gewöhnt sich so Stück für Stück wieder an das normale Leben draußen.