Weg mit dem Taktstock!
Der Dirigent gibt den Ton an, die Musiker folgen - soweit so bekannt. Doch was macht ein Orchester ohne Boss? Die Düsseldorfer Symphoniker haben das ausprobiert - und spannende Erfahrungen gemacht, berichtet der 1. Geiger Peter Michael Mayer.
Im Februar 1922 hat ein russischer Geiger ein Ensemble gegründet, das im revolutionären Russland Musikgeschichte geschrieben hat: Ein Orchester, das ohne Dirigent gearbeitet hat. Immerhin zehn Jahre hat das Ensemble "Persimfans" bestanden. Die revolutionäre Idee: herrschaftsfreies Musizieren, kollektiv erarbeitete Klänge. Die Düsseldorfer Symphoniker haben diese Idee aufgegriffen und in der Düsseldorfer Tonhalle zusammen mit einem neuen Persimfans-Kollektiv aus Moskau in zwei Konzerten präsentiert.
Proben ohne Hierarchie
Schon die Proben seien eine völlig neue Erfahrung gewesen, berichtet der 1. Geiger Peter Michael Mayer im Deutschlandfunk Kultur. "Das lief ganz ohne Hierarchien ab, wir haben uns für die Proben selbst direkt getroffen, es gab keine Redebegrenzung. Jeder, der Beiträge liefern wollte bezüglich der Interpretation, durfte das gerne tun." Die Proben hätten dadurch zwar länger gedauert. Aber: "Es ist auch sehr inspirierend zu sehen, welche Meinungen bezüglich der Stücke da geäußert werden."
Beim Spiel selbst habe man es so gehandhabt, "dass die Stimmen, die die Melodie haben, das Tempo auch vorgeben können". Insgesamt erinnere die Arbeit sehr an die eines Kammermusik-Ensembles. "Wir haben uns auch so als Kammermusik-Symphonie-Orchester verstanden." Musikalisch und sprachlich sei man mit den Moskauer Kollegen dabei stets "sehr gut zusammengekommen".
Inspirierendes Experiment
Auf dem Programm des knapp 90-köpfigen Orchester standen unter anderem ein Klavierkonzert von Alexander Mossolow und die Egmont-Ouvertüre von Ludwig van Beethoven, was ohne Dirigent doch "eher schwierig" gewesen sei. Dennoch habe das Experiment unter den Musikern "durchaus starken Anklang gefunden". Das Fazit des Geigers: "Es ist auf jeden Fall ein interessanter Impuls. Aber ganz verzichten wollen wir auf den Dirigenten doch nicht."