Dieser Beitrag ist eine Wiederholung vom 25. April 2021)
Rhythmus und Bewegung
140 bis 160 Beats per Minute sind eine gute Schlagzahl fürs Laufen. Generell hilft Musik beim Bewegen. © imago / Picua Estudio
Der richtige Beat unterstützt beim Sport
23:15 Minuten
Ob Schlager, Rap, Metal oder Pop – sich mit Musik zu bewegen, gelingt leichter als ohne. Musik, Rhythmus und Tanz vergrößern und verbessern das gesamte Bewegungsrepertoire. Davon profitieren nicht nur Sportler, sondern schon Grundschulkinder.
"'We will rock you' von Queen hat einen sehr eingängigen und motivierenden Rhythmus", erklärt Sportlehrerin Nele Beensen-Hochfeld: "Kurz-kurz-lang, kurz-kurz-lang. Den üben wir erst mal ganz viel durch Body-Percussion oder kleine Schritte oder Sprünge. Wenn der dann richtig sitzt, übertragen wir den Rhythmus auf Gymnastikstäbe."
Die Kinder halten zwei Stäbe, klopfen mit ihnen auf den Boden, öffnen und schließen die Stäbe dabei. "Es geht also immer: auf-auf-zu, auf-auf-zu. Dann kommt ein drittes Kind und probiert verschiedene Lauf- und Sprungmöglichkeiten durch diese Stäbe, die sich immer wieder im Rhythmus schließen und öffnen. Das kann man mit einem Bein ausprobieren, mit beiden Beinen, vorwärts, rückwärts, hin und zurück, da sollen die einfach viel ausprobieren und dann kleine Möglichkeiten festlegen."
Passende Worte zur Musik
Später setzt die Grundschullehrerin Gummitwistbänder ein. Die Kinder sind aufgefordert, die Motive von den Gymnastikstäben nun an den wackeligen Gummibändern zu springen. Sie können sich an den Händen fassen, die Arme dazu bewegen, seitwärts, vorwärts, rückwärts durch die Gummis laufen. Ein neuer Song kommt hinzu: "Can't hold us" von Macklemore.
Jetzt wird es variantenreicher: Die Schülerinnen und Schüler halten den Beat in der Musik oder verdoppeln oder halbieren ihn. "Dadurch ergeben sich schon wieder unterschiedliche Sprungmuster. Wenn man im Beat springt, kann man zum Beispiel sagen: 'Auf-zu, auf-zu'; oder man verdoppelt das Ganze und sagt: Hinher, Hinher, Rechtslinks, Rechtslinks. Oder wenn man ins halbe Tempo geht, dann kann man schon größere Sprünge oder Drehungen mit einbauen, wo man dann sagt: in die Mitte, raus. Wichtig ist es immer, dass man zu diesen einzelnen Rhythmen eben auch die passenden Worte findet."
So können sich die Neun- oder Zehnjährigen ihre Bewegungsfolgen gut merken, sie automatisieren und am Ende auch beschreiben, was sie hier tun. "Je mehr die da einsteigen, desto mehr Möglichkeiten bekommen die auch", sagt die Lehrerein. "Sie auschen sich toll aus, bringen sich die Sachen gegenseitig bei und erweitern damit ihr ganzes Bewegungsrepertoire unglaublich. Es wird leicht und einfach eigentlich relativ kompliziertes Material vermittelt."
Nele Beensen-Hochfeld zählt die Möglichkeiten auf. "Man kann mit Bällen tolle Sachen machen, man kann die in verschiedenen Rhythmen prellen oder im Beat zur Musik weiter passen. Auch schön, um vielleicht ein neues Thema einzuführen. Es gibt immer noch so einen kleinen neuen Aspekt, den die Kinder vielleicht mit der nächsten Sportart gar nicht so richtig assoziieren und verbinden, gibt eine schöne Übung und einen leichten kreativen Einstieg."
Musik bringt den Körper in Schwung
Rhythmisches Bewegungslernen an einer Grundschule in Wuppertal. Die Sportpädagogin setzt es ein, so oft es geht. Die Kinder haben Spaß und bewegen sich spielerisch und doch gezielt.
Die enge Verbindung von Rhythmus und Bewegung wird auch an der Deutschen Sporthochschule in Köln gelehrt. "Bewegen und Gestalten" wird an der Hochschule im Lockdown entweder online oder in kleinen Gruppen angeboten.
Claudia Steinberg, Professorin für Tanz und Bewegungskultur, sagt dazu: "Die Studierenden erfahren ihren Körper einzusetzen, ihre Gleichgewichtsfähigkeit einzusetzen, ihre Bewegungen zu koppeln mit Armen und Beinen. Kann ich den Kopf und das Becken isolieren? Oder kann ich zum Beispiel nur einen Fuß heben? Das sind besondere Aufgaben, die im Tanz ermöglichen, den Körper, das Bewegungsbewusstsein zu schulen."
An der Kölner Sporthochschule ist Bewegen und Gestalten ein Pflichtkurs für alle Studierenden, egal ob sie später einmal im Leistungssport, in der Sportwissenschaft oder in der Sportpädagogik aktiv sein wollen. Sie sollen ihre körperlichen Möglichkeiten ausloten und dies auch anderen vermitteln können.
Training für das Rhythmusempfinden
Musik und Tanz – Rhythmus und Bewegung – sind eng ineinander verwoben. Musik trainiert das Rhythmusempfinden jedes Menschen, musikalische Impulse und Reize bringen uns in Schwung und je genauer wir auf sie reagieren, desto mehr Bewegungsvarianten kann unser Körper ausprobieren und üben.
Daneben steckt in jeder alltäglichen wie sportlichen Bewegung auch eine eigene rhythmische Struktur: ein bestimmter Ablauf, ein besonderer Krafteinsatz, ein spezielles Tempo beim Gehen und Heben, im Weitsprung, beim Karate, auf dem Schwebebalken. Wer hier die jeweils körperlichen Rhythmen erkennen und erfassen kann, lernt auch, sich individueller, geschmeidiger und effektiver zu bewegen.
Musik und Rhythmus können dabei helfen, sich Bewegungen anzueignen, sie zu verfeinern und weiter zu entwickeln. Doch das muss sich jeder Mensch erst vergegenwärtigen und in sich hinein fühlen, denn die meisten unserer Bewegungen laufen intuitiv und unbewusst ab. Es beginnt mit dem Gehen.
"Wir können schneller oder langsamer gehen, aber wir empfinden diesen Rhythmus", erklärt Kognitionsforscherin Bettina Bläsing im Gang ihres Bielefelder Universitätsinstituts: "Wir können auch, wenn wir darauf achten, eine Koordination des ganzen Körpers, unseres gesamten Bewegungsapparates erleben. Unsere Arme, die vielleicht pendeln, sind beteiligt. Natürlich unsere Wirbelsäule, unser Rücken, der aufgerichtet ist. Und je nachdem, auf welchem Boden wir gehen, erleben wir mehr oder weniger Stabilität, wir erleben, wenn wir darauf achten, die Anpassung an das Gehen an den Boden."
Vom Ohr ins Gehirn
Ein klassisches Beispiel: Kinder wärmen sich im Sportunterricht auf, während die Lehrkraft die Trommel schlägt; sie reagieren auf die unterschiedlichen Rhythmen und schreiten, laufen oder schleichen.
Wie kommt es zu diesem Bewegungsimpuls? Antworten aus der neueren Hirnforschung: Wenn wir Musik oder akustische Reize hören, werden diese im Innenohr in akustische Impulse umgewandelt. Von dort aus leitet sie der Hörnerv ins Hörzentrum im Gehirn. Weil wir dort den Rhythmus einer Musik entschlüsseln und auch verarbeiten können, wippen wir zum Beispiel spontan mit den Füßen. Über das Großhirn gehen die musikalischen Informationen als Nervensignale an die Muskeln: Die passenden Bewegungen werden geplant.
Je zahlreicher und vielseitiger wir diesen Ablauf üben, desto variantenreicher wird unsere Motorik. Wir speichern das Trainierte ab und entwickeln Fähigkeiten daraus, die wir automatisch abrufen können. Wir nehmen sie auch besser und intensiver körperlich wahr. Jede bewusste rhythmische Bewegung unterstützt diesen Prozess.
Das Tanzen als befreiende Ganzkörperbewegung vermag dies ganz besonders. Tanzen richte unsere Aufmerksamkeit und unser Bewusstsein immer auf die Bewegungsprozesse, sagt Bettina Bläsing: "Wenn ich tanze, dann ist vieles an der Bewegung bewusster. Ich setze mich intensiver mit der Bewegung auseinander. Ich nehme einen musikalischen Rhythmus wahr und dann fange ich an zu grooven." Das sei individuell ganz unterschiedlich. "Ich kann meine Bewegungsamplitude stark vergrößern, ich kann aber auch einfach damit so zurückhaltend bleiben, dass ich hauptsächlich die Grundmuskulatur und ein bisschen die Extremitäten bewege."
Sich vielfältig bewegen können, heißt also, sich auch selbst rhythmisch auszuprobieren. Das ist eine lebenslange Entdeckungsreise. Schon Babys lieben Rhythmusspiele. Kleinkinder hüpfen und tanzen gern, sie erfahren und üben später die eigenen inneren Rhythmen beim Balancieren, beim Laufrad- und Fahrradfahren, auf dem Skateboard.
Dieses Körpergefühl soll ihnen nicht abhandenkommen, muss aber im Sport auch explizit angesteuert werden. Musik leistet da die entscheidende Hilfestellung. "Das versuchen wir jetzt auch hier in der Lehre besonders deutlich zu machen, dass das wichtig ist auch. Die Musikauswahl für Training, für Unterricht", sagt Claudia Steinberg.
Mit dem Lieblingssong zum Lauf
Musik und Rhythmus sind ein Motor, der motivieren und pushen kann oder rhythmische gleichmäßige Bewegungen unterstützt. Eine mögliche Trainingshilfe im Ausdauersport. Schwimmen, Radfahren, Laufen.
Entscheidend sind dabei die Beats per Minute, die Schläge pro Minute: 90 oder 100 Beats pro Minute eignen sich gut zum Gehen oder Walken, erst bei 140 bis 160 Schlägen pro Minute kommen viele überhaupt erst ins Laufen. Der Standardsong von Simon Drosten dazu ist "Human" von Rag'n'Bone Man.
Doch der Gütersloher Gymnasiallehrer Drosten startet auch immer wieder Laufprojekte, damit seine Schülerinnen und Schüler im Teenageralter herausfinden können, was genau zu ihnen passt. Beim Laufen im Beat mit Musik auf den Ohren.
"Letztendlich ist das Ziel, dass jede Schülerin und jeder Schüler Musik auf dem Ohr hat, die exakt ihrer eigenen Schrittfrequenz entspricht", sagt Drosten. "Denn nur so kann dieser so genannte Cardiac-Locomotor-Coupling-Effekt stattfinden."
Die Theorie dahinter besagt: Entspricht das Musiktempo genau der Schrittfrequenz einer Person, hat dies positive Einflüsse auf ihre Motivation, ihren Puls und ihre Atmung und auch auf ihre Laufleistung.
Das Lauftagebuch zeigt den Erfolg
Momentan können die Schulklassen nicht live ihre Runden drehen. Sie haben aber ihre Erfahrungen im Praxistest in Lauftagebüchern dokumentiert. "Wenn wir rein auf die Ergebnisse schauen, dann sehen wir schon, dass diese positiven Effekte vorherrschen. Das heißt, wenn sich die Musik meiner Schrittfrequenz anpasst, beziehungsweise umgekehrt, dann können wir schon erkennen, dass sich Belastungsempfinden und letztendlich auch die gelaufene Zeit verbessern."
Der Sportlehrer sieht in den Laufprotokollen aber auch, dass 70 Prozent der Jugendlichen immer wieder auf die Musik zurückgreifen, die sie sowieso hören.
"Was allerdings zu beobachten ist, und das machen auch ganz viele Schüler: Dass sie nach Musik suchen, die ihnen gefällt, die aber trotzdem in ihrer Schrittfrequenz stattfindet. Das ist ein bunter Mix aus Deutsch-Rap, aus Metal, aus Pop, teilweise laufen auch Schülerinnen und Schüler zu Schlager. Da spüren wir dann tatsächlich die allerbesten Effekte, weil da sozusagen diese beiden Dimensionen zusammenkommen."
Die optimale Musik zum optimalen Lauftempo. Ein guter und gewinnbringender Rhythmus in einer Bewegung ist ein persönliches Empfinden, das genauso geschult werden kann wie die Techniken jeder Sportart. Wer gelernt hat, die eigenen körperlichen Möglichkeiten auszutesten und zu erweitern, wer bewegungsvariabler geworden ist, profitiert dann davon beim Geräteturnen wie beim Fußball.
Eigenwahrnehmung erlernen
Tempowechsel, Richtungsänderungen oder Stopps klappen schneller und besser. Das Radschlagen wird runder. Der Hürdenlauf exakter. Auch im Ski-alpin können Sprechrhythmen oder Musikstücke dabei helfen, beim Kurvenfahren in den eigenen geschmeidigen Fluss zu finden.
Musik, Rhythmus und Tanz vergrößern und verbessern unser gesamtes Bewegungsrepertoire. In Köln testen es die Sportstudierenden zu den Klängen der Hang-Schalen aus. Das ist für viele aus der Leichtathletik oder den Ballsportarten zunächst eine ungewohnte Erfahrung, beobachtet Claudia Steinberg. Denn dort gehe es entweder mehr um den Ball, "oder es geht darum, schnell anzukommen, schnell zu rennen."
"Wir legen den Fokus mehr auf den Körper an sich und die Durchführung: Also wie bewege ich mich, wie setze ich den Fuß auf, wie hebe ich den Arm, wie drehe ich mich zum Boden – ohne Zeitdruck?", erläutert die Kölner Professorin. "Es geht darum, das nennt man auch Propriozeption, dass das Bewegungsempfinden geschult wird, dass beispielsweise Körperhaltung, seine eigene Bewegungshaltung, die Stellung der Schultern nicht nur nebenbei zur Verbesserung einer Wurfauslage wichtig sind."
Eigenwahrnehmung des Körpers
Propriozeption, die Eigenwahrnehmung des Körpers, wird oft auch als sechster Sinn des Menschen bezeichnet. Es ist die Fähigkeit, Richtung und Geschwindigkeit einer Bewegung wahrzunehmen, sich des Muskeltonus’ und der Veränderung der Körperhaltung bewusst zu werden.
In Muskeln, Sehnen, Bändern und Gelenken befinden sich Sinnesrezeptoren. Durch eine Bewegung werden sie aktiviert und liefern dem Gehirn Informationen über die Stellung der Gliedmaßen, die die Bewegungen ausführen. Aber auch darüber, welches Ausmaß eine Bewegung hat, wie viel Kraft eingesetzt wird, wie viel Spannung in den Sehnen, Muskeln und Bändern ist, und wo sich der eigene Körper befindet.
Ein paar Übungsbeispiele, die Schweizer Sportpädagoginnen und -pädagogen erarbeitet haben.
Ein Schmetterschlag am Netz im Volleyball, Anlauf und Absprung beim Schmetterschlag: Die Schrittfolge ist Links-rechts-links-Sprung. Das Ziel ist, den Anlauf und Absprung für eine optimale Höhe einzuüben und einen senkrechten Absprung vor dem Netz und eine Landung im Gleichgewicht zu erreichen.
Eine Täuschung zur Wurfarmseite im Handball. Beidbeinige Landung links vor der Verteidigerin. Schneller Schritt nach rechts und Schritt links in Richtung Tor. Schrittfolge: beidbeinige Landung – Seitschritt rechts – Absprung links. Eine Übung, um den Handball in der Luft fangen zu können, im Gleichgewicht zu landen und Schrittfehler zu vermeiden.
Oder der Wechselschritt-Stemmschritt beim Werfen. Der Anlauf und die Wurfauslage beim Werfen: links-rechts-links. Der erste Schritt links ist ein Impulsschritt, dann folgt der Stemmschritt in die Wurfauslage: Rechtslinks. Aus diesen letzten drei Schritten wird schließlich ein Fünfschrittanlauf. Dadurch wird ein dynamischer Impulsschritt trainiert und der Körper durch die letzten Schritte in die Wurfauslage gebracht.
Musik hilft, Bewegung zu ordnen
Bei all diesen Übungen erleben die Sportlerinnen und Sportler körperliche Anspannung und Entspannung im Rhythmus. Die Musik hilft dabei, die Bewegungen zu ordnen, sie kann zusätzlich motivieren und die Intensität steigern. Letztlich, so betonen die Schweizer Sportpädagoginnen und -pädagogen, gehe es jedoch immer darum, die Kernrhythmen einer Sportart individuell gestalten zu können. Dazu ist viel freie Ganzkörperbewegung die Grundlage.
Die Berliner Rhythmikprofessorin Dorothea Weise: "Dass ein Bewegungsanfänger Bewegung über das Auge lernt, also versucht, die Form nachzumachen. Ein Bewegungskönner spürt, wie sich die Bewegung anfühlt, während er sie sieht, und kann sie deswegen mitvollziehen. Also je mehr Bewegungserfahrung ich habe und Flexibilität in meinem Repertoire, desto vielfältiger kann ich auch reagieren und desto vielfältiger werden auch meine Wahlmöglichkeiten letztlich im Gestalten von Bewegung."
Ein guter Rhythmus in einer Bewegung hängt immer mit der Person zusammen, die sie ausführt, mit ihrem Charakter und ihrem Ansporn, mit dem, was sie sich bereits an körperlichen Fertigkeiten erarbeitet hat. Daher ist es grundsätzlich sehr schwierig, Bewegungen genau zu analysieren und sich im Detail bewusst zu machen. Damit hat sich die Tanztheorie bislang sicherlich am intensivsten auseinandergesetzt.
"Was passiert da überhaupt? Die innere Motivation des Menschen kann ich ja von außen gar nicht wirklich wahrnehmen", sagt die Tanzpädagogin Antja Kennedy. "Wenn ich von außen etwas betrachte, kann ich aber trotzdem sagen: Was für ein energetischer Zustand ist das?"
Labans Toolbox
Sie unterrichtet in Berlin die "Laban-Bartenieff-Bewegungsstudien" des ungarischen Tänzers und Tanztheoretikers Rudolf von Laban und seiner Schülerin Irmgard Bartenieff. "Eine Toolbox, mit denen ich Bewegungen an sich beschreiben kann und erforschen kann. Also es geht darum, ein Kommunikationsmittel zu haben – über Dynamik zum Beispiel in der Bewegung überhaupt reden zu können!"
Kennedy trainiert mit Laien wie Profis das bewusste Ansteuern unterschiedlichster körperlicher Aktion: Schritte, Schläge, Drehungen, Dehnungen, Kreisen, Heben, Beugen, Strecken. Sie startet ihren Onlinekurs "Fundamental Dance".
Wie verhalten sich Arme und Beine, der Rumpf, der Kopf, die Schultern zueinander, wie spielen sie zusammen? Wie agieren die Körperteile im Raum, auf einer imaginierten vertikalen Fläche, einer horizontalen, auf der sagittalen von vorn nach hinten verlaufenden Fläche?
Die persönliche Färbung kommt hinzu: Welchem Antrieb folge ich? Wie viel Zeit gebe ich meiner rechten Hand? Wie viel Wucht? Verbinde ich meine Bewegungen und bringe sie in einen Fluss? Antja Kennedy testet mit den Übenden: Schweben, Gleiten, Peitschen. Alles wird tänzerischer und darf improvisiert werden.
"Währenddessen man es körperlich und kognitiv begreift, tut und erfährt, merkt man sofort: Was liegt einem?§, sagt Kennedy. "Was ist das, was ich gerne mache? Und was ist ein bisschen merkwürdig bis hin zu 'Das kenne ich überhaupt nicht'."
Vorlieben und auch Blockaden erkennen. Noch leere Räume rund um den eigenen Körper betreten. Ganz andere körperliche Dimensionen erleben. Auch viele Sportlerinnen und Sportler machen beim rhythmischen Bewegungslernen ganz neue Erfahrungen. Wie im Kurs "Bewegen und Gestalten" an der Kölner Sporthochschule.
Bewegung in starre Yogaübungen
Die kluge Musikauswahl spielt dabei eine zentrale Rolle. Claudia Steinberg und ihr Team setzen oft die Songs ein, die auf den Playlists der Studierenden stehen. Sie legen aber auch immer wieder ungewöhnliche Rhythmen auf. Denn auch das erweitert den Bewegungshorizont. Zum Beispiel "Take Five" von Dave Brubeck und Paul Desmond.
Der niederländische Neurobiologe Dick Swaab schreibt dazu in seinem Buch "Unser kreatives Gehirn": "Zu mancher Musik muss man sich einfach bewegen. Wichtig dabei ist ein Durchbrechen des Gleichmaßes, ein Spiel mit dem Timing oder die Verschiebung der Akzente in einen Beat, wie es oft im Funk, im Hip-Hop und in elektronischer Tanzmusik geschieht."
Rhythmisch Tennis spielen oder zyklisch Kraulen lernen, die Atmung integrieren. Der eigene innere Rhythmus lässt sich überall neu entdecken. Selbst in einer Yogaübung wie dem aufrecht stehenden Baum, sagt die Brandenburger Yogalehrerin Beate Couson.
"Der Baum wird normalerweise sehr statisch ausgeführt. Wir pressen den Fuß an die Innenseite des Oberschenkels, wir strecken die Arme, die Arme sind gestreckt. Es ist sehr statisch, sehr äußerlich unbeweglich und unlebendig."
Doch das kann auch ganz anders sein: "Die Arme bewegen sich, die Schultern schwingen so ein bisschen hin und her, wir verlassen die äußere Form und beleben mehr mit unseren Energien und spielen mit den Bewegungsmöglichkeiten im Baum. Bewegung ist sehr individuell, wie auch unser Atem, unser Rhythmus sehr individuell ist. Unseren Körper besser kennenzulernen, darum geht es in der Bewegung."