Kindersachbuch

Zur Abwechslung mal jede Menge gute Nachrichten

Cover des Kindersachbuchs "Gute Nachrichten aus aller Welt" von Minitta und Melanie Kandlbauer und Yani Hamdy zeigt unter anderem Illustrationen eines Skateboardfahrenden Mädchens mit Kopftuch und eines Schwarzen Violinisten.
© Leykam Verlag

Minitta Kandlbauer, Melanie Kandlbauer, Yani Hamdy (Illustration)

Gute Nachrichten aus aller Welt. Von Sudan bis AfghanistanLeykam, 2024

128 Seiten

24,50 Euro

Von Dina Netz |
Nachrichten über Krieg, Armut und Naturkatastrophen gibt's schon genug, fanden die Anti-Rassismus-Trainerinnen Melanie und Minitta Kandlbauer. In ihrem Kinderbuch "Gute Nachrichten aus aller Welt" erzählen sie positive Geschichten.
Viele Menschen sehnen sich zur Zeit nach guten Nachrichten. Besonders Kinder sind häufig verunsichert durch die zahlreichen Meldungen über Kriege und Konflikte, Armut oder Naturkatastrophen. Die Schwestern Minitta und Melanie Kandlbauer sprechen deshalb in ihrem neuen Kindersachbuch ihr Publikum direkt an und drehen die Perspektive um. Sie geben positive Informationen über Länder, aus denen in der Regel vor allem über Probleme berichtet wird.

Wenn du nur Schlechtes von einem Land weißt, dann weißt du zu wenig. Denn in jedem Land gibt es wunderschöne Orte, und überall auf der Welt leisten Menschen Großartiges. Genau darum geht es in diesem Buch. Wir werden dir Länder zeigen, aus denen viele Leute zu uns kommen, wie Rumänien, die Türkei und Nigeria. Außerdem sprechen wir über Länder, von denen wir selten hören, wie über Samoa und Neuseeland. Wir haben auch Länder wie Afghanistan, Sudan, Somalia, Syrien und die Ukraine ausgewählt. Diese Länder kannst du momentan nicht bereisen, weil dort Krieg herrscht. Trotzdem gibt es von dort viel Gutes zu berichten.

Melanie und Minitta Kandlbauer in "Gute Nachrichten aus alle Welt"

"Viel Gutes" ist vielleicht ein bisschen dick aufgetragen. Wobei der Begriff "gute Nachrichten" aus dem Buchtitel ohnehin etwas irreführend ist.

Fun Facts aus aller Welt

Die österreichischen Autorinnen verstehen den Begriff "gute Nachrichten" nicht im journalistischen Sinne als aktuelle Meldungen, sondern sie haben interessante Fakten aus Geschichte und Gegenwart ebenso zusammengetragen wie Fun Facts aus den jeweiligen Ländern. Diese Kuriositäten prägen sich natürlich besonders gut ein: In England ist es zum Beispiel gesetzlich verboten, in Ritterrüstung ins Parlament zu gehen. In Kamerun leben mit drei Kilo Gewicht die größten Frösche der Welt, die Ochsenfrösche. Eiscreme wurde in China erfunden.
Im Zentrum des Buches stehen aber landeskundliche Informationen, die tatsächlich wenig bekannt sein dürften. In Papua-Neuguinea spricht man beispielsweise 800 Sprachen - mehr als in jedem anderen Land der Welt. Ruanda ist das Land mit den meisten Frauen im Parlament.

Umweltschutz ist in Namibia wichtig. Deshalb beschloss Namibia als eines der ersten Länder der Welt, Umweltschutz in der Verfassung festzuschreiben. Das bedeutet, dass sich die Politik um den Schutz der Natur kümmern soll. Nur so können wir unsere Erde retten.

Melanie und Minitta Kandlbauer in "Gute Nachrichten aus alle Welt"

Das Kindersachbuch ist nach Kontinenten gegliedert. Selbstverständlich beginnen die Autorinnen mit Afrika, nicht mit Europa - auch das gehört zum programmatischen Perspektivwechsel. Jedem ausgewählten Land ist dann eine von Illustratorin Yani Hamdy farbenfroh gestaltete Doppelseite gewidmet. 

Positive Geschichten blenden Wichtiges aus

Die Darstellungen Russlands, die leicht an Kreml-Propaganda erinnern, und der Ukraine ohne jegliche Erwähnung des Krieges wirken ein wenig kurios. Hier wird offenkundig, dass die durchweg positive Darstellung genauso eindimensional ist wie die permanent negative. Auch diese Information aus Afghanistan hat den Beigeschmack der Schönfärberei.

In den Felsen von Bamiyan standen einst gigantische Buddha-Statuen. In den Höhlen dahinter verbergen sich die ältesten Ölgemälde der Welt. Sie wurden im 7. Jahrhundert erschaffen.

Melanie und Minitta Kandlbauer in "Gute Nachrichten aus alle Welt"

Dass die Statuen 2001 von den nun wieder in Afghanistan regierenden Taliban zerstört wurden und damit möglicherweise auch die Gemälde in Gefahr sind, erwähnen Melanie und Minitta Kandlbauer nicht. Aber diese Kröte muss man für die erwünschte Änderung des Blickwinkels wohl schlucken, denn ein differenziertes Einordnen der Informationen würde jeglichen Buchrahmen sprengen.

Eltern sollten Zusammenhänge erklären

Die Kontextualisierung bleibt den Eltern überlassen, die die Lektüre von "Gute Nachrichten aus aller Welt" im besten Falle begleiten sollten.
Passagenweise hat der Text einen stark appellativen und moralisierenden Ton, beispielsweise im einleitenden Kapitel über Vorurteile - dass aus Syrien, Russland oder Israel zur Zeit kaum gute Nachrichten kommen, hat wohl eher wenig mit Vorurteilen zu tun. Dabei wäre der erhobene Zeigefinger gar nicht nötig, denn das Kindersachbuch weitet durch die vielen wenig bekannten Informationen den Blick auf "Die Welt zwischen den Nachrichten", wie man in Anlehnung an den aktuellen Roman von Judith Kuckart sagen könnte.
Yani Hamdy hat "Gute Nachrichten aus aller Welt" in knallig bunten Farben und mit viel Aufmerksamkeit für die Details gestaltet. Die fröhlich-freundliche Optik trägt viel dazu bei, dass dieses Buch Lust macht, die Welt einmal anders zu sehen.
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