Mareike Ohlberg, leitende Wissenschaftlerin beim Asien Programm des German Marshall Fund
Peter Rudolf, Leiter der Forschungsgruppe Amerika bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, SWP
Steffen Wurzel, ARD-Hörfunkkorrespondent in Shanghai
Drache gegen Stars and Stripes
53:34 Minuten
Die Konkurrenz zwischen China und den USA zeigt sich inzwischen wirtschaftlich, militärisch, technologisch, ideologisch. Wird die Corona-Krise den Aufstieg Chinas nur wenig bremsen, den Abstieg der USA aber umso stärker beschleunigen? Und wie positioniert sich die EU?
Zumindest rhetorisch grenzt an einen Kalten Krieg, was der amerikanische Präsident an verbalen Geschützen gegen China auffährt. Aus Peking kommen vergleichbare Töne. Man ergeht sich seit einiger Zeit in Drohungen und gegenseitigen Beschuldigungen. Offenbar glaubt jede Seite, momentan Kapital eher aus der Konfrontation denn aus der Kooperation ziehen zu können.
Machtkampf innenpolitisch getrieben
Im angelaufenen US-Präsidentschaftswahlkampf will der Amtsinhaber mit harter Linie gegen China punkten. Beide - die USA und auch China - seien bei diesem Machtkampf "innenpolitisch getrieben", so der USA-Experte Peter Rudolf. Dabai werde allerdings China "oft überschätzt". Aktuell sei die Vormachtstellung der USA nach wie vor "unangefochten". Der außenpolitische Bedeutungsverlust der USA unter Trump hat jedoch Leerstellen hinterlassen, die China nur zu gern füllen möchte.
Ist Demokratie von gestern?
Peking versucht mit seinem propagandistisch aufgeladenen vermeintlichen Sieg im Krieg gegen das Virus vor allem das chinesische Volk von der Überlegenheit des eigenen politischen Systems zu überzeugen, ist die China-Expertin beim German Marshall Fund, Mareike Ohlberg, überzeugt. Pekings Botschaft: "Demokratie war die Regierungsform des 20. Jahrhunderts". Dabei setze man auf die "Verstärkung des eigenen Narratives aus dem Ausland", beobachtet der ARD-Hörfunkkorrespondent in Shanghai, Steffen Wurzel.
China will Gesetze gegen Andersdenkende in Hongkong
Chinas Versuch, nun in Hongkong zu verhindern, dass sich die Zivilgesellschaft dort weiter organisieren kann, verschärft die Spannungen zwischen den Rivalen. Die USA könnten mit Sanktionen auf die Versuche Pekings reagieren, den Protest eindämmen zu wollen. Im Raum steht eine Aberkennung der Privilegien als Sonderwirtschaftszone. Das Bemühen, die Wirtschaft "zu entflechten", sei auf beiden Seiten zu beobachten, aber weder die USA noch China könnten letztlich aufeinander verzichten.
Europa wird sich entscheiden müssen
Europa läuft Gefahr, zwischen die Fronten zu geraten. Sowohl die USA als auch China sind für die EU unverzichtbare Handelspartner. Europa wird sich der "bipolaren Logik" in diesem "strukturellen Weltkonflikt" nicht ganz entziehen können, sollte aber, glaubt Peter Rudolf, sowohl China als auch den USA gegenüber "mit einem gewissen Selbstbewusstsein" auftreten. Der Journalist, Steffen Wurzel plädiert ebenfalls dafür, "keine Angst" dabei zu haben, nun als EU die eigenen Ansprüche gegenüber den beiden Mächten auch offensiv zu formulieren. China-Expertin Ohlberg erwartet von den Europäern zu allererst eine "besser fundierte, eine besser informierte" China-Politik zu machen.
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