Rheinland-Pfalz

Beim Frauenduell ist auch die Verliererin weiblich

Die Spitzenkandidatin der CDU, Julia Klöckner (r) und die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer.
Die Spitzenkandidatin der CDU, Julia Klöckner (r) und die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer. © dpa / picture alliance / Uwe Anspach
Von Anke Petermann |
In Rheinland-Pfalz standen sich zwei Frauen gegenüber: Malu Dreyer und Julia Klöckner. Erstmalig in der Geschichte der Bundesländer hat es ein solches Frauenduell gegeben. Als hart, aber fair bezeichnen Beobachter den Wahlkampf.
Dreyer oder Klöckner. Frau bleibt Regierungschefin oder wird es, das stand diesmal zur Auswahl, nicht Männlein oder Weiblein.
"Und ich finde es auch wirklich wunderbar, dass es zwei Frauen sind, weil es ganz ungewöhnlich ist",
meint die SPD-Anhängerin Gerlinde Dahm. Womit die Frage beantwortet ist, ob man über Frauenduelle in dieser emanzipierten Republik wirklich noch reden muss. Muss man vielleicht nicht, kann man aber...
"...weil die Politik in vielen Fällen sehr männerdominiert ist, sehr auch von Gepoltere geprägt ist und das an dieser Ecke ganz anders rüberkommt, weil Frauen an viele Sachen auch anders rangehen, anders rüberkommen ohne dass ich das bewerten möchte und sagen Männer sind besser oder Frauen sind besser."
Ich möchte es gern bewerten: Poltern nervt, darauf kann man verzichten. Siehe Gerhard Schröders schlechten Verlierer-Auftritt vor zehn Jahren: ätzend, höhnisch, vielleicht alkoholschwanger - "suboptimal" wird er selbst später sagen.

Malu Dreyer: Feminismus mit Etikette

In Rheinland-Pfalz steht als Wahlsiegerin jetzt eine Genossin fest: diejenige, die beim Lachen immer die Nase kräuselt und ihre Reden mit "meine Herren und Damen" beginnt. Feminismus mit Etikette – Markenzeichen von Malu Dreyer, seit drei Jahren Ministerpräsidentin, seit gestern mit Zukunft in diesem Amt. Schade ist: wenn zwei Frauen kämpfen, muss eine die Verliererin sein. Das ist diejenige, die sagte, "die Integration entscheidet sich an der Frauenfrage". Sollte heißen: Macho-Muslim-Männer aufgepasst - Julia Klöckner will aufräumen in den hintersten Winkeln der Parallelgesellschaft. Die es in Rheinland-Pfalz nicht gibt. Sagt jedenfalls Malu Dreyer. Felix Leidecker, Kreischef der Jungen Union Mainz, glaubt ihr das nicht, zieht aber in punkto Wahlkampf eine positive Bilanz:
"Bisschen weniger – ja, ob man jetzt 'Macho-Gehabe' sagen will. Die sind schon fair miteinander umgegangen. Das war angenehmer als sonst. Muss man als Mann auch mal ganz ehrlich sagen. Das war hart in der Sache …"
Hart aber fair, bis zum Schluss. Klöckners Wahlnachlese kam ohne Promille und polternden Machismo aus. Lächeln, Handschlag, wohl gesetzte Worte.
"Wir müssen verantwortungsvoll mit den Stimmen der Wähler umgehen, und dann werden wir dafür sorgen, dass eine starke CDU im Landtag vertreten sein wird."
Mit Julia Klöckner hat sich soeben eine der raren Nachwuchshoffnungen der CDU zerlegt. Ob ihre Niederlage Angela Merkel, die mächtigste Frau Europas, geschwächt oder gestärkt hat – noch offen. Ob Dreyers Sieg deren Parteiboss stärkt – ebenso offen. Denn gewonnen hat die Mainzer Regierungschefin ja nicht wegen, sondern gegen Sigmar Gabriel. Doch vorerst sieht es so aus, als habe die Geradlinige den – politisch jedenfalls – Torkelnden gerettet. Jetzt ist sie, Dreyer, wiederum auf einen Mann angewiesen. Denn:
"Demokratie erfordert eigentlich, dass man nicht mit einem großen Block im Parlament vertreten ist, sondern, dass man sich bemüht um Mehrheiten."

FDP-Landeschef muss überzeugt werden

Um rot-gelb-grüne Mehrheiten will sich Dreyer bemühen. Denn der Gro-Ko-Block mit der einstigen Widersacherin Klöckner als Stellvertreterin an der Regierungsspitze ist der Siegerin unsympathisch. Die sehr weibliche Grünen-Führung ist zur Ampel bereit. Bei der FDP kommt jetzt der Mann ins Spiel, auf den Dreyer angewiesen ist: Landeschef Volker Wissing. Er muss für die Ampel-Koalition gewonnen werden. "Der macht den Haushalt" tönte Wissing auf diesen aberwitzigen Wahl-Plakaten mit seinem verfremdeten Konterfrei in Magenta-Blau-Gelb. Jetzt ist die Frage: macht Wissing den Haushalt für jede, oder ist er wählerisch? Auf Dreyers indirekte Anfrage ziert sich der rheinland-pfälzische Ober-Liberale:
"Wenn andere mit uns über liberale Politik sprechen wollen, sind wir offen dafür …"
Reden will er jetzt, statt Besen und Lappen in die Hand zu nehmen. Geht gar nicht. Er hatte doch versprochen, aufzuräumen – und den Kehraus in der Finanz- und Wirtschaftspolitik in Aussicht gestellt. Bevor die Sozen die nächste Million in ein Kettenkarussell am Flughafen Hahn investieren oder den Hochmoselübergang zur Geisterbahn auf gruselig wackelnden Pfeilern ausbauen, wäre doch gut, Wissing löste das Versprechen ein.
Eine Frau hat die Wahl gewonnen, ein Mann will es ihr schwer machen, das auszukosten. Kein Geheimnis, was vor allem SPD-AnhängerInnen an diesem Nachwahl-Tag denken. "Mein Gott, Volker, ran an den Haushalt!"
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