Viel Lärm um die Stille im Nationalpark
Das Genießen der Ruhe in der Natur ist Staatsziel in Rheinland-Pfalz − dem dienen Naturparke und jetzt auch ein Nationalpark. Doch es gibt lautstarken Parteienstreit um die Frage, ob der neue Nationalpark im Hunsrück zu viel Geld auf Kosten der alten Naturparke bekommt.
Erholung in der Stille. Entspannung mit den natürlichen Geräuschen des Waldes. Das ist ein gesetzlich festgeschriebenes Ziel, dem sechs Prozent der Landesfläche von Rheinland-Pfalz dient. 44 Kernzonen in den acht Naturparken des Landes sind solche stillen Zonen, in denen gestresste Städter durchatmen können. Eine gute Idee der CDU:
"Die Naturparks wurden eingerichtet noch unter CDU-Ministern damals, Gölter und Professor Töpfer, so Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre. Weil man da schon die Notwendigkeit gesehen hat, eine vernünftige Entwicklung der ländlichen Räume voranzutreiben. Damit die ländlichen Räume nichts in Hintertreffen zu den Ballungsgebieten geraten."
... sagt Arnold Schmitt, umweltpolitischer Sprecher der rheinland-pfälzischen CDU-Landtagsfraktion. Er argwöhnt nun, die rot-grüne Landesregierung will das alte CDU-Projekt der Naturparke austrocknen:
"Und zwar hat die CDU das Gefühl – nicht nur das Gefühl, die Indizien liegen also dafür vor, dass die Naturparke ein Stück weit ausgetrocknet werden sollen, um den ganzen Fokus der Landesregierung auf den neuen Nationalpark zu richten."
Eine Neiddiskussion, findet die SPD-Ministerin
Auf den neuen Nationalpark im Hunsrück nämlich – den ersten Nationalpark in Rheinland-Pfalz. Dass er tatsächlich ein Lieblingsprojekt der grünen rheinland-pfälzischen Umweltministerin Ulrike Höfken ist, verschweigt diese nicht. Aber dass sie den Nationalpark gegen die alten Naturparke des CDU-Umweltvorkämpfers Klaus Töpfer ausspielen wolle, weist Höfken empört zurück:
"Also die Position der CDU ist ganz einfach: Man führt eine Neiddiskussion, um den Nationalpark zu diskreditieren und das finde ich verantwortungslos."
Doch nicht nur die CDU-Opposition im rheinland-pfälzischen Landtag sorgt sich um ihre alte Erfindung der Naturparke, sondern auch die Park-Vorsitzenden selbst. Sie haben diese Sorge auch öffentlich geäußert und die CDU um Unterstützung gebeten. Man befürchtet, dass die rot-grüne Regierung in Mainz die institutionelle Förderung der Naturparke ganz abbaut und künftig nur noch immer neu zu beantragende Projektmittel bewilligt. CDU-Umweltpolitiker Arnold Schmitt spricht von rund einer Million Euro institutioneller Förderung, die das Land eigentlich zusätzlich von den Kommunen übernehmen müsste:
"Über 30 Prozent unser 2300 selbstständigen Ortsgemeinden und Städte liegen in Naturparken. Diese müssten eigentlich komplett übernommen werden. Und bei der Projektförderung, da müssen wir drauf dringen, dass wenn das Land Projekte genehmigt, dann muss es auch die Finanzierung bereitstellen. Und das passiert im Moment nicht oder sehr spät."
Dass es Probleme bei der Genehmigung von Projektanträgen der Naturparke gibt, räumt auch die grüne Umweltministerin Ulrike Höfken ein. Doch sie bestreitet, dass das Land die institutionelle Förderung der Naturparke zu Gunsten des Nationalparks und des Biosphärenreservates Pfälzer Wald/Nordvogesen ganz streich will. Dennoch müsse auch Geld in große Naturschutzprojekte außerhalb der Naturparke fließen können, so Höfken:
"Beispielsweise der Nationalpark, aber auch die Auwälder, Natura 2000, die Bewirtschaftungsprogramme, die Erstellung von Maßnahmen. Also eine ganze Reihe unterschiedlicher Naturschutzprojekte, die aber auch allesamt ihre Berechtigung haben und nebeneinander unterstützt werden müssen."
Es droht die "Stillegung", glaubt die CDU
Die CDU glaubt jedoch, die Ministerin habe ein besonderes Faible für die Wildnis, die in einem Nationalpark großflächig entsteht, weil auf 85 Prozent der Fläche nicht mehr abgeholzt werden darf – der sogenannte Prozessschutz:
"Und das ist unserer Meinung nach das grundsätzliche Übel bei dieser Landesregierung oder gerade auch bei der Ministerin Höfken. Sie will gerne die Stilllegung, das heißt die Natur der Natur überlassen, wie sie immer so schön sagt, und die Naturparke haben natürlich ihren Fokus darauf, dass man hier das Land vernünftig nutzt mit dem Naturschutz zusammen, und nicht stilllegt."
Ulrike Höfken, die selbst aus der Landwirtschaft kommt, hält dagegen. Die Wildnis des Nationalparks Hunsrück sei nicht ihr persönlicher Spleen, sondern die Umsetzung übergeordneter Ziele:
"Wir arbeiten daran, die Ziele der nationalen Biodiversitätsstrategie zu erreichen. Das sind auch die EU-Ziele, das sind auch internationale Ziele. Das heißt, zehn Prozent der Waldfläche unter Prozessschutz zu stellen. Da sind wir jetzt schon ziemlich nah dran. Ich glaube, das ist unsere Verantwortung als Land, diese nationale Strategie auch zu unterstützen."
Doch auch die Stille in der Kernzone der Naturparke ist besonders schützenswert. Zumindest bei diesem Punkt sind sich Regierung und Opposition in Rheinland-Pfalz einig.