Rezension
© Hanser
Eat, Poop, Die. Wie Tiere unsere Welt verändern
06:13 Minuten
Joe, Roman
Übersetzt von Nikolaus Palézieux
Eat, Poop, Die. Wie Tiere unsere Welt verändernhanserblau, 2024304 Seiten
18,00 Euro
Fressen, kacken, sterben? Auf Deutsch klingt der Titel von Joe Romans Buch etwas unflätig. Dabei untersucht der Meeresökologe genau das: Wovon ernähren sich Tiere? Wo verrichten sie ihre Notdurft? Und vor allem: Welche Folgen hat das für die Natur?
Man könnte vielleicht sagen: Neues Leben entsteht dort, wo altes sich erleichtert.
1963 erhob sich bei Island eine neue Insel aus dem Atlantik durch einen unterseeischen Vulkanausbruch – über zwei Quadratkilometer heißes, neues, totes Land. Die ersten Besucher waren Seevögel. Jahre später nisten ganze Vogelkolonien auf der neuen Erde. Wo sie brüten und ihren Kot unter sich lassen, wächst bald grünes Gras. Die Vögel bringen Samen und Nährstoffe auf die anfangs sterile Insel.
In den Ozeanen ist die "Walpumpe" ein wesentlicher Faktor: Wale bringen viele Nährstoffe aus der Tiefsee an die Oberfläche, wo sie sich erleichtern. Das wiederum kurbelt das Wachstum von Plankton und Algen an, die Fotosynthese betreiben und anderen Fischen als Nahrung dienen. Damit steigern Wale die Produktivität des gesamten Meeresökosystems.
Tiere als Ingenieure des Ökosystems
Joe Roman reist quer durch die Welt, von Island über Alaska nach Hawaii und in die Serengeti. Dabei ist er Zusammenhängen auf der Spur, die in der Biologie erst seit wenigen Jahrzehnten die gebührende Aufmerksamkeit bekommen: Er schreibt über Tiere als Ökosystemingenieure, als Gestalter und Bewahrer von Lebensräumen. An vielen Beispielen führt er vor, wie Büffel, Wölfe, Nilpferde, Papageifische, Mücken oder Seeotter ihre Umwelt prägen. Wie sie Pflanzen düngen, Landschaften beweiden und wertvolle Ressourcen aus nährstoffreichen Gebieten in nährstoffärmere transportieren.
Staunen über fantastische ökologische Zusammenhänge
Fast tagebuchartig – lebendig und unmittelbar – schildert er die Begegnungen mit seinen Kollegen, den Spezialisten vor Ort, die von ihrer Arbeit und ihren Beobachtungen berichten. Manche Forschung erscheint dabei auf den ersten Blick skurril, wie eine "Theorie des Kackens" und eine systematische Untersuchung des Urinierens bei Tieren (ausgezeichnet mit dem Ig-Nobelpreis).
Aber die verheerende Jagd auf viele Arten und die Zerstörung von tierischen Lebensräumen durch den Menschen lässt langsam spüren, wie wichtig diese Arbeit der Tiere für funktionierende Ökosysteme ist – und wie sehr sie mancherorts fehlt. Stärkere Wildtierpopulationen, so Joe Roman, könnten sogar ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den Klimawandel sein.
"Eat, poop, die" bietet nicht nur einen unverkrampften Blick auf die natürlichsten Vorgänge der Welt, es ist auch ein Buch über fantastische ökologische Zusammenhänge, das uns staunen lässt über das unverzichtbare Wirken der Tiere.