Hören Sie hier auch unsere Besprechung von Ludger Fittkau:
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Rhythmisch prügelnder Punk-Protest
„Riot Days“ – "Krawalltage" – nennt Pussy Riot eine Performance, die sie nun erstmals in Deutschland zeigt. Sie basiert auf dem gleichnamigen Buch. Natascha Pflaumbaum findet die Ästhetisierung der politischen Aktion, die die drei Frauen weltbekannt machte, befremdlich.
Es ist, als wollten sie ihre Geschichte, ihre Parolen und ihren ganzen Protest rhythmisch in das Publikum reinprügeln. Die brachialen Bässe, das kreischende Saxophon, die unbeirrbaren Schreie, das skandierende Rufen machen einen höllischen Krach, der den Körper so in Wallung bringt, dass die ersten Zuhörer nach zwei Minuten schon den Saal verlassen.
Die machen Stress
Die machen Stress, diese vier Männer und Frauen, die unter dem Etikett "Pussy Riot" im Frankfurter Mousonturm eine Art konzertante Video-Performance abhalten. Ist halt Punk.
In 60 Minuten singen, skandieren, brüllen sie die berühmte Geschichte von Pussy Riot in die Welt raus. Nämlich die seinerzeit Aufsehen erregende Erstürmung der Christus-Erlöser-Kathedrale in Moskau am 21. Februar 2012. Da drang Pussy Riot in den Altarraum vor, intervenierte für 41 Sekunden so spektakulär in einen Gottesdienst einem Punk-Gebet, also Beschimpfungen gegen Vladimir Putin, dass die ganze Welt davon Notiz nahm.
Buch als Grundlage
Es folgten Inhaftierung wegen Rowdytums, Gerichtsverhandlung, Gefängnis, Deportation, Lager, und Freilassung für die drei Pussy Riot-Mitglieder Marija Aljochina, Nadeshda Tolokonnikowa und Jekaterina Samuzewitsch.
Mascha Aljochina hat ihre Erlebnisse über die Jahre 2011 bis 2013 in ihrem ersten Buch "Riot Days" beschrieben. Dieses Buch gibt persönliche Introspektion in die spektakuläre Aktion, die Sympathie bei Prominenten wie Madonna, Sting oder Paul McCartney fand.
Zappelndes Bühnen-Happening
Das Punk-Konzert ästhetisiert die Aktion nun auf befremdliche Weise, weil sie den mutigen politischen Protest von einst zu einem zappelnden Bühnen-Happening degradiert.