Warum Michael Heym mit der AfD reden will
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Schon vor der Thüringen-Wahl war Michael Heym offen für die AfD. Jetzt haben sich 17 weitere Christdemokraten gesprächsbereit gezeigt. Die Konservativen sehen Gemeinsamkeiten mit der Partei, die in Thüringen Björn Höcke zum Spitzenkandidaten gemacht hat.
Als Michael Heym sich vor ziemlich genau einem Jahr im Thüringer Landtag der Wahl zum Parlamentspräsidenten stellte, geschah das Vorhersehbare, aber doch Außergewöhnliche: Entgegen den parlamentarischen Gepflogenheiten in Deutschland, auch den Kandidaten der anderen Parteien ins Amt zu verhelfen, scheiterte Heym, da ihm einige Stimmen von Linken, SPD und Grünen fehlten.
Dabei stand der CDU als größter Fraktion das Präsidentenamt zu. Das stellte auch die Rot-Rot-Grüne Regierungskoalition nicht in Frage, wohl aber den Kandidaten Michael Heym. Der sei zu rechts, zu offen zur AfD, hieß es damals. Die CDU empörte sich, dabei war sie offenen Auges in die Niederlage geschritten. Nun, ein Jahr später, macht Michael Heym wieder Schlagzeilen. Man dürfe nicht ein Viertel der Wähler verprellen, die AfD gewählt haben.
Das hat er auch schon vor der Wahl gesagt: "Wenn man in der AfD sich von diesem rechtsextremen Gedankengut lösen könnte, habe ich zuerst im Blick, die Leute, die sie wählen. Und ich sage: Diese Wählerschicht kann man nicht ignorieren. Und dann muss es möglich sein, miteinander sprechen zu können."
Appell für Gespräche mit allen Parteien
Als Heym dies nach der Wahl bekräftigte und dazusetzte, dass es rechnerisch für ein Bündnis aus AfD, CDU und FDP reiche, gab es Unruhe in der Thüringer CDU und vereinzelte Stimmen von Christdemokraten in anderen Bundesländern, Heym solle aus der Partei ausgeschlossen werden. Aus der Thüringer CDU-Spitze hieß es kühl, dass Heym ein einzelner Abgeordnet sei und nur für sich spreche. Aus der AfD erfuhr Heym dagegen Beifall.
Gestern nun haben konservative Unionsmitglieder in Thüringen einen Appell veröffentlicht, der Heym den Rücken stärkt und sich für Gespräche mit allen Parteien ausspricht. Koalitionen seien aber weder mit der AfD noch mit den Linken denkbar. Dennoch müsse an einer stabilen Koalition gearbeitet werden. Wie die aussehen könne, lässt der Appell offen – wie auch Michael Heym schon vor der Wahl in Erwartung des schlechten CDU-Ergebnisses:
"Es wird viel geredet, es wird viel geschrieben", sagte Heym. "Und unser Landesvorsitzender sagt: Mit Links geht nicht, mit der AfD geht nicht. Ich möchte es vielleicht ein bisschen konkreter machen: Was für mich zum Beispiel überhaupt nicht vorstellbar ist, das ist eine Koalition mit den Grünen in Thüringen! Das soll auch gesagt sein. Die CDU Thüringen ist eben nicht die CDU-Präsentation, die wir als Bundespolitik erleben. Die Thüringer Union tickt in weiten Teilen anders."
"Familie ist Mann, Frau und Kind"
Einer der Unterzeichner des Appels für Offenheit zur AfD ist Christian Sitter, Vorsitzender der Werteunion Thüringen. Er sieht durchaus Überschneidungen von seinen Ansichten mit denen der AfD:
"Familie ist für uns – bei aller Vielfalt, die wichtig ist, das muss man ja heutzutage immer dazu sagen – Mann, Frau und Kind. Wo kommen die vor in den Medien vor lauter Diversität und lesbian-, schwulian-, gay- und so weiter -Community? Ich finde das schlimm!"
AfD-Wähler in Schutz nehmen
Zentraler Ansatz von Heym, Sitter und einigen anderen Unterstützern im aktuellen Aufruf ist, die AfD-Wähler in Schutz zu nehmen vor der AfD: "Solange die AfD – und da haben wir ein großes Problem in Thüringen, und das heißt Höcke – durch solche Leute repräsentiert wird, da ist es unendlich schwer für uns zu sagen, dass man sich da gemeinsam auf den Weg macht. Was mich ärgert, ist die Tatsache, dass die 20 Prozent der Wähler, die sie wählen, das sind keine Nazis. Das sind Leute, die ganz einfach nur die Sehnsucht danach haben, dass auch der politische Raum bedient wird, der in den letzten Jahren liegengelassen worden ist – von allen."
Dass Björn Höcke aber unbestritten seit Jahren die Thüringer AfD anführt, dass er auch angesichts seiner rechtsextremen Haltungen immer wieder mit um 90 Prozent zum Vorsitzenden, zum Spitzenkandidaten gewählt wird, spielt in Heyms Überlegungen keine Rolle.