Ein deutsches Leben
Als Hitlerjunge wurde er an die Front geschickt, später als DDR-Autor zum überzeugten Kommunisten; dann Dissident, der in Bautzen inhaftiert wurde. In den Tonaufnahmen des Rias von 1981 berichtet der 2013 verstorbene Schriftsteller Erich Loest Berliner Schülern aus seinem Leben.
Als letztes Aufgebot wurde der 19-jährige Erich Loest noch in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs an die Front geschickt. Als "glühender Nazi", wie er sich selbst einmal bezeichnete, war Loest 1944 auch Mitglied der NSDAP geworden. Nach kurzer amerikanischer Gefangenschaft und der Arbeit auf einem Rittergut in Leipzig machte er sein Abitur nach und absolvierte 1946 ein Volontariat bei der "Leipziger Volkszeitung".
"Hitlerjunge, Kommunist, Häftling und Dissident"
In der DDR machte ihn sein Roman "Jungen, die übrig blieben" (1950) als Schriftsteller bekannt. Erst überzeugter Kommunist, wurde sein Vertrauen in die DDR durch den blutig niedergeschlagenen Arbeiteraufstand am 17. Juni 1953 nachhaltig erschüttert. Er wandelte sich mehr und mehr vom linientreuen Kommunisten zum DDR-Regimegegner. Wegen "konterrevolutionärer Gruppenbildung" musste der Autor eine siebenjährige Haftstrafe im Zuchthaus Bautzen verbüßen - "gemordete Zeit" nannte er diese Jahre in seiner Autobiografie "Durch die Erde ein Riss".
1981 übersiedelte Loest in die Bundesrepublik, in der er sich schnell einen festen Platz in der literarischen Szene verschaffte. Immer wieder erhob Loest seine Stimme bei politischen Fragen, vor allem, wenn es um den Umgang mit dem kulturellen Erbe der DDR ging und setzte sich für die Neuerrichtung der Leipziger Paulinerkirche ein.
In seinem letzten Werk "Lieber hundertmal irren", das er 2013, kurz vor seinem Tod, veröffentlichte, verarbeitete er autobiografische Notizen aus seiner Jugendzeit.
"Hitlerjunge, Kommunist, Häftling und Dissident - ein Mann des Wortes und des Widerwortes", so charakterisierte Fanziska Augstein den Schriftsteller in der "Süddeutsche Zeitung". (Munzinger / lk)