Politologin über Robert Habeck
Robert Habeck will Politik transparent machen und erklären, er spricht auch über eigene Zweifel. Doch in der Krise könnte das nicht die richtige Strategie sein. © Getty Images / Omer Messinger
"Sein Politikstil macht ihn angreifbar"
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![Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in Schwedt an der Oder im Gespräch mit Arbeitern. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in Schwedt an der Oder im Gespräch mit Arbeitern.](https://bilder.deutschlandfunk.de/ff/1d/58/cf/ff1d58cf-4478-4600-b1aa-112b420d9207/erklaerer-robert-habeck-100-1920x1080.jpg)
Robert Habeck steht in der Kritik. Handwerkliche Fehler überschatten den Erfolg des Wirtschaftsministers als Politik-Erklärer, meint die Politologin Astrid Séville. Der von Habeck gepflegte neue Politikstil stoße in der Krise an Grenzen.
Bis vor Kurzem wurde er noch als kommender Kanzler gehandelt und laut Umfragen ist er nach wie vor der beliebteste Politiker in Deutschland. Zugleich steht Wirtschaftsminister Robert Habeck aber derzeit in der Dauerkritik.
Dass die von seinem Ministerium geplante Gasumlage nachgebessert werden musste, räumte er selbst ein. Und auch für seine Position zu einer Laufzeitverlängerung deutscher Atomkraftwerke gibt es reichlich Gegenwind.
Bietet Habeck, der gern als hemdsärmeliger Politik-Erklärer auftritt, am Ende viel schöne Verpackung, aber wenig Substanz? Astrid Séville, Politikwissenschaftlerin an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, widerspricht.
Aussprechen eigener Zweifel
"Politik zehrt auch von der Vermittlung", betont Séville. Der neue Kommunikationsstil, den Robert Habeck etabliert habe, zeichne sich gerade dadurch aus, dass der Minister "die Gemachtheit von Politik" in den Vordergrund stelle: Habeck spreche öffentlich darüber, welche Fragen und Abwägungen seinen Entscheidungen vorausgingen.
Dass er dabei auch eigene Zweifel zur Sprache bringe, mache seinen Politikstil eben auch besonders angreifbar, so Séville. Bei Habeck sei manchmal live mitzuerleben, wie ein Minister die eigenen politischen Entscheidungen nochmal kommentiere.
Im Grunde erzähle Habeck das eigene Erleben der gegenwärtigen Krise so wie ein kluger, belesener Bürger, der unversehens in die Rolle des Ministers geraten sei und nun nach Lösungen suchen müsse, sagt Séville. Auf diese Weise gelinge es ihm, viele Menschen mitzunehmen - jedoch um den Preis, dass er manchmal unvorbereitet wirke und seine Äußerungen den Eindruck von Ad-hoc-Krisenmanagement erweckten.
Gegenprogramm zu Angela Merkel
Mit seinem Versuch, durch einen "neuen, innovativen Sprechstil" mehr Transparenz in die Politik zu bringen, vertrete Habeck auf der politischen Bühne ein Gegenprogramm zu Angela Merkel, so Séville. Merkel habe ihre Entscheidungen meist eben nicht begründet, sondern davon gesprochen, dass etwas "zwingend geboten" oder "alternativlos" sei.
Dagegen habe Robert Habeck immer darauf bestanden, dass Politik für Alternativen offen sein müsse. In Krisenzeiten, wie wir sie derzeit erleben, stoße dieser Politikstil allerdings an Grenzen, gibt Séville zu bedenken. Denn in der Krise sei manchmal nicht Transparenz das Wichtigste, sondern zum Beispiel Schnelligkeit.