"SITTES WELT: Willi Sitte: Die Retrospektive"
im Kunstmuseum Moritzburg in Halle/Saale
vom 3.10.2021 bis 9.01.2022
Als Künstler gescheitert
10:28 Minuten
Wie bewertet man einen Künstler, der sich in der DDR eng mit dem Staat einließ? Die Retrospektive für den Maler und Politiker Willi Sitte in Halle sei "mit einem offeneren Blick" sehr gelungen, findet der Kunstexperte Carsten Probst.
Der Maler und Kulturpolitiker Willi Sitte (1921–2013) gehört zu den national wie international bekannten Kunstschaffenden der DDR und ist zudem der umstrittenste Vertreter der Kunst der DDR. Als Präsident des Verbandes Bildender Künstler und als Abgeordneter Volkskammer der DDR war er eng mit dem sozialistischen Staat verbunden.
Aufwändige Recherche
In der ihm gewidmeten Retrospektive im Kunstmuseum Moritzburg in Halle habe man nun die Ambivalenz seiner Persönlichkeit durch sehr aufwändige Recherchearbeit beleuchtet, sagt der Kunstexperte Carsten Probst.
"Thomas Friedrich, der Direktor des Kunstmuseums Moritzburg, spricht von fünf Jahren Vorbereitungszeit." Auch mit der Unterstützung von Sittes Ehefrau konnten viele private Unterlagen dazu genutzt werden.
Die Ausstellung besteht aus zwei Teilen: einer fast chronologischen Hängung der Werke, mit der man Sittes künstlerische Entwicklung "mit allen Brüchen und Widersprüchen" zeige, so Probst. Man erkenne Einflüsse von Picasso und der neuen Sachlichkeit – und die Entwicklung hin zu sozialistischen Auftrags- und Programmbildern.
Umstritten als Förderer und Verhinderer
Der andere Teil der Ausstellung widmet sich der Geschichte der politischen Präsenz Sittes in der DDR: "Vor allem seine Machtpositionen, die er da auch hatte: die vielen Opfer, die das bewirkt hat. Aber er hat auch viele gefördert, das hat man auch nicht vergessen."
Im Vergleich zu anderen Kunstausstellungen seien die erläuternden Wandtexte mit Fotografien auffallend groß. Es werde offensichtlich sehr viel Wert darauf gelegt, alles zu zeigen, sagt Probst.
Ein Blick Ost und ein Blick West
In der Ausstellung sei die Historisierung dieser Kunst der DDR mit einem offeneren Blick sehr gelungen, meint Probst. Mit den Kuratoren Paul Kaiser aus Freiberg und Eckhart Gillen aus Karlsruhe schaue man "mit einem Blick Ost, und einem Blick West auf diesen sehr umstrittenen Künstler Willi Sitte". Dabei gebe es keine Kontroversen um die Bewertung des Künstlers:
"Fast ist es so, dass bei Eckhart Gillen dieser westdeutsche Blick auf Sitte geradezu milde und mitfühlend war mit seinem künstlerischen Scheitern. Aber dass er als Künstler gescheitert ist, darüber sind sich eigentlich alle einig."