Berlinale-Film "Rimini" von Ulrich Seidl

Sittengemälde mit sanft gestrigen Figuren

11:16 Minuten
Ein älterer Schlagersänger steht verloren auf einer großen glitzernden Bühne.
Droht durch die abweisende Kälte der Welt unterzugehen: Schlagersänger Richie Bravo (Michael Thomas) in "Rimini". © Ulrich Seidl Filmproduktion
Ulrich Seidl im Gespräch mit Patrick Wellinski · 12.02.2022
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Der Schlagersänger Richie Bravo hat schon bessere Zeiten gesehen. Im Winter an der Adria kommt es noch schlimmer. Regisseur Ulrich Seidl bleibt sich mit seinem Berlinale-Wettbewerbs-Beitrag über das menschliche Scheitern treu und entwickelt sich doch weiter.
Der österreichische Regisseur Ulrich Seidl ist ein beliebter Filmfestivalgast, auch weil er mit seinen Filmen wie „Hundstage“ oder „Paradies: Liebe“ immer wieder das Publikum provoziert.
Das wird ihm auch mit seinem neuesten Film, dem Berlinale-Wettbewerbsbeitrag "Rimini", gelingen. Darin porträtiert Seidl den heruntergekommenen Schlagerstar Richie Bravo, der im winterlichen Küstenort Rimini ältere österreichische Touristinnen beglückt, und zwar auf der Bühne wie im Bett. 

Richie Bravo meint es ernst

"Richie Bravo meint das, was er singt, ernst. Er verkauft seinen Fans Träume und befriedigt ihre Sehnsüchte. Er ist kein Geschäftemacher, der nicht an das glaubt, was er tut. Das ist das Sympathische an dieser Figur", sagt Regisseur Seidl.
So erzählt Seidl in „Rimini“ von gescheiterten Existenzen inmitten sanft gestriger Figuren, die durch die abweisende Kälte der Welt untergehen zu drohen.
"Der Film erzählt nicht von einem erfolgreichen Schlager-Star, sondern von einem Schlagersänger, dessen Erfolg schon längst vorbei ist. Der über seine Verhältnisse lebt und es nicht wahrhaben kann, dass er ein Mann von gestern ist. Das finde ich das Interessante an dieser Figur, dass er uns viel über das menschliche Scheitern erzählt", sagt Seidl.

Die Liebe ist kälter als der Tod

Spätestens wenn Richie Bravos Tochter erscheint und von ihm fehlende Alimente einfordert, zeigt sich, dass Liebe immer noch kälter als der Tod ist.
„Rimini“ ist der erste Teil eines auf zwei Filme angelegten Projekts, das von dem Untergang männlicher und auch europäischer Erhabenheitsfantasien erzählt. "Meine Filme sind auch immer eine Beschreibung unserer Zeit und unserer Gesellschaft. Sie sind ein Sittengemälde", sagt Seidl.
Mit seiner gewohnten Mischung aus professionellen und unprofessionellen Darstellern hat sich der österreichische Autorenfilmer weiterentwickelt und bleibt sich dennoch treu.

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