Richard Nixon

Die unglaubliche Karriere eines gescheiterten Präsidenten

42:55 Minuten
US-Präsident Richard Nixon (l) und der chinesische Premierminister Zhou Enlai am 25. Februar 1972 in Peking. Sie prosten sich gegenseitig zu.
Annäherung politischer Kontrahenten: US-Präsident Richard Nixon (l) und der chinesische Premierminister Zhou Enlai am 25. Februar 1972 in Peking. © imago/UIG
Von Ulf Dammann |
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Mit seiner liberalen Außen- und Innenpolitik hätte Richard Nixon als einer der großen US-Präsidenten in die Geschichte eingehen können. Der Watergate-Skandal überschattet aber alle seine politischen Leistungen. Vor 25 Jahren ist er gestorben.
März 1963. Im Studio des amerikanischen Talk-Show-Stars Jack Paar sitzt ein entspannter 50-jähriger Mann, korrekter dunkler Anzug, schwarze Haare, fröhlich plaudernd, charmant, witzig, mit einem ansteckenden Lachen. Paar spricht mit ihm über allerlei Privates, erzählt von einem gemeinsamen Familienurlaub auf den Bahamas und lüftet schließlich ein Geheimnis:
"Mr. Nixon spielt Klavier und er hat ein kleines Lied komponiert. Wir haben fünfzehn demokratische Geigerinnen engagiert und es als Klavierkonzert arrangiert. Willst Du es für uns spielen?"
Nixon: "Jack, lass mich eines sagen: Vor einer Minute hast Du gefragt, ob ich noch politische Ambitionen hätte. Also, wenn mich die Pleite vom letzten November nicht erledigt hat, dann das hier. Die Republikaner wollen bestimmt keinen zweiten Klavierspieler im Weißen Haus."
Eine Anspielung auf Harry S. Truman, den Klavier spielenden demokratischen Präsidenten von 1945 bis 53.
Richard Milhous Nixon, geboren am 9. Januar 1913 in dem kalifornischen Kaff Yorba Linda, war der zweite Sohn von Frank und Hannah Nixon. Seine Autobiographie begann er mit den Worten:
"Ich wurde geboren in einem Haus, das mein Vater selbst gebaut hatte."

"Meine Mutter war eine Heilige"

In Yorba Linda bewirtschaftete Frank Nixon eine kleine Zitronenfarm, die er, wie Richard später gern erzählte, verkaufte, bevor Öl auf dem Land gefunden wurde. Die Familie zog nach Whittier, eine von Quäkern gegründete Gemeinde, wo Frank Nixon eine Tankstelle und einen Gemischtwarenladen eröffnete. Später betonte Richard Nixon immer wieder, wie sehr er seinen Vater verehrt habe, obwohl der zu Wutanfällen neigte und seine Söhne physisch und psychisch misshandelte. Doch Frank Nixon war auch ein zutiefst religiöser und hart arbeitender Mann, der seinen Söhnen beibrachte:
"In Amerika kann jeder mit harter Arbeit und Entschlossenheit alles erreichen."
Richard wurde wesentlich durch seinen Vater geprägt. Doch er hatte auch eine andere Seite, die seiner Mutter:
"Meine Mutter war eine Heilige, die zwei ihrer Söhne durch Tuberkulose verlor. Niemand wird je ein Buch über sie schreiben, aber sie war eine Heilige."
Hannah Nixon, geborene Milhous, brachte fünf Söhne zur Welt. Auch sie war eine gläubige Quäkerin, die hoffte, ihr Sohn Richard würde eines Tages Missionar werden. Liebevoll und fürsorglich schützte sie ihre Söhne so gut es ging vor den Wutausbrüchen ihres Mannes. Sie lehrte ihre Söhne, nachsichtig zu sein und auf andere Menschen zuzugehen. Richard Nixons jüngerer Bruder Ed erzählte über sie:
"Meine Mutter hat uns beigebracht zuzuhören. Bei ihr konnte man sein Herz ausschütten. Sie schlichtete, wenn es im Laden Streit gab. Mein Vater war das genaue Gegenteil. Er tat immer lauthals seine Meinung kund, oft zu laut. Mom sagte dann: ´Frank, Du musst leise sein. Jeder kann Dich hören.` Und er antwortete: ´Sollen sie es doch hören.` So war ihre Beziehung."

Der schüchterne Einzelgänger

Sohn Richard war ein wissbegieriger junger Mann, der lieber las, als mit Freunden zu spielen. Ein Einzelgänger, schüchtern und zurückhaltend, der nicht viele Freunde hatte. Er diskutierte gern und galt in der Schule als meisterhafter Debattierer. Schon früh interessierte er sich für Politik und hielt flammende Reden für republikanische Kandidaten. In der achten Klasse schrieb er:
"Ich möchte Jura studieren und später Politiker werden, damit ich etwas Gutes tun kann."
Richard Nixon spielte im Theater Club und mit Begeisterung Football. Einmal kandidierte er als Klassensprecher – und verlor. Seinen Gegenkandidaten nannte er abfällig "einen guten Sportler und charmanten Jungen, mehr nicht". Nixon sollte 30 Jahre lang keine mehr Wahl verlieren – bis er wieder auf einen guten Sportler und charmanten Kerl traf.

Begrenztes Talent, aber er wird gefördert

Nachdem Richard die High School erfolgreich abgeschlossen hatte, erhielt er Einladungen von Harvard und Yale, sich dort zu bewerben. Doch so sehr Nixon davon träumte, an einer der berühmten Ivy-League-Universitäten zu studieren, wusste er doch, dass seinen Eltern die finanziellen Mittel dazu fehlten. Also immatrikulierte er sich am örtlichen Whittier College, das von Quäkern gegründet worden war. Auch im College blieb er ein schüchterner Einzelgänger; befreundet war er am ehesten mit den Mitspielern im Football-Team.
Obwohl sein Talent begrenzt war, forderte und förderte ihn sein Coach. Die Freundschaft der beiden hielt ein Leben lang. Nixon wurde zum Studentensprecher gewählt und schloss als Zweitbester seiner Klasse ab. Ein Stipendium der juristischen Fakultät der Duke University in North Carolina war der Lohn.
Nixon taute jetzt auf, wurde geselliger, schloss Freundschaften. Obwohl er wieder gute Noten hatte und als Drittbester seiner Klasse abschloss, blieb das erhoffte Jobangebot einer großen Anwaltskanzlei an der Ostküste aus. Auch eine Bewerbung beim FBI war erfolglos, weil kurzfristige Sparmaßnahmen seine Einstellung verhinderten. Also kehrte er desillusioniert nach Kalifornien zurück, um in Whittier als Anwalt zu arbeiten.

Nixon schreibt jahrelang Liebesbriefe

Das war 1937. In Whittier arbeitete er daran, sich nicht nur als Anwalt einen Namen zu machen. Nebenher machte er einige lukrative Geschäfte und spielte Theater. Auf der Bühne lernte er die junge Pat kennen, die er jahrelang hartnäckig umwarb. Sie fand ihn zunächst merkwürdig, aber er schrieb ihr unaufhörlich Liebesbriefe, komponierte Lieder für sie und stand jeder Zeit als Chauffeur zur Verfügung, wenn sie nach Los Angeles gefahren werden wollte. Manchmal zu einem Date mit einem anderen Mann. Nixon ertrug es und gewann ihr Herz. 1940 heirateten sie. 1946 und 1948 kamen die beiden Töchter Tricia und Julie zur Welt.
Im September 1945 war der Zweite Weltkrieg zu Ende gegangen. Schon wenig später hatte das Verhältnis zwischen der Sowjetunion und den USA erste Risse bekommen. Im März 1946 sprach Winston Churchill an der Universität von Fulton, Missouri, davon, ein "Eiserner Vorhang" sei mitten durch Europa niedergegangen und trenne die freie von der sowjetisch beherrschten Welt.
Die Stimmung in den USA wandte sich zunehmend gegen den ehemaligen Kriegsverbündeten und die amerikanische Linke. Zudem war Präsident Truman, der 1945 nach dem Tod Franklin D. Roosevelts ins Amt gekommen war, äußerst unpopulär. Die Stimmung im Land wendete sich gegen Trumans Demokraten, die seit 1933 die amerikanische Politik dominiert hatten.


Auch im 12. Wahlbezirk von Kalifornien, der fest in demokratischer Hand war, witterten die Republikaner ihre Chance. Der Sitz wurde seit zehn Jahren von dem ehemaligen Sozialisten und glühenden Verehrer Roosevelts, Jerry Voorhis, gehalten. Eine Gruppe republikanischer Geschäftsleute suchte einen Kandidaten, der Voorhis schlagen könnte – und fand: Richard Nixon. Der Historiker Irwin F. Gellman:
Richard Nixon mit seiner Frau Pat Nixon und den Töchtern Patricia (l) und Julie im Juni 1967 in Washington.
Richard Nixon mit seiner Frau Pat Nixon und den Töchtern Patricia (l) und Julie im Juni 1967 in Washington.© imago images / United Archives International
"Richard Nixon war nach dem Zweiten Weltkrieg ein sehr attraktiver Kandidat, dem es gelang, die zerstrittene republikanische Partei des Bezirks zu einen. Die Republikaner waren damals eindeutig in der Minderheit, aber sie wollten die Demokraten herausfordern, und Nixon war der richtige Mann."
Während des Krieges hatte Richard Nixon als Offizier in der Marine gedient und war bei seinen Männern äußerst beliebt gewesen, was bei den klassischen demokratischen Wählern aus der Arbeiterklasse gut ankam. Zudem bestritt er die Notwendigkeit von Gewerkschaften nicht und vertrat viele eher moderate Positionen.
Sein Wahlkampf war allerdings weniger davon bestimmt, ein eigenes Programm zu entwickeln, als Voorhis als Verfechter einer überkommenen linken Politik zu brandmarken. Meist sprach Nixon frei, mit Pathos und Überzeugungskraft, während Voorhis seine Reden vergleichsweise unbeholfen ablas. Nixon gewann mit überwältigender Mehrheit und zog ins Repräsentantenhaus in Washington ein. Später bekannte Nixon:
"Ich wusste, dass Voorhis kein Kommunist war. Aber alles, was zählte, war zu gewinnen."

John F. Kennedy – Rivale und Freund

Im selben Jahr eroberte an der amerikanischen Ostküste ein anderer junger Mann einen Sitz im Repräsentantenhaus. Sein Name: John Fitzgerald Kennedy.
Im Januar 1947 trat der 80. Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika zusammen. Bei den Wahlen im November hatten die Republikaner in beiden Kammern des Kongresses die Mehrheit errungen. Nixon wurde, wie Kennedy, Mitglied im Arbeitsausschuss des Repräsentantenhauses. Hauptziel der Republikaner war eine Verschärfung des Gewerkschaftsrechts, was äußerst umstritten war. Am 21. April 1947 kam es einige hundert Meilen von Washington entfernt in der Gewerkschaftshalle einer Kleinstadt in Pennsylvania zur ersten Debatte zwischen Richard Nixon und John F. Kennedy. Der Historiker Irwin F. Gellman:
"Nixon war für die Verschärfung des Gewerkschaftsrechts, Kennedy dagegen. Nixon erzählte später, wie sehr er die Debatte genossen habe, dass Kennedy ein fairer Gegner gewesen sei und dass es eine angenehme Erfahrung gewesen sei, obwohl das Publikum auf Kennedys Seite gestanden hätte."
Die beiden jungen Abgeordneten freundeten sich spontan an. Der Zufall wollte es, dass sie nach der Veranstaltung gemeinsam im selben Schlafwagenabteil zurück nach Washington reisten. Der Schriftsteller David R. Stokes verarbeitete diese Begegnung 2016 zu dem Roman "Jack and Dick":
"Mit einem Ruck setzte sich der Zug in Bewegung und verließ den Bahnhof von McKeesport. Während die alte Dampflok Fahrt aufnahm, machten sich die beiden Männer bereit für die Nacht. Nixon hängte seinen Anzug sorgfältig auf einen Bügel und zog einen mit Elefanten, dem Symbol der Republikanischen Partei, bedruckten Pyjama an. Kennedy legte seinen Anzug über einen Stuhl und stieg, bekleidet mit Boxershorts und T-Shirt, hinauf ins obere Bett. ´Netter Pyjama`, bemerkte er. ´Hat mir meine Frau geschenkt`, antwortete Nixon. ´Erinnere mich daran, niemals zu heiraten`, antwortete Jack scherzhaft. (…)
Nach einer Weile brach Kennedy das Schweigen. ´Dick, Du scheinst doch ein vernünftiger Kerl zu sein. Und Du warst großartig in der Debatte. Aber wie passt Du in die Republikanische Partei? Okay, in der Gewerkschaftsfrage verstehe ich das; da sind wahrscheinlich sogar eine Reihe meiner Parteifreunde Deiner Meinung. Aber in der Außenpolitik scheinen wir doch oft übereinzustimmen.
Im Gegensatz zu Deiner Partei. Dieser Parteifreund von Dir in Kansas City tut, als seien wir Sozialisten, nur weil wir der Welt nach diesem furchtbaren Krieg wieder auf die Beine helfen wollen. (…) Das ist doch derselbe alte Isolationismus, den Lindbergh und die ´America first`-Leute in den dreißger Jahren vertreten haben, übrigens auch mein alter Herr. Du willst doch auch nicht, dass wir uns aus der Weltpolitik zurückziehen. Du willst doch auch, dass wir uns in der Welt engagieren, oder etwa nicht?"

Nixon, der Kommunistenjäger

In der Tat stand Nixon außenpolitisch den Demokraten näher als vielen führenden Republikanern. Er unterstützte den Marshall Plan zum Wiederaufbau Europas. Er wollte, dass die USA die führende Rolle in der Weltpolitik übernahmen – eine Haltung, die er sein Leben lang beibehielt. Ebenso wie seine Sympathie für John F. Kennedy.
Als junger Abgeordneter suchte Richard Nixon eine Möglichkeit, sich schnell einen Namen zu machen. Seine Chance kommt, als im Sommer 1948 ein hochrangiger Mitarbeiter des Außenministeriums, Alger Hiss, vor dem Ausschuss für unamerikanische Umtriebe beschuldigt wird, für die Sowjetunion zu spionieren. Ausschussmitglied Nixon macht fortan Jagd auf Hiss, der seine Unschuld beteuert.


Öffentlichkeitswirksam präsentiert Nixon seine Beweise. Doch die liberale Öffentlichkeit steht hinter Hiss und glaubt an dessen Unschuld. Sie beschuldigt Nixon, eine Hexenjagd zu betreiben, um seine eigene Karriere zu befördern. Doch Nixon lässt nicht locker, bis Hiss verurteilt wird. Richard Nixons Ruf als gnadenloser Kommunistenjäger war etabliert. Sein Ruf in der liberalen Öffentlichkeit aber für immer ruiniert.
Erst kürzlich veröffentlichte sowjetische Geheimdienstakten deuten allerdings darauf hin, dass Richard Nixon Recht hatte: Alger Hiss war offenbar wirklich ein sowjetischer Spion.
Alger Hiss während einer Anhörung im August 1948, auf der er seine Unschuld bezeugt. Ihm wurde vorgeworfen, für die Sowjetunion zu spionieren. Vor ihm stehen mhere Mikrofone. 
Alger Hiss während einer Anhörung im August 1948, auf der er seine Unschuld bezeugt. Ihm wurde vorgeworfen, für die Sowjetunion zu spionieren.© imago/ZUMA Press

"Tricky Dick" wittert seine Chance

"Tricky Dick", ein Spitzname, den Richard Nixon ein Leben lang nicht los wurde. Er bekam ihn im Wahlkampf des Jahres 1950, als er nach vier erfolgreichen Jahren im Repräsentantenhaus für den Senat kandidierte. Der populäre demokratische Amtsinhaber hatte auf eine Wiederwahl verzichtet. Nixon witterte seine Chance.
Seine Gegenkandidatin war Helen Gahagan Douglas, eine ehemalige Schauspielerin und Opernsängerin, die mit dem Oscar-Preisträger Melvyn Douglas verheiratet und seit sechs Jahren Kongressabgeordnete in Washington war.
Der Kampf um die demokratische Nominierung war schmutzig. Man warf ihr vor, sie sei eine verkappte Kommunistin, eine Rote. Vielleicht nicht rot, kommentierte die Los Angeles Times, aber zumindest pink. Fortan war Gahagan Douglas "The Pink Lady". Auch Richard Nixon mischte sich in den demokratischen Vorwahlkampf ein.
In Kalifornien war es erlaubt, nicht nur in der eigenen Partei um Stimmen zu werben, sondern auch in der gegnerischen. Die Demokraten warfen Nixon daraufhin vor, demokratischen Wählern in Briefen vorgegaukelt zu haben, er sei Demokrat. Ein übler Wahlkampftrick, tobten die Demokraten, und nannten ihn "Tricky Dick".


Beide Namen blieben haften. "Tricky Dick" tat in der Hauptwahl im November alles, um "The Pink Lady" als heimliche Kommunistin darzustellen. Gahagan Douglas fand zwar auch ein paar Schimpfworte für Nixon, hatte dem aber wenig entgegenzusetzen, zumal Nixon wieder ein äußerst attraktiver Kandidat war. Eine demokratische Zeitung nannte ihn "Whittiers großes, dunkles und gut aussehendes Geschenk an die republikanische Partei". Und ein Mitglied der "Studenten für Douglas" schrieb an seine Kandidatin, er habe von Nixon eine wirklich "großartige Rede" gehört. Nixon sei…
Die Abgeordnete der Demokraten, Helen Gahagan Douglas, steht auf einem Tisch und spricht im März 1948 mit Studierenden in Washington.
Die Abgeordnete der Demokraten, Helen Gahagan Douglas, spricht im März 1948 mit Studierenden in Washington.© picture alliance/dpa/Everett Collection
"…einer der cleversten Redner, die ich je gehört habe."
Derselben Meinung war übrigens auch John F. Kennedy, der Nixon im Namen seines Vaters 1000 Dollar für den Wahlkampf spendete.
Die Wahl von 1950 endete nicht nur in Kalifornien mit einem Desaster für die Demokraten. Helen Gahagan Douglas wird vielfach, nicht ganz zu Unrecht, als "Nixons Opfer" dargestellt. Wahr ist aber auch, dass sie ihm einfach nicht gewachsen war. Nixon hätte sie auch ohne schmutzige Tricks geschlagen. Doch paranoid wie er war, wollte er ganz sicher gehen. 30 Jahre später sagte Helen Gahagan Douglas in einem Interview:
"Diese Art von Wahlkampf läuft auf folgendes hinaus: Um die tatsächlichen Themen zu umgehen, erfindest Du irgendeinen Unsinn und versuchst aus der Angst der Menschen Kapital zu schlagen. Denn wenn Du über die wirklichen Probleme sprichst, könntest Du Stimmen verlieren. So einfach ist das."

Mit 39 fast ganz oben

Und so ist es immer noch. Der junge kalifornische Senator Richard Milhous Nixon war der neue, aufstrebende Star der republikanischen Partei. Er war ein moderater Konservativer, der sowohl den Liberalen als auch den Konservativen in der Partei als Projektionsfläche dienen konnte.

Schon zwei Jahre später, 1952, machte General Dwight D. Eisenhower, Held des Zweiten Weltkrieges, Senator Nixon zu seinem Vizepräsidentschaftskandidaten. Nixon ist 39 Jahre alt und hat es in nur sechs Jahren nach fast ganz oben geschafft. Der Wahlkampf läuft gut; Eisenhower und Nixon scheint der Sieg nicht zu nehmen zu sein, als die New York Post eine Story veröffentlicht, in der Nixon beschuldigt wird, von einem "Millionärsclub" illegale Gelder angenommen zu haben. Die Geschichte ist falsch, fake news, doch sie schlägt eine wie ein Bombe. Eisenhower und andere führende Republikaner erwägen, Nixon fallen zu lassen. Nixon kämpft um sein politisches Überleben und tritt im Fernsehen vor die Nation:
US-Präsident Dwight D. Eisenhower (l) und sein Vizepräsident Richard Nixon am 3. Oktober 1960 im Weißen Haus.
US-Präsident Dwight D. Eisenhower (l) und sein Vizepräsident Richard Nixon am 3. Oktober 1960 im Weißen Haus.© imago/UIG
"My fellow Americans. I come before you tonight... we’re gonna keep it."
Richard Nixon sitzt an einem kleinen Schreibtisch, neben ihm ein Bücherregal, hinter ihm Vorhänge. Er wirkt eher privat, nicht wie ein Politiker. Nixon spricht fast eine halbe Stunde lang, spricht über sich und seine Finanzen, über seine Herkunft aus armen Verhältnissen und seine Familie. Nach einer Viertelstunde rückt seine Frau Pat, schweigend auf einem geblümten Sessel sitzend, ins Bild. Nie habe er Geld oder Geschenke angenommen, sagt er, nur einmal ein Geschenk für seine Töchter, einen kleinen Hund namens Checkers, und den werde er behalten.
Schließlich fordert Nixon die Fernsehzuschauer auf, Telegramme an die Republikanische Partei zu senden, ob er als Vizepräsidentschaftskandidat weitermachen solle. Die Resonanz ist überwältigend.

Legendäre TV-Debatte mit John F. Kennedy

Eisenhower und Nixon gewannen die Wahl ebenso eindeutig wie vier Jahre später eine zweite Amtszeit. Nixon ging als Vizepräsident gern seiner Leidenschaft für die Außenpolitik nach, bereiste viele Länder und überstand manche antiamerikanische Demonstration mit Haltung. Im Juli 1959 reiste er nach Moskau und traf auf einer Industriemesse in einer Modellküche mit dem sowjetischen Parteichef Chruschtschow zusammen. Die beiden gerieten in ein lebhaftes Gespräch über die Vorzüge des Kapitalismus und des Sozialismus, das als Kitchen Debate in die Geschichte einging.
"Wir brauchen den freien Austausch von Ideen. In manchen Dingen sind Sie uns vielleicht voraus, zum Beispiel in der Raumfahrt, in manchen Dingen sind wir Ihnen voraus, zum Beispiel beim Farbfernsehen… Aber Sie geben ja niemals etwas zu."


Mit seinem souveränen Auftritt sammelte Nixon viele Pluspunkte. Er ging als Favorit in den Präsidentschaftswahlkampf von 1960.
US-Vizepräsident Richard Nixon spricht im Juli 1959 auf einer Industriemesse in Moskau mit dem sowjetischen Parteichef Nikita Chruschtschow.
US-Vizepräsident Richard Nixon spricht im Juli 1959 auf der Industriemesse in Moskau mit dem sowjetischen Parteichef Nikita Chruschtschow.© imago/ZUMA Press
Nixons Wahlkampf lief erfolgversprechend an. Die Demokraten nominierten einen alten Freund, den jungen Senator von Massachusetts, John F. Kennedy. Zum ersten Mal in der amerikanischen Geschichte sollten die beiden Kandidaten im Fernsehen gegeneinander antreten. Ein Vorteil für den erfahrenen Debattierer Nixon? Am 26. September 1960 kam es nach 13 Jahren zur zweiten Kennedy-Nixon-Debatte.
Nixon hat die Tage zuvor im Krankenhaus verbracht. Er sieht schlecht aus und ist zudem nicht gut rasiert. Makeup lehnt er ab. Kennedy dagegen strahlt, lächelt gewinnend und zieht die Fernsehzuschauer in seinen Bann. Er spielt den kalten Krieger und wirft der Eisenhower-Nixon-Regierung vor, den Sowjets nicht entschieden genug entgegenzutreten. Nixon spricht von Entspannung und Diplomatie.

Das Publikum am Radio und die meisten Journalisten sehen Nixon als Sieger der Debatte oder werten sie als unentschieden. Die Fernsehzuschauer jedoch erliegen dem Charme Kennedys. Am Wahlabend dauert es bis in die Morgenstunden des nächsten Tages, bis der Sieger feststeht. Es ist sehr knapp, aber:
John F. Kennedy (l) und Richard Nixon während einer TV-Debatte in Washington am 7. Oktober 1960.
John F. Kennedy (l) und Richard Nixon während der TV-Debatte in Washington am 7. Oktober 1960.© imago/UPI Photo
"Wenn ich mir die Ergebnisse hier anschaue – auch wenn noch nicht alle Stimmen ausgezählt sind –, dann zeigt mir der Trend, dass Senator Kennedy der nächste Präsident der USA sein wird."

Nixon zeigt Größe in der Niederlage

Schnell kommen Zweifel am Ergebnis auf. In Texas und Chicago scheint es massiven Wahlbetrug zugunsten Kennedys gegeben zu haben. Führende Republikaner und auch Präsident Eisenhower fordern Nixon auf, das Wahlergebnis anzufechten. Doch Nixon lehnt ab. Er will nicht als schlechter Verlierer dastehen. Außerdem müsse sein persönliches Schicksal zurückstehen hinter dem Ansehen der amerikanischen Demokratie in der Welt, das zweifellos unter einem Anfechtungsverfahren leiden würde. Nixon zeigt Größe in der Niederlage.
Zwei Jahre später kandidierte Richard Nixon erneut, diesmal für das Amt des Gouverneurs von Kalifornien – und verliert wieder. Er fühlt sich von der Presse ungerecht behandelt, die nicht fair über seinen Wahlkampf berichtet habe, und gibt seine vermeintlich letzte Pressekonferenz.
"16 Jahre lang, seit dem Hiss-Fall, hatten Sie viel Spaß dabei, mich anzugreifen. Ich denke, ich habe genauso gut ausgeteilt wie eingesteckt, aber ich verlasse Sie nun, meine Herren. Sie werden mich vermissen, denn Sie haben keinen Nixon mehr, den Sie herumstoßen können. Dies ist meine letzte Pressekonferenz."
Ein enttäuschter, geschlagener, leicht angetrunkener Mann verlässt die große politische Bühne… um einige Monate später als charmanter, entspannter Gesprächspartner und Pianist in die TV-Öffentlichkeit zurückzukehren.


Richard Nixon wird Anwalt in New York, doch bald langweilt er sich und bereitet still seine Rückkehr auf die politische Bühne vor. Er reist unermüdlich durchs ganze Land, unterstützt unzählige örtliche republikanische Kandidaten und macht für sie Wahlkampf. Er knüpft Kontakte, nimmt die Menschen für sich ein und schafft sich ein einzigartiges Netzwerk, das ihm schließlich 1968 erneut zur Nominierung als republikanischer Präsidentschaftskandidat verhilft.
Richard Nixon spielt während der Jack Parr TV-Show auf einem Klavier im März 1963 in New York.
Richard Nixon spielt während der Jack Parr TV-Show auf einem Klavier im März 1963 in New York.© imago/United Archives International
1968 war ein turbulentes Jahr: Krieg in Vietnam. Martin Luther King und Robert F. Kennedy wurden ermordet. Präsident Johnson verzichtete auf eine erneute Kandidatur.

1969: Nixon wird doch noch US-Präsident

Die Demokratische Partei war tief gespalten in Kriegsbefürworter und Kriegsgegner. Richard Nixon kandidierte als "der neue Nixon". Lange schien ihm der Sieg gegen Vizepräsident Humphrey sicher. Er versprach, einen ehrenwerten Frieden in Vietnam zu schließen. Viele glaubten, er meine damit einen baldigen Rückzug. Sie sollten sich irren. Die tatsächlichen Friedensverhandlungen in Paris dagegen schienen auf einem guten Wege zu sein. Mit Mühe rettete sich Richard Nixon ins Ziel.
Nixons engster außenpolitischer Berater wurde ein deutschstämmiger, jüdischer Professor von der Harvard University, Henry Kissinger.
Statt, wie viele gehofft hatten, eine Strategie für einen schnellen Rückzug aus Vietnam zu entwickeln, eskalierten die beiden den Krieg, versuchten, Nordvietnam und den Vietcong an den Verhandlungstisch zu bomben. In der liberalen Presse wurde Nixon deshalb zunehmend kritisiert. Die Demonstrationen, vor allem an den Universitäten, eskalierten; an der Kent University wurden vier Studenten von der Nationalgarde erschossen. Doch Nixon war sicher, die Mehrheit des Landes hinter sich zu haben und fand einen genialen politischen Begriff:
"So, tonight, to you, the great silent majority..."
Nixon behielt Recht, die "schweigende Mehrheit" stand auf seiner Seite. Auch wenn der Krieg nach vier Jahren immer noch andauerte, gewann er die Wahl von 1972 mit mehr als 60 Prozent der Stimmen.
Im Januar 1973, wenige Tage nach seiner zweiten Amtseinführung, bekommt Nixon aus Paris, wo Kissinger seit Jahren mit den Nordvietnamesen verhandelt hat, endlich die Nachricht, dass man sich geeinigt habe. Nixon greift zum Telefon und ruft seine Frau Pat an:
"Ich will Dir nur sagen, und sag es auch den Mädchen, dass Kissinger auf dem Weg nach Hause ist. Wir haben das Abkommen."
Nixon hatte erreicht, was er einen "ehrenvollen Frieden" nannte. Richard Nixon war zeitlebens ein Konservativer, der jedoch anders als viele seiner republikanischen Parteifreunde in der Lage war, ideologische Scheuklappen abzulegen. Manchen gilt er heute als der letzte liberale Präsident der USA.
Erstes Beispiel: die Umweltpolitik.
Weißes Haus, Oval Office. Nixons Tochter Julie, die mit dem Enkel Dwight D. Eisenhowers verheiratet ist, berichtet ihrem Vater von einem bevorstehenden Besuch bei einem Institut in North Carolina, das zur neuen Umweltschutzbehörde gehöre. Interessiert fragt Nixon nach, wie wichtig den Studenten der Umweltschutz sei. Noch wichtiger als Vietnam antwortet Julie.


Schon 1970, weniger als ein Jahr nach seinem Amtsantritt, hatte Nixon die Environmental Protection Agency, die amerikanische Umweltschutzbehörde gegründet. Vielleicht nicht, weil er selbst von ihrer Notwendigkeit überzeugt war, aber weil er begriffen hatte, dass das Thema politisch wichtig war. Wie es ihn seine Mutter gelehrt hatte, hatte er zugehört. Auch seinen Töchtern. Ein knappes halbes Jahrhundert später wurde die Behörde unter Präsident Trump weitgehend ihrer Kontrollfunktion beraubt.
Zweites Beispiel: Mindestlohn.
Richard Nixon und seine Sekretärin Rose Mary Woods im Februar 1973 im Oval Office.
Richard Nixon und seine Sekretärin Rose Mary Woods im Februar 1973 im Oval Office. © imago/ZUMA Press
Schon zu Beginn seiner Amtszeit schlug Nixon, gemeinsam mit dem liberalen Demokraten Patrick Moynahan, eine grundlegende Reform des Wohlfahrtssystems vor. Er wollte damit massiv in die Rechte der Bundesstaaten und den freien Markt, heilige Kühe der Republikaner, eingreifen und schlug als wichtigste Maßnahme einen ausreichenden Mindestlohn für alle Arbeitnehmer vor.Nixons Vorschlag passierte zwar zweimal das Repräsentantenhaus, scheiterte aber im Senat.
Drittes Beispiel: Universelle Krankenversicherung.
1974 schlug Richard Nixon die Schaffung eines nationalen Krankenversicherungssystems vor und scheiterte im Kongress. Erst Jahrzehnte später sollte es Barack Obama gelingen, eine ähnliche Gesundheitsreform durchzusetzen. Unter Präsident Trump wird das System jetzt kontinuierlich geschwächt.
Auch in anderen Bereichen agierte Nixon eher wie ein Liberaler als wie ein Konservativer. Er griff massiv in die Marktmechanismen ein, um die marode Wirtschaft anzukurbeln und die Inflation zu bekämpfen. Er pumpte zusätzliche Mittel in das Bildungssystem, in Programme zur Gleichstellung der Schwarzen und er schuf OSHA, eine Behörde zur Überwachung der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Auch OSHA wurde unter Präsident Trump entscheidend geschwächt.

Die Air Force One landet in Peking

21. Februar 1972. Wie schon ein halbes Jahr zuvor der staunenden Welt verkündet, landet die Air Force One auf dem Flughafen von Peking. An Bord Richard Nixon, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, den man zuvor als einen der radikalsten Kommunistenhasser der Welt wahrgenommen hatte.
Seit der Machtübernahme Mao Zedongs ein knappes Vierteljahrhundert zuvor waren die Beziehungen der beiden Länder eisig gewesen. Der andauernde Krieg in Vietnam hatte das Verhältnis weiter beschädigt, und dennoch war es Henry Kissinger im Auftrag Nixons gelungen, mit den Chinesen die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu vereinbaren. Bei aller Abneigung gegen den Kommunismus hatte Nixon immer eine friedliche Koexistenz der Blöcke angestrebt. Viele sagen, nur Richard Nixon habe das auch tatsächlich erreichen können.


Auch mit der Sowjetunion einigte sich Nixon 1972 auf die Unterzeichnung weitreichender Abrüstungsverträge. Durch Richard Nixon wurde die Welt friedlicher. Er hatte das Zeug zu einem großen Präsidenten – innen- wie außenpolitisch.
Der Politologe James David Barber, der lange Jahre an Nixons Alma Mater, der Duke University in North Carolina, lehrte, hat in einem Standardwerk den Charakter amerikanischer Präsidenten analysiert und kategorisiert. Schon 1969, kurz nach Nixons Amtsantritt, sagte er in einem Vortrag voraus, Richard Nixon werde an sich selbst scheitern.
"Die Gefahr besteht darin, dass sich Richard Nixon ohne die Fähigkeit zur Umkehr auf einen verhängnisvollen Kurs festlegen wird."
Barber behielt zweimal Recht. Nixon wäre ohne seine Entschlossenheit, die Nordvietnamesen und den Vietcong an den Verhandlungstisch zu bombardieren, was unzählige Menschenleben kostete und in Kambodscha den Roten Khmer gestattete, ihr blutiges Terrorregime zu errichten, als eine der größten außenpolitischen Gestalten, als Friedenspräsident, in die amerikanische Geschichte eingegangen, vergleichbar wie Eisenhower 1953, der den Koreakrieg, wie im Wahlkampf versprochen, unmittelbar nach seinem Amtsantritt beendet hatte.
Auch innenpolitisch wären Nixons Leistungen noch immer, heute mehr denn je, richtungsweisend gewesen, hätte er sich nicht völlig unnötig auf die Vertuschung eines lächerlichen, politisch völlig unbedeutenden Verbrechens eingelassen.
US-Präsident Richard Nixon während eines gemeinsamen Abendessens mit dem Führer der chinesischen Kommunistischen Partei Zhou Enlai in Peking im Februar 1972.
US-Präsident Richard Nixon (m) während eines gemeinsamen Abendessens mit dem Führer der chinesischen Kommunistischen Partei Zhou Enlai in Peking im Februar 1972. © imago/ZUMA Press

Watergate überschattet alles

Mitte Juni 1972. Die amerikanischen Medien berichten von einem mysteriösen Einbruch in ein Büro der demokratischen Partei im Watergate Hotel in Washington. Ein Wachmann hatte die aufgebrochene Tür bemerkt und die Polizei alarmiert, die fünf Männer festnahm. Lange tat sich nichts. Nixon wurde wiedergewählt, war auf der Höhe seiner Macht. Von dem Einbruch selbst wusste er nichts. Doch die Männer hatten im Auftrag seiner engsten Berater gehandelt. Obwohl Nixons Wiederwahl nie gefährdet war, hatte sich Nixons Paranoia auf seinen ganzen engeren Stab übertragen: Nur kein Risiko eingehen. Wir sollten die Demokraten abhören. Die üblichen schmutzigen Tricks. Nicht besonderes.
Erst nach der Wahl kam das Thema dank zweier Journalisten von der Washington Post wieder hoch. Nixon war allerdings schon wenige Tage nach dem Einbruch über die Verwicklung seiner Männer in die Tat informiert worden. Ein Tonband-Mitschnitt aus dem Weißen Haus belegt es. Nixon hatte, überzeugt von der historischen Bedeutung seiner Präsidentschaft, heimlich sämtliche Gespräche im Oval Office mitschneiden lassen. Er wollte ein unvergleichliches Dokument für die Geschichtsschreibung schaffen.

Nixon war am Ende

Nixon behielt Recht. Die Bänder, die auch mehr als 40 Jahre später noch nicht vollständig ausgewertet sind, dokumentieren seine Präsidentschaft wie keine andere dokumentiert wurde. Und zugleich haben sie sie beendet. Als die Bänder entdeckt und veröffentlicht wurden, als auf einem Band an entscheidender Stelle 20 Minuten fehlten – angeblich versehentlich von seiner Sekretärin gelöscht – war Nixon am Ende. Verzweifelt wollte er die Öffentlichkeit von seiner Unschuld überzeugen:
"I am not a crook!"
Zu spät. Nixon hatte sich tief in die Vertuschung eines unbedeutenden Verbrechens verstrickt. Am 8. August 1974 musste der 37. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zurücktreten.


Er hätte es verhindern können, wenn nicht "Tricky Dick" stärker gewesen wäre als der Staatsmann. Er hätte nur den Einbruch sofort eingestehen, als fatalen Fehler eines seiner Berater hinstellen, ein Bauernopfer bringen müssen. Und er hätte die Bänder, die ihn als tief gespaltenen Mann zeigten, der zuhören und sanft sein konnte wie seine Mutter und laut, zornig und beleidigend wie sein Vater, vernichten können, doch er glaubte nicht, dass man ihn, den Präsidenten, zur Veröffentlichung zwingen könnte.
Richard Nixon verlässt am 9. August 1974 nach seinem Rücktritt in Folge der Watergate-Affäre mit einem Hubschrauber Washington. Dabei macht er mit beiden Händen ein Victoryzeichen. 
Richard Nixon verlässt am 9. August 1974 nach seinem Rücktritt in Folge der Watergate-Affäre mit einem Hubschrauber Washington.© picture alliance/dpa/akg-images
Der Oberste Gerichtshof entschied anders. Gedemütigt und unter Tränen schied Richard Nixon aus dem Amt. Er verstand nicht, warum man ihn wegen einer Lappalie davonjagte, er verstand nicht, warum John F. Kennedy von allen geliebt und er gehasst wurde, er verstand nicht, warum niemand mehr seine großen Leistungen und Erfolge anerkennen wollte.

"Ich habe es richtig vermasselt, oder?"

Richard Nixon starb 20 Jahre später, am 22. April 1994. Er bekam kein Staatsbegräbnis. Doch in seinen letzten Lebensjahren war er weltweit, vor allem in China, wieder zu Ansehen gekommen. Nachfolgende Präsidenten, vor allem Bill Clinton, der bei Nixons Beerdigung sprach, suchten seinen Rat. Richard Nixon schrieb mehrere Bücher, hielt Vorträge. An der Duke University wurde sein Portrait, das nach dem Watergate-Skandal abgehängt worden war, wieder aufgehängt.
Am Ende meines Lebens möchte ich als jemand erinnert werden, der einen Unterschied gemacht hat, vor allem in der Weltpolitik. Der der Welt und den USA ein wenig mehr Frieden, Freiheit, Marktwirtschaft und Demokratie gebracht hat.
So hoffte Richard Nixon erinnert zu werden. Aber er wusste auch, dass er es vermasselt hatte:
"I really screwed it up, didn’t I?"
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