Ringer des 1. Luckenwalder SC

Ukrainer und Russen trainieren gemeinsam

07:06 Minuten
Ringer trainieren beim 1. Luckenwalder SC
Ringer trainieren beim 1. Luckenwalder SC: Der Verein setzt auf Nachwuchsförderung. © Deutschlandradio / Thomas Wheeler
Von Thomas Wheeler · 17.04.2022
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Zu DDR-Zeiten galt Luckenwalde als Medaillenschmiede bei Ringern – mit Erfolgen bei Olympischen Spielen sowie bei Welt- und Europameisterschaften. Inzwischen setzen die Ringer des 1. Luckenwalder SC vor allem auf Ausbildungsarbeit und Integration.
„Luckenwalde ist eine alte Arbeiterstadt, und der Ringkampf ist seit 125 Jahren hier schon präsent. Adler Luckenwalde ist damals entstanden, und da war Ringkampf eine der Sportarten, die sich hier entwickelt haben", sagt Jörn Levermann, erster Vorsitzender des 1. Luckenwalder Sportclubs – und früher selbst Ringer.
In der DDR gehörten Motor und später die SG Dynamo Luckenwalde zu den stärksten Clubs im Ringen.
„Der Leistungssport war viele Jahre in Luckenwalde erfolgreich. Seit Anfang der 70er- bis in die 90er-Jahre mit Welt-, Europameister-, olympischen Medaillen. Das ist eigentlich die Aufgabe, die dieser Sportclub hatte.“

Nachwuchsförderung hat Tradition

Seit Anfang der 60er-Jahre wurden Talente an der Kinder- und Jugendsportschule Luckenwalde (KJS) gefördert. Nachdem die KJS aufgelöst wurde, trat an deren Stelle eine Oberschule mit Sportbetonung. Diese hat seit 2013 den Status „Eliteschule des Sports“ und kooperiert eng mit dem 1. Luckenwalder Sportclub, der 1990 gegründet wurde. Dabei hat der Verein auch eine Mädchentrainingsgruppe.
In den 2000er-Jahren war der Club sehr erfolgreich im Mannschaftsringen. 2006 der Höhepunkt mit dem Gewinn des Deutschen Meistertitels. Zehn Jahre später zogen sich die Luckenwalder aus der Bundesliga zurück, da sie wegen Regeländerungen finanziell nicht mehr mithalten konnten.
"Man wollte mehr Deutsche haben, nicht mehr so viele ausländische Sportler. Damit haben sich die Preise für die deutschen Sportler am Markt erhöht, und es war schwierig für so eine kleine Stadt wie Luckenwalde, und man hat den Abgang vieler deutscher Sportler nicht mehr kompensieren können, was dann im Umkehrschluss auch eine Insolvenz nach sich zog."

Die finanziellen Mittel sind begrenzt

Das alles ist Geschichte. Der Verein ist inzwischen schuldenfrei und ringt in der drittklassigen Regionalliga Mitteldeutschland. Personell und pekuniär ist mehr nicht drin, meint Präsident Jörn Levermann.

Die Crux ist die, immer wieder junge Athleten zu entwickeln, sie dahin zu bringen, dass sie Junioren-Meister, dass sie Medaillen bei Männer-Meisterschaften, bei Junioren-Europameisterschaften machen, und dann die Alternative nicht hat für eine höherklassige Mannschaft.

Jörn Levermann, Präsident des 1. Luckenwalder SC

Deutsche Spitzenvereine zahlen bis zu 5000 Euro pro Kampf. Für Ablösesummen geben sie bis zu 100.000 Euro aus. Diese finanziellen Möglichkeiten hat der 1. Luckenwalder SC nicht.

Ausbildungsarbeit und Integration im Vordergrund

Der Klub konzentriert sich vielmehr auf die Nachwuchsarbeit und die Potenziale des Sports, Brücken zu bauen. In der ersten Mannschaft ringen Polen und Tschechen gemeinsam mit Deutschen.
Im Verein sind auch einige russischstämmige Ringer und seit Kurzem zwei junge Ukrainer: der 17-Jährige Vlad und Danilo, der 18 Jahre alt wird. Trotz des Angriffs der russischen Armee auf ihr Heimatland hatten beide mit den russischen Trainingskollegen bisher keine Probleme. „Mit allen, die hier trainieren und leben, haben wir einen normalen Umgang und reden auch miteinander.“

Partnerschaft mit Verein aus der Ukraine

Zu den Luckenwaldern sind Danilo und Vlad gekommen, weil ihr Verein aus Sbarasch in der Westukraine eine Partnerschaft mit den Brandenburgern pflegt. Seit eineinhalb Monaten wohnen die jungen Männer in der Sportschule und nehmen regelmäßig am Training teil. Vlad trainierte vor der Flucht an einer Sportschule in Kiew. Obwohl er erst wenige Wochen in Luckenwalde lebt, fühlt er sich wohl.
Vlads und Danilos neuer Trainer ist Andreas Zabel. Zabel kam 1985 nach Luckenwalde. Der 50-jährige Berliner war früher selbst aktiv und ist ehrenamtlich für den Junioren- und Männerbereich zuständig.

Eine vielseitige Sportart

„Ringen ist eine absolut komplexe Sportart. Die Grundlagen werden eigentlich schon, sage jetzt mal, in der ersten Klasse und im Kindergarten gelegt, was eine turnerische Grundausbildung anbelangt. Ein Ringer ist koordinativ stark, muss sich bewegen können, muss antizipieren können, muss seinen Körper im Griff haben.“
Ungefähr 30 Junioren und Männer zwischen 15 und 35 Jahren sind an diesem Abend zum Training gekommen. Nach der Aufwärmphase geht es auf die Matte.
Die Trainer, Andreas Zabel und Michael Kleinschmidt, der auch Lehrer an der Sportschule ist, geben Tipps und Anweisungen. Der Schweiß fließt, die Körper glänzen.
Am Ende sind alle platt, auch Vlad und Danilo. Erst einmal wollen beide in Deutschland bleiben. Wie lange, wissen sie noch nicht.

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